Sonntag, kurz nach zehn. Langsam trotte ich vom Bett zum Kühlschrank. Zufrieden betrachte ich dessen Inhalt: genug für ein Sonntagsfrühstück mit allem, was dazu gehört. Butter, Marmelade, Käse, Wurst, Milch, Jogurt und dazu noch Brötchen, Müsli, Obst und Kaffee.
Ein typisch gedeckter Tisch? Dachte ich zumindest. Bei Anna, 18, sieht das ganz anders aus. Bei der Vegetarierin hat Wurst nichts auf dem Tisch zu suchen. Zurzeit kommen aber auch Butter, Käse, Jogurt und Milch gar nicht erst in den Kühlschrank. Anna isst jetzt vegan - nur mal so zum Ausprobieren. Das übersteigt mein sonntägliches Auffassungsvermögen - wer isst denn nun was?
Nach einiger Recherche entpuppt sich das menschliche Essverhalten als noch komplizierter als erwartet: Hier in unseren Breiten (auch noch die Gewohnheiten fremder Kulturen oder allein schon unserer europäischen Nachbarn zu betrachten, ist nämlich endgültig zu viel) lassen sich die Menschen allgemein einteilen in solche, die tierische Nahrung verzehren und jene, die das eben nicht tun. Letztere sind landläufig bekannt als Vegetarier und bilden laut einer Forsa Umfrage etwa acht Prozent der deutschen Bevölkerung.
Doch damit hört die Kunst des (Nicht-)Essens nicht auf. Genauer fängt sie eigentlich mit den zahlreichen Untergruppen erst an. Gemeinsam ist allen, dass sie kein Fleisch essen - das macht sie zu Vegetariern. Dabei bedeutet "Ich esse kein Fleisch" eigentlich "Ich esse kein totes Tier", denn Vegetarier lehnen alle Produkte ab, für die ein Tier sterben musste. Daher verzichten sie auch auf Gelatine und folglich auf viele Gummibärchen und ihre Artgenossen. Für die Fleischfresser unter euch mag das vielleicht unverständlich scheinen, aber wenn man weiß, dass Gelatine aus Knochen, Schweineschwarte und Rinderhaut entsteht, sieht es schon wieder anders aus.
Vegetarier essen auch keinen Fisch, da können sich die andern noch so lange streiten, ob kein Fleisch auch automatisch kein Fisch heißt - tot bleibt tot. Pescetarier, die zwar kein Fleisch, aber Fisch essen, zählen daher nicht zu den Vegetariern. Die eigentlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Vegetarier-Gruppen bestehen in dem Umfang, mit dem Tierprodukte abgelehnt werden. Am übersichtlichsten haben es die Ovo-Lacto-Vegetarier. Sie essen zwar keine Produkte von toten Tieren, die von lebenden wie Eier (Ovo) und Milcherzeugnisse (Lacto) aber schon.
Veganes aus dem Supermarkt. |
Im Gegensatz dazu nehmen es die Veganer (häufig auch als strenge Vegetarier bezeichnet) mit dem Essen noch genauer: Sie ernähren sich ausschließlich pflanzlich. Das heißt, auch Eier und Milchprodukte werden vom Speiseplan gestrichen. So einfach ist das allerdings nicht, meint auch Anna: "Man muss ganz schön auf die Inhaltsstoffe achten. Es ist unglaublich, in welch absurden Dingen überall Tiere drin sind." In Saft zum Beispiel, der teils mit Gelatine angedickt wird. Oder in Wein. Oder Molkepulver in der Margarine. Außerdem lehnen manche Veganer auch Wolle und Leder als Textilien oder manche tierische Haushaltsmittel wie einige Seifen ab.
Noch eingeschränkter in den für sie essbaren Lebensmitteln sind Frutarier. Sie ernähren sich nur von pflanzlichen Produkten, die von der Natur sozusagen freiwillig hergegeben wurden und nicht die Zerstörung der eigentlichen Pflanze nach sich ziehen. Auf dem Speiseplan stehen also verschiedene Obst- und Gemüsesorten, Getreide, Nüsse, Samen und Beeren. Alles, was unter der Erde wächst (wie Karotten oder Kartoffeln), zählt allerdings nicht dazu, schließlich wird es von der Pflanze nicht freiwillig abgeworfen.
Gründe für die eine oder andere Lebensweise gibt es viele, von der Religion über gesundheitliche Probleme bis hin zum Geschmack. Besonders häufig ist jedoch der moralische beziehungsweise tierethische Ansatz. Bei Sophie, 19, war es zum Beispiel so: "Ich mag Fleisch an sich, aber irgendwann ist mir klar geworden, dass ich eigentlich ein totes Tier esse." Den Gedanken wurde sie einfach nicht mehr los und vor einem Jahr entschied sie sich, zum Wohle der Tiere vegetarisch zu leben. Das jedoch ist schwerer als es sich anhört. Der Rest der Familie muss sich anpassen, immerhin ist teilweise ein extra Gericht nötig. Oft lässt sich anhand der Inhaltsstoffe auch nicht klar nachvollziehen, wie viel Tier in einem Produkt steckt. Und der Verzicht fällt nicht immer leicht. Für Veganer, von den Frutariern gar nicht erst zu sprechen, gestaltet sich die Sache noch schwieriger, sie müssen auf die meisten Süßigkeiten verzichten.
Dennoch ist nicht alles völlig ausweglos. Es gibt erstaunlich viele Produkte, die nicht nur richtig lecker, sonder auch noch vegan sind. Viele Bio- und Naturkostläden bieten hier eine reiche Auswahl an. Ersatzstoffe wie Pektin anstelle von Gelatine oder Soja- statt Milchprodukte machen viele dieser Lebensmittel tierfrei. "Vegan zu leben ist heute also relativ unkompliziert", meint auch Veganer Nico. "Sogar die Zubereitung sei immer einfacher", erklärt er. Soviel selber machen müsse man heutzutage überhaupt nicht mehr, der Markt sei in der Richtung ziemlich groß. Bei dieser großen Auswahl scheint eine abwechslungsreiche Ernährung also eigentlich ganz leicht.
Nico (links) isst nicht nur vegan, sondern arbeitet auch im Globus Naturkostladen in Eberswalde, der Torsten (rechts) gehört. Was sie da mampfen, sind übrigens vegane Kirschbomben. |
Dennoch gehen die Meinungen über den Gesundheitsfaktor bei rein pflanzlicher Nahrung stark auseinander. Tatsächlich hängt auch hier alles von der vegetarischen Richtung ab: Ein Ovo-Lacto-Vegetarier braucht sich um Mangelerscheinungen kaum Gedanken zu machen, da bei unserer heutigen Überversorgung mit Tierprodukten genug Ausweichmöglichkeiten bestehen.
Was wir Menschen an Nährstoffen aus tierischer Nahrung brauchen, finden wir genug in Milch und Ei. Eine Unterversorgung mit zum Beispiel Eisen oder Vitamin B12 ist bei Veganern schon wahrscheinlicher, da sie diese Aufnahmemöglichkeit nicht haben. Doch auch hier ist mit einem bewussten Umgang mit Nahrung der Ausgleich möglich, insbesondere da viele vegane Produkte mit ebendiesen Stoffen angereichert sind, in Großbritannien ist das teilweise sogar Pflicht.
Wirkliche Ernährungsprobleme treten erst bei sehr strengen Veganern oder Frutariern auf, doch auch hier lässt sich einiges durch bewusste Ernährung und Nährstofftabletten kompensieren. Heute braucht sich bei bewusster Ernährung also kaum einer um Mangelerscheinungen durch pflanzliche Nahrung sorgen, bei den Fleischbergen die wir täglich verzehren, ist die teilweise sogar gesünder.
Wer kein Fleisch isst, mag in der Regel auch nichts zu sich nehmen, was mit Fleisch in Kontakt war - nur den Speck aus der Soße zu pulen macht das Gericht nicht vegetarisch. Wer es also nicht auf einen Kampf der unterschiedlichen Esser ankommen lassen will, sollte von vornherein Fleischgerichte von vegetarischen trennen, genauso wie die Wurst vom Käse.
Vegetarisch essen ist oft viel leckerer, als es sich konsequente Fleischfresser vorstellen können. Die riesige Rezeptauswahl im Internet, zum Beispiel auf www.vegetarische-rezepte.com oder www.naturkost.de, lädt zum Ausprobieren ein. Und so mache ich mir beim nächsten Sonntagsfrühstück auch ein paar leckere Brotaufstriche selbst - vegan natürlich.
Text und Fotos: Nele Fischer
Ich finde es erstmal schön, dass sich Spiesser mit dem Thema auseinandersetzt und auch ein bisschen erklärt, welche "Gruppen" von Vegetariern es gibt und wie deren Werte etwa gesteckt sind.
Ich muss aber auch sagen, dass leider fehlt, wieso Leute vegetarisch oder vegan leben.
An sich braucht es keine Begründung - das will ich festgestellt haben - es braucht auch keine Begründung gegen Rechts zu sein oder Frauen nicht zu diskriminieren oder Ausländer nicht zu schlagen - aber leider ist das "normale" gerade in der Ernährungsfrage etwa da wo das "normale" in den anderen angesprochene Bereichen war.
Menschen denken sie hätten ein Recht darauf Tiere zu essen, einen Anspruch den manche Leute nicht nutzen und die somit seltsam sind.
