Stress mit der Ex, Stress mit den Freunden? Wo Bibel, Lehrer und Eltern zu einem versöhnenden Händeschütteln raten, geht Fightlife.de einen gänzlich unpädagogischen Weg: Auge um Auge, Zahn um Zahn. SPIESSER-Autor Hannes hat sich in diesen Dschungel der Rache gewagt.
02. April 2008 - 16:36 SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
Mich erwartet eine Startseite, die wohl düster anmuten soll. Schwarz, dunkles Bordeau sowie eine stilisierte Sprache machen eine klare Ansage: Es ist an der Zeit, die Fronten zu klären. Auweia!
Neugierig darauf, wie es wohl aussehen mag, "andre (sic!) Leute mal so richtig durch den Dreck zu ziehen" melde ich mich an. Mehr als E-Mailadresse, Nick und Passwort verlangt man nicht von mir - das im Aufbau begriffene Netzwerk scheint sich über jeden neuen "Fighter" zu freuen.
Ich lese etwas von einer Altersverifizierung durch Eingabe der Personalausweisnummer, entscheide aber, dass mich die "Ab 18 Bereiche" wahrscheinlich gar nicht erst interessieren.
Neben den üblichen Communitygimmicks wie einer eigenen Bildergalerie legt Fightlife wert auf Details: Neben fakultativen Angaben wie Haarfarbe, Gewicht, Größe oder Figur spielt vor allem eines die erste Geige: die "Akte". Hier wird detailliert aufgeführt, wer wann wieviel Zeit womit verbracht hat. Profilklicks, Gesamtonlinezeit, Hassliste und natürlich die "Vendettas".
Was kann ich da machen?
Womit wir schon bei Ziel und Sinn der Plattform wären: der Vendetta (zu deutsch, aber etwas uncooler, "Rache"). Wer eine Vendetta startet, will Vergeltung. "Bin ich nur sein Sexobject (sic!)?", fragt sich beispielsweise Nadja-In-Love. Wir wissen es nicht.
Zu einer ordentlichen Vendetta gehören jedenfalls: Die Benennung der Betroffenen (Angabe des Wohnorts, des Alters sowie des vollen Namens scheint zum guten Ton zu gehören) und die Schilderung der Vorgeschichte. Platz für - selbstredend intime - Bilder ist auch genug.
Wer seiner Phantasie nicht schon bei der Einführung freien Lauf gelassen hat, kann es jetzt in einer der der Unterrubriken "True Lies", "Secrets" und "Rumors" tun. Die Namensgebung erklärt sich weitgehend von selbst. Während die meisten User scheinbar noch nicht hinter den Terminus "Wahre Lügen" gestiegen sind, haben sie es mit Geheimnissen und Gerüchten sichtlich leichter.
Von Unterwäsche, die nur alle zwei Wochen gewechselt wird, ist da ebenso zu lesen, wie von Verlobten, die die ihnen Angetraute bei der erstbesten Gelegenheit verlassen würden.
Du willst Mitleid?
Anschließend können andere User die Vendettas auf einer Skala von eins ("stell dich nicht so an!") bis fünf ("megaassozial `sic!`") bewerten und kommentieren - geteiltes Leid ist schließlich doppelte Schadenfreude, oder so. Foren und Miniforen schaffen den Platz für das auf der Startseite kleinst beworbene "neue Leute kennenlernen".
Kontrovers werden sinnleere Fragestellungen wie "Sollten sozial Schwache Kinder bekommen dürfen? " oder "Tut Kochs Abschiebevorstoß Deutschland gut oder richtig gut?" diskutiert. Falls sich die Bekanntschaften aus dem echten Leben ergeben haben sollten und Konfliktpotential im Raum steht, können sich User zu "Fights" herausfordern.
Ähnlich wie bei der Vendetta wird die Vorgeschichte dargelegt, um anschließend von beiden Kontrahenten diskutiert zu werden. Die User entscheiden per Voting über den Gewinner. Scheinbar gravierender Anlass für einen Fight: Ein Paar kann sich nicht einigen, wer den gemeinsamen Haushalt verwalten soll und ganz klar - befragt die Community.
Fazit?
Denunzieren, lästern, niedermachen - alles schön hinter dem Rücken. Wer sich dafür nicht zu schade ist, sollte sich dringenst bei Fightlife anmelden. Diejenigen aber, die noch ein letztes Maß an Konfliktkompetenz besitzen, können die Plattform eigentlich nur ganz schön bedenklich finden.
Interessant: Was manche im echten Leben beklagen - dass im kleinen Kreis schlecht über sie geredet wird, sobald sie nicht dabei sind - scheint auf Fightlife.de keine Rolle zu spielen: Nicht mehr die wenigen Mitglieder der Clique werden Teil des Tratschs, sondern gleich die ganze Welt. Die Top-Vendettas können nämlich sogar Nicht-Mitglieder einsehen. Klingt klasse, oder?
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