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Von Vegetariern und anderen Pflanzenfressern

Pescetarier, Frutarier, Ovo-Lacto-was? SPIESSER-Autorin Nele legt die Frühstückssalami zur Seite und lernt die Kunst, tierfreie Essgewohnheiten zu unterscheiden.

22. November 2007 - 13:02
SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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Onlineredaktion Offline
Beigetreten: 25.04.2009

Sonntag, kurz nach zehn. Langsam trotte ich vom Bett zum Kühlschrank. Zufrieden betrachte ich dessen Inhalt: genug für ein Sonntagsfrühstück mit allem, was dazu gehört. Butter, Marmelade, Käse, Wurst, Milch, Jogurt und dazu noch Brötchen, Müsli, Obst und Kaffee.

Ein typisch gedeckter Tisch? Dachte ich zumindest. Bei Anna, 18, sieht das ganz anders aus. Bei der Vegetarierin hat Wurst nichts auf dem Tisch zu suchen. Zurzeit kommen aber auch Butter, Käse, Jogurt und Milch gar nicht erst in den Kühlschrank. Anna isst jetzt vegan - nur mal so zum Ausprobieren. Das übersteigt mein sonntägliches Auffassungsvermögen - wer isst denn nun was?

Nach einiger Recherche entpuppt sich das menschliche Essverhalten als noch komplizierter als erwartet: Hier in unseren Breiten (auch noch die Gewohnheiten fremder Kulturen oder allein schon unserer europäischen Nachbarn zu betrachten, ist nämlich endgültig zu viel) lassen sich die Menschen allgemein einteilen in solche, die tierische Nahrung verzehren und jene, die das eben nicht tun. Letztere sind landläufig bekannt als Vegetarier und bilden laut einer Forsa Umfrage etwa acht Prozent der deutschen Bevölkerung.

Doch damit hört die Kunst des (Nicht-)Essens nicht auf. Genauer fängt sie eigentlich mit den zahlreichen Untergruppen erst an. Gemeinsam ist allen, dass sie kein Fleisch essen - das macht sie zu Vegetariern. Dabei bedeutet "Ich esse kein Fleisch" eigentlich "Ich esse kein totes Tier", denn Vegetarier lehnen alle Produkte ab, für die ein Tier sterben musste. Daher verzichten sie auch auf Gelatine und folglich auf viele Gummibärchen und ihre Artgenossen. Für die Fleischfresser unter euch mag das vielleicht unverständlich scheinen, aber wenn man weiß, dass Gelatine aus Knochen, Schweineschwarte und Rinderhaut entsteht, sieht es schon wieder anders aus.

Vegetarier essen auch keinen Fisch, da können sich die andern noch so lange streiten, ob kein Fleisch auch automatisch kein Fisch heißt - tot bleibt tot. Pescetarier, die zwar kein Fleisch, aber Fisch essen, zählen daher nicht zu den Vegetariern. Die eigentlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Vegetarier-Gruppen bestehen in dem Umfang, mit dem Tierprodukte abgelehnt werden. Am übersichtlichsten haben es die Ovo-Lacto-Vegetarier. Sie essen zwar keine Produkte von toten Tieren, die von lebenden wie Eier (Ovo) und Milcherzeugnisse (Lacto) aber schon.
 

 
Veganes aus dem
Supermarkt.

Im Gegensatz dazu nehmen es die Veganer (häufig auch als strenge Vegetarier bezeichnet) mit dem Essen noch genauer: Sie ernähren sich ausschließlich pflanzlich. Das heißt, auch Eier und Milchprodukte werden vom Speiseplan gestrichen. So einfach ist das allerdings nicht, meint auch Anna: "Man muss ganz schön auf die Inhaltsstoffe achten. Es ist unglaublich, in welch absurden Dingen überall Tiere drin sind." In Saft zum Beispiel, der teils mit Gelatine angedickt wird. Oder in Wein. Oder Molkepulver in der Margarine. Außerdem lehnen manche Veganer auch Wolle und Leder als Textilien oder manche tierische Haushaltsmittel wie einige Seifen ab.

Noch eingeschränkter in den für sie essbaren Lebensmitteln sind Frutarier. Sie ernähren sich nur von pflanzlichen Produkten, die von der Natur sozusagen freiwillig hergegeben wurden und nicht die Zerstörung der eigentlichen Pflanze nach sich ziehen. Auf dem Speiseplan stehen also verschiedene Obst- und Gemüsesorten, Getreide, Nüsse, Samen und Beeren. Alles, was unter der Erde wächst (wie Karotten oder Kartoffeln), zählt allerdings nicht dazu, schließlich wird es von der Pflanze nicht freiwillig abgeworfen.

Gründe für die eine oder andere Lebensweise gibt es viele, von der Religion über gesundheitliche Probleme bis hin zum Geschmack. Besonders häufig ist jedoch der moralische beziehungsweise tierethische Ansatz. Bei Sophie, 19, war es zum Beispiel so: "Ich mag Fleisch an sich, aber irgendwann ist mir klar geworden, dass ich eigentlich ein totes Tier esse." Den Gedanken wurde sie einfach nicht mehr los und vor einem Jahr entschied sie sich, zum Wohle der Tiere vegetarisch zu leben. Das jedoch ist schwerer als es sich anhört. Der Rest der Familie muss sich anpassen, immerhin ist teilweise ein extra Gericht nötig. Oft lässt sich anhand der Inhaltsstoffe auch nicht klar nachvollziehen, wie viel Tier in einem Produkt steckt. Und der Verzicht fällt nicht immer leicht. Für Veganer, von den Frutariern gar nicht erst zu sprechen, gestaltet sich die Sache noch schwieriger, sie müssen auf die meisten Süßigkeiten verzichten.

Dennoch ist nicht alles völlig ausweglos. Es gibt erstaunlich viele Produkte, die nicht nur richtig lecker, sonder auch noch vegan sind. Viele Bio- und Naturkostläden bieten hier eine reiche Auswahl an. Ersatzstoffe wie Pektin anstelle von Gelatine oder Soja- statt Milchprodukte machen viele dieser Lebensmittel tierfrei. "Vegan zu leben ist heute also relativ unkompliziert", meint auch Veganer Nico. "Sogar die Zubereitung sei immer einfacher", erklärt er. Soviel selber machen müsse man heutzutage überhaupt nicht mehr, der Markt sei in der Richtung ziemlich groß. Bei dieser großen Auswahl scheint eine abwechslungsreiche Ernährung also eigentlich ganz leicht.
 

 
Nico (links) isst nicht nur vegan, sondern arbeitet auch im Globus Naturkostladen in Eberswalde, der Torsten (rechts) gehört. Was sie da mampfen, sind übrigens vegane Kirschbomben.

Dennoch gehen die Meinungen über den Gesundheitsfaktor bei rein pflanzlicher Nahrung stark auseinander. Tatsächlich hängt auch hier alles von der vegetarischen Richtung ab: Ein Ovo-Lacto-Vegetarier braucht sich um Mangelerscheinungen kaum Gedanken zu machen, da bei unserer heutigen Überversorgung mit Tierprodukten genug Ausweichmöglichkeiten bestehen.

Was wir Menschen an Nährstoffen aus tierischer Nahrung brauchen, finden wir genug in Milch und Ei. Eine Unterversorgung mit zum Beispiel Eisen oder Vitamin B12 ist bei Veganern schon wahrscheinlicher, da sie diese Aufnahmemöglichkeit nicht haben. Doch auch hier ist mit einem bewussten Umgang mit Nahrung der Ausgleich möglich, insbesondere da viele vegane Produkte mit ebendiesen Stoffen angereichert sind, in Großbritannien ist das teilweise sogar Pflicht.

Wirkliche Ernährungsprobleme treten erst bei sehr strengen Veganern oder Frutariern auf, doch auch hier lässt sich einiges durch bewusste Ernährung und Nährstofftabletten kompensieren. Heute braucht sich bei bewusster Ernährung also kaum einer um Mangelerscheinungen durch pflanzliche Nahrung sorgen, bei den Fleischbergen die wir täglich verzehren, ist die teilweise sogar gesünder.

Wer kein Fleisch isst, mag in der Regel auch nichts zu sich nehmen, was mit Fleisch in Kontakt war - nur den Speck aus der Soße zu pulen macht das Gericht nicht vegetarisch. Wer es also nicht auf einen Kampf der unterschiedlichen Esser ankommen lassen will, sollte von vornherein Fleischgerichte von vegetarischen trennen, genauso wie die Wurst vom Käse.

Vegetarisch essen ist oft viel leckerer, als es sich konsequente Fleischfresser vorstellen können. Die riesige Rezeptauswahl im Internet, zum Beispiel auf www.vegetarische-rezepte.com oder www.naturkost.de, lädt zum Ausprobieren ein. Und so mache ich mir beim nächsten Sonntagsfrühstück auch ein paar leckere Brotaufstriche selbst - vegan natürlich.

Text und Fotos: Nele Fischer

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Kommentare

22 Kommentare
  • ich bin jetzt seit ca. 4 jahren vegetarier. Dass heißt mit 12 habe ich angefangen!
    Bei uns in der familie gibt es kein Fleisch, Wurst, etc. und meine mutteer ist inzwischen veganerin. Ich hatte also zum Glück keine Probleme mit meinen eltern, wie es z.B. einer Freundin ging!
    Ich finde es nicht Ok Fleisch zu essen, da es unnötig ist!

    Ein "Fleischessser" braucht ca. 7mal mehr Land um sich zu ernähren als ein Vegetarier!

  • ich finde, der text ist gut geschrieben und es ist im wahrsten sinne des wortes ein Überblick, wer sich näher darüber informieren will, der kann ja anachschauen,ich finde er genügt vollkommen.

  • Es gibt wirklich noch zu viele Leute, die meinen, tote Tiere und/oder Tierprodukte essen zu müssen ....grauenhaft. Diese Leute sollten mal in einer Schlachterei vorbeischauen, oder nur auf einer Hühnerfarm.... Hier mal ein Buch - Tip zum besseren Verständnis: Helmut Wandmaker "Willst du gesund sein, vergiss den Kochtopf!!!!!" Wer das gelesen hat, weiß mehr! Im Übrigen bin ich Vegetarierin seit über 15 Jahren und ein kleiner Schritt noch zum Row food, zur Veganerin/Frutarierin. Wir Menschen sind nun mal "Gewohnheitstiere" und um Gewohnheiten aufzugeben, müssen wir sie von Grund analysieren und den Grund fürs Aufgeben verinnerlichen.
    Im Grossen und Ganzen trägt dieser Text sicher dazu bei, manche neugierig zu machen. Nur sollte dieses Thema noch viiiiiel mehr in den Medien vertreten und ausgebreitet werden.
    Frohes Fest und Big Hug allen Veganern und solchen, die auf dem Wege sind (nur nicht aufgeben, keiner ist wirklich allein!!!)

  • Kann mich nur anschließen. Guter Artikel für die Kürze.

  • Wie ich sehe hat sich auch mit dem Pseudonym "Marie" Gerhard Polt in die Kommentar-Sektion geschlichen und hält uns alle zum Narren mit seiner realsatirischen Einlage.

    Aber die Darstellung der Freundin als psychisch Gestörte, da in tiefer Trauer und Lebensmittelverweigernde magersüchtige sich absichtlich krank Machende fand ich schon sehr gelungen.

    Auch die Einlage mit dem geplatzen Eutern - einfach genial. Typisch Polt eben.

  • Es ist erfreulich, dass die Autorin mit so positiver Einstellung an die vegetarische und vegane Ernährung herangeht. Die Leichtigkeit des Artikels macht es angenehm, ihn zu lesen und somit vielleicht den einen oder anderen neugierig.

    Es wäre schön, wenn, wie schon gesagt wurde, auf die Beweggründe weniger oberflächlich eingegangen werden würde - aber Massentierhaltung ist eben kein Thema für einen leichtfüßigen Artikel.

  • und zu der milchsache: wozu gibts es denn soja?

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