Aber ein solcher Anspruch besteht nicht!
Wer Tieren aus niederen Gründen Schmerz, Qual und den Tod bebringt sollte sich rechtfertigen, nicht wer gerade dies nicht zu verantworten hat.
"Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen." §1 Tierschutzgesetzt der Bundesrepublik Deutschlands.
Ich ernähre mich seit über 8 Jahren vegetarisch, seit bald drei Jahren vegan und bin 17 Jahre alt. Meine Blutwerte sind ok, ich habe keine Mangelerscheinungen und bin weit leistungsfähiger als etwa 99% meiner Mitschüler. Die Nahrungsgewinnung ist kein "vernünftiger Grund" - nicht in meinen Augen und objektiv gesehen kann es das auch nicht sein.
Nur wer rückständig ist hält an veralteten Normen fest. Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.
aweia, nene nich mit mir, ich würd das nie ohne fettrieches fleisch und ohne naschi aushallten boah ey wie könn vegitarier das? :o
najaaa ich geh dann ma, muss noch´n bissle powerwalking zum kühlschrank machen ;);
Ich denke, dass der Mensch das einzige Tier auf Erden ist, das seine naturgegebenen Ernährungsgewohnheiten aufgrund ethischer Bedenken verleugnen will.
Und selbst da müssen wir wohl differenzieren. Denn nur der überflussgewohnte Industriestaatenbewohner erzeugt in mir ein Dauerkopfschütteln ob der plötzlichen Solidarität mit den so arg gebeutelten Proteinlieferanten.
Nein, ich bestreite mitnichten, dass es in einigen Kulturen ökonomisch unabdingbar war, die Essgewohnheiten in Richtung fleischlos zu ändern... was die Landwirtschaft nicht hergibt, geht eben nicht.
Fakt ist aber doch, dass der Mensch als Art den Allesfressern zugerechnet wird. Komplett fleischlos ist also eigentlich gegen die Natur.
Ach ja... noch was... ich habe absolut nichts gegen Vegetarier aller Couleur... aber Vegetarier haben was gegen mich.
Das gibt mir echt zu denken.
Tofu; das: Im brasilianischen Urwald beheimatetes Säugetier (ca. 30 cm), Pflanzenfresser; lebt in großen Familienverbänden und gilt als sehr intelligent. Pärchen bleiben ein Leben lang zusammen (25-30 Jahre; Einzelexemplare verenden qualvoll) und haben nur 1-2 mal im Leben ein Junges, welches ca. 5 Jahre gesäugt wird. Tofus gehören zu den besonders gefährdeten Spezies, da sie vom Menschen wegen ihres Fleisches gejagt und mit primitiven Knüppeln totgeschlagen werden; sie gelten vor allem in westlichen Industrienationen als Delikatesse. Ureinwohner verehren die friedfertigen Wesen als Götter des Glückes, des Lichtes und als Seelenwärter des Jenseits.
"Ich kann es nicht verstehen, wie Menschen solch ein Geschöpf töten und essen können. Meine gute Kinderstube verbietet mir jeden Kommentar über sie! ICH HABE VOR WUT BLUT GESCHISSEN!" (Heinz Sielmann)
Der Kern der ganzen Thematik liegt doch in der Frage, wenn man Tiere nicht essen soll, warum sind sie dann aus Fleisch?
Übrigens gibt es auch Gummibärchen ohne Gelatine, genau wie Joghurts usw. mit Sojamilch.^^
Wegen des Kommentars zu den Kühen: Was meinst du denn, wo das herkommt, dass die Euter sich entzünden?! Bestimmt nicht von der natürlichen, tierfreundlichen Haltung. Kühe haben ja auch schon ohne Menschen überlebt...
Und der Körper braucht auch nicht zwingend Fleisch, wie es jemand geschrieben hat.
Vegetarier hier,Vegetarier da.Meine zwei älteren Schwestern ernähren sich vegetarisch-schon immer,seit ich denken kann.Okay,komm ich mit klar.Doch das jetzt auch noch einige Freunde von mir aus heiterm Himmel meinen,kein Fleisch mehr essen zu wollen erscheint mir schon ein wenig merkwürdig.Ich hab nichts gegen Vegetarier,eigentlich halte ich es auch für sehr vernünftig,kein Fleisch zu essen.Doch man sollte auch begründen können,warum.Ich habe immer mehr das Gefühl,dass der Hype um das "Vegetarier-sein" immer größer wird und einige Leute einfach kein Fleisch mehr essen,weil sie es cool finden.Doch meiner Meinung nach,ist das nicht der Sinn.Verstehen kann ich Leute,die politische Absichten dabei hat,und gegen z.B Massentierhaltung sind.
Nunja,das wars von mir und meiner Meinung ;)