Als waschechtes Dorfkind weiß ich natürlich, dass Kühe nicht lila sind, dass sie in Wirklichkeit Milch geben und nicht die fertige produzierte Schokolade abwerfen. All das habe ich auf meiner Liste der wirklich wichtigen Erkenntnisse des Lebens bereits notieren können. Woher aber nun die Schokolade kommt, ist mir bis heute ein Rätsel. Höchste Zeit also, mich mit meiner Gastmama auf den Weg zu ihrer eigenen Kakaoplantage zu machen.
Dicke Schale, kleine Frucht
Zwei Kilometer laufen wir hinein in feuchtwarmes Pflanzendickicht. Vorbei an Reis- und Maisfeldern, vorbei an Bananenstauden und Ölpalmen. Bis wir an einer großen Lichtung ankommen, wo meine Gastoma und alle Onkel meiner ghanaischen Familie schon auf uns warten.
Mit der Machete geht es den
Kakaoschoten an den Kragen.
Zu zehnt sitzen wir um einen hüfthohen Haufen reifer Kakaofrüchte. Ich bekomme eine Machete in die Hand gedrückt und lasse mir das Prozedere zeigen. Unerschrockene, kraftvolle Hiebe sollen die Schale zerteilen, die so dick wie die einer Wassermelone ist. Ich probiere mein Glück und Tatsache – es funktioniert! Zum Vorschein kommen die an einer Rispe vereinten Kakaobohnen.
Makabere Geschichte
Milchweiß sind die frischen Kakaobohnen und unter der weißen Decke violett. So groß und so geformt wie platt gedrückte Eicheln im Herbst. Glitschig vom frischen Fruchtfleisch, als hätte jemand Spülmittel über sie geschüttet. Sie schmecken sauer und süß, aber irgendwie auch fruchtig und bitter, wenn man sie kaut.
Unter der milchigen Decke sind die
Kakaobohnen violett.
So wie wir heute saßen die Ghanaer nicht immer fröhlich schwatzend um einen Kakaoschotenberg herum. Ende des 19. Jahrhunderts brachten Spanier und Portugiesen die Kakaopflanze aus Südamerika nach Westafrika, wo sie die einheimischen Sklaven die Pflanze anbauen und ernten ließen. Bereits 1911 dominierte Ghana mit 40 Prozent Anteil am weltweiten Kakao-Export den Weltmarkt. Heute leben 1,5 Millionen Ghanaer von der Kakaopflanze – und die Sklaverei existiert in Form von Kinderarbeit noch immer.
Quetschen, abdecken, Wärme bewahren
Zwischen Bananenblättern eingebettet
müssen die frischen Kakaobohnen eine
Woche lang trocknen und gären.
Auf einem Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche wird die Frucht heute in Ghana angebaut. Wegen ihrer hohen Krankheitsanfälligkeit wird die Pflanze vorwiegend auf Kleinfarmen von Familien und nur selten in der großen Plantagenwirtschaft gezüchtet.
Auch auf der kleinen Farm meiner Gastfamilie wird gezüchtet, was das Zeug hält. In der Blechschüssel neben mir landen immer mehr Rispen, von denen ich nun die Kakaobohnen abquetschen soll, die später mit Bananenblättern abgedeckt werden. So wird die Wärme bewahrt, die den Gärungsprozess ankurbelt.
Ein Geruch zum Nase rümpfen
Eine Woche dauert die Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling: Danach sind die Bohnen geschrumpft, rot-orange-braun gefärbt, haben sehr viel Flüssigkeit verloren und an Härte gewonnen. Und sie riechen, ja, wie vergorene Früchte eben riechen.
Eine weitere Woche trocknen die Früchte auf Wellblechen einen halben Meter über dem Erdboden, damit sie nicht die Feuchtigkeit des Bodens aufnehmen. Mehrmals am Tag werden sie gewendet, vereinzelt, aussortiert. Bis sie dunkelbraun und hart sind. Und bitter. Bitter, aber irgendwie immer noch sehr süß.
Nach einer weiteren Woche im
Öko-Solarium sind sie knackig braun.
Bittere Wahrheit
Getrocknet und unverarbeitet machen sich die Kakaobohnen dann auf den Weg zur lila Kuh nach Deutschland. Der Wirtschaft in Ghana fehlt ein gut ausgebauter und weltweit konkurrenzfähiger Sektor der Rohstoffverarbeitung. Nur so könnte dem ressourcenreichen Land ein gerechter Teil des ihm zustehenden Reichtums zurückgegeben werden.
Doch Import und Export bilden in Ghana kein gesundes Gleichgewicht. Exportiert werden vorwiegend Rohstoffe wie unsere getrockneten Kakaobohnen, teuer importiert dagegen die daraus gefertigten Waren. Zu teuer für den Großteil der Bevölkerung. Dieser kennt den süßen Geschmack der Schokolade nicht. Nur den der Kakaobohnen. Und der ist bitter. Bittersüß.
Text: Melanie Weise Fotos: Melanie Weise
Dir gefällt dieser Artikel?
auf Facebook teilen auf WhatsApp teilen auf Twitter teilen auf Google+ teilen
Bahnreisen werden meistens mit Trips in benachbarte Städte oder mit Interrail in die angrenzenden europäischen Länder in Verbindung gebracht. Doch wie ist es, mit Bahn und Fähre auch über Europa hinaus auf einen anderen Kontinent zu gelangen? SPIESSER-Autorin Fabienne wollte
Nach ihrem Abitur im Sommer 2020 entschied sich SPIESSER-Autorin Rebecka für ein Gap Year. Trotz der Corona-Pandemie führte sie diese Zeit unter anderem in ein fernes, sehr religiöses Land: Mexiko. Was sie dort erlebt und über Religion und Glaube gelernt hat, beschreibt sie euch in einem Erfahrungsbericht.
Wie so viele wollte auch SPIESSER-Autorin Sophia nach dem Abitur weg. Irgendwo nach Mittel- oder Südamerika sollte es gehen, um Spanisch zu lernen und in eine fremde und faszinierende Kultur einzutauchen. Sie fand immer mehr gefallen an dem Konzept des Freiwilligendienstes und entschied sich letztendlich
Der Felsendom auf dem Tempelberg ist das prächtigste Gebäude Jerusalems und für Muslime die drittheiligste Pilgerstätte. Dieser befindet sich auf dem damaligen Ersten Tempel Salomons, der für die Juden der heiligste Ort ist. Deswegen ist der Tempelberg besonders umstritten, auch
Das Ende ihres Freiwilligendienstes in Gambia bedeutete für unsere Autorin nicht nur den Abschied von Freunden, Freundinnen und Gastfamilie, sondern auch den schmerzlichen Abschied von den Kindern aus ihrer Klasse.
Während ihres Freiwilligendienstes in einer gambischen Vorschule musste sich unsere Autorin Nana immer neue Methoden ausdenken, um die Neugierde ihrer kleinen Schülerinnen und Schüler wachzuhalten.
Zwischen drei Kilometer dickem Inlandeis und dem tosenden Nordpolarmeer fand in Grönlands Hauptstadt zum dritten Mal das Nuuk Nordisk Kulturfestival statt – ein popkultureller Mix aus Konzerten, Performances und Ausstellungen. In diesem Jahr unter dem Motto „Welcome home“. SPIESSER-Autor
Mülltrennung ist eine Praktik, an die sich die allermeisten Westeuropäer längst gewöhnt haben. Die allgemeine Vorstellung ist es, dass es immer schlechter um die Sortierung von Plastik, Papier und Biomüll steht, je östlicher man geht. Aber auch in Russland wird Mülltrennung
Während ihres Freiwilligendienstes hat sich SPIESSER-Autorin Nana nicht nur in ihr Gastland Gambia verliebt, sondern vor allem auch Freundschaft mit vielen kleinen Menschen geschlossen.
Besonders nach dem Abitur reisen viele junge Deutsche in Länder des globalen Südens, um dort einen Freiwilligendienst zu absolvieren. Wie das die Menschen vor Ort und besonders in ihrer Gastregion in Gambia eigentlich finden, fragt unsere Autorin Nana in diesem Artikel.
Max und Paul, zwei 28-jährige Berliner, haben einen gemeinsamen Traum: von Berlin nach Teheran reisen. Und zwar mit dem Fahrrad. SPIESSER-Autorin Sarah hat die beiden bei einem Festival im Juli kennengelernt und fand die Idee, damit ein Spendenprojekt zu unterstützen so klasse, dass sie die
Bevor ich 2014 für einen Freiwilligendienst nach Gambia aufbrach, wussten die meisten meiner Gesprächspartnerinnen und -partner nicht mal, wo das Land liegt. Seit den Debatten um die sogenannte Flüchtlingskrise 2015 ist das kleine westafrikanische Land jedoch ständig in deutschen
Wie kommt man auf die Idee, mitten in Nairobi mit einer Kamera zu stehen und einen Film drehen zu wollen? Das hat sich SPIESSER-Autorin Lotta im Nachhinein oft gefragt. Dennoch hat sie es gewagt, mit einer Idee und ganz viel Mut, es einfach mal zu machen. Ein Erfahrungsbericht.
Eine Woche war SPIESSER-Autorin Helen in Albanien unterwegs und traf dort auf viel Natur, Gastfreundschaft und Herzlichkeit. Gleichzeitig jedoch auch auf ein Land, das von Auswanderung geplagt und gefangen zu sein scheint zwischen seiner kommunistischen Geschichte und Mentalität und dem Weg in die EU.
Auf einem Wanderurlaub durch die Highlands hat SPIESSER-Autorin Annika nicht nur Schottland von einer unvergesslichen Seite erlebt, sondern auch ihre Privatsphäre gesucht. Was erlