Und damit ihr noch wisst, wie die Geschichte ging, hier noch mal unsere bisherigen Gewinner:
Das Tagebuch der Zeit (Einleitung: Miriam Broicher)
James sank tiefer in den Sessel, fuhr sich nervös durch das dichte braune Haar und kaute unruhig auf seiner Unterlippe, während er das Buch anstarrte, das vor ihm auf dem Tisch lag. Er hatte das vergilbte Tagebuch vor wenigen Tagen bei einem Spaziergang im Wald gefunden und bereits darin geblättert. Es standen keinerlei Namen darin – nur Dinge, die dem Besitzer widerfahren waren. Und je länger James in diesem Buch las, desto stärker überkam ihn das Gefühl, den Menschen zu kennen, der dort seine Gedanken niedergeschrieben hatte.
Der Soldat (Teil 1: Müslem)
Letztendlich überwog aber doch die Neugier und James nahm das Buch vom Tisch. Er drehte es in seinen Händen. Der Einband fühlte sich rissig unter seinen Fingern an und die rechte obere Ecke wies zusätzlich Brandspuren auf. Was wohl mit dem Buch geschehen war? Aber wenn er nicht anfing zu lesen, würde er das niemals erfahren. Also klappte James den Deckel auf, blätterte zur ersten beschriebenen Seite und strich das Papier glatt. Der Verfasser hatte sich nicht sonderlich um eine Schönschrift bemüht, die Buchstaben waren krakelig und eng zusammengedrückt. James begann zu lesen:
Ich weiß selbst nicht warum ich anfange hier in diesen Buch zu schreiben, vielleicht ist es die Langeweile. Aber so betrachtet, hat es auch sein Gutes, denn sollte ich demnächst sterben, liest wenigstens noch jemand was ich getan habe. Es ist der 567 Sommer und ich befinde mich zurzeit im östlichen Teil des Landes auf Territorium des Feindes. Laut meinen Befehlen „macht es die aktuelle Situation dringend notwendig zu intervenieren“. Was das heißen mag, ist mir zwar schleierhaft, aber mein Auftrag ist klar: Finde und töte den Burgherren. Mehr brauche ich auch gar nicht zu wissen.Der Befehl kommt direkt vom Heerführer. Wahrscheinlich ist der Burgherr zu keinen Verhandlungen bereit. Die orange Widerstandsgruppierung, zu der ich übrigens gehöre, unter der Leitung des ehrenwerten Heerführers, kommt derzeit gut voran. Aber mir fehlt die Zeit um alle Zusammenhänge hier niederzuschreiben. Die kleine Kerze die ich mir angezündet habe, ist eh bald herunter gebrannt. Zurzeit sitze ich in der Burg, genauer gesagt in einem kleinen Vorratsraum und warte darauf das die Nacht einbricht. Hineinzukommen war leicht. Man glaubt immer, die altmodischen Methoden würden niemals funktionieren, aber ich hab es einfach auf einem Nachschubwagen hier hinein geschafft. ...
James konnte es nicht fassen, dieses Buch stammte von einem Soldaten aus der Widerstandsbewegung. Keinem Bürger des Landes war verborgen geblieben was Heerführer Keaton im Osten trieb. Und er konnte hier nun einen Teil hautnah miterleben!
Das rätselhafte Foto (Teil 2: Özge)
James hielt das Buch in seinen Händen fest. Er war angespannt. Das hätte jeder aus einer weiten Entfernung sehen können. Seine Nägel krallten sich schon fast in das Buch rein.
War es Zufall, dass ausgerechnet James dieses Buch gefunden hatte? Wieso lag dieses wertvolle Buch einfach auf dem Weg in einem Wald? In dem Wald, der nur wenige Minuten von James' Haus entfernt war?
Angst und Stolz waren die Gefühle, die James Körper zur gleichen Zeit durchströmten. Angst, weil er noch immer nicht wusste, wieso er eine so starke Verbindung zu diesem Buch verspürte und Stolz, weil er unglaublich stolz darüber war, dass ER dieses Buch gefunden hatte und nicht jemand anderes.
James öffnete wieder das Buch und wollte grade weiter lesen, als ein zusammen gefaltetes Bild und ein Stück Papier aus dem Buch fielen. Sofort legte James das Buch zur Seite und faltete das Bild auseinander. Ein Mann war darauf abgebildet. Ein schrecklich altes Bild, welches überall zerknittert war und mehrere Einrissstellen hatte. Der Mann auf dem Bild erinnerte James an jemanden. Er hatte das Gefühl, dass es eine Person gibt, die dem Mann ähnelt. Wer es jedoch war, darauf kam James nicht. Auffällig erschien James auch das Tuch, welches der Mann in seiner rechten Hand hielt. Es sah aus wie ein Kindertuch. Die Farben konnte James zwar nicht erkennen, da das Bild nur schwarze und weiße Farben hatte, jedoch erkannte James Figuren auf dem Tuch. Sonnen, und Sterne. Ein Mond und ein kleines Kind in der Mitte. Hatte der Mann auf dem Bild etwa eine Familie? Verlor er ein Leben während der Widerstandsbewegung und sollte er kleine Zettel, der mit dem Bild zusammen aus dem Buch gefallen war, eine Art Abschiedsbrief sein?
Noch einmal schaute James sich das Bild genau an. An der rechten Hand trug der Mann einen schmalen Ring. Wahrscheinlich sein Hochzeitsring. Das war genug für James. Er wollte endlich wissen, was auf dem kleinen Zettel stand. Er war wie in Bann gezogen. Er öffnete den Zettel, und wollte grade beginnen zu lesen, als es an der Tür klingelte. James erschrak zusammen, und ließ aus Reflex alles aus seiner Hand fallen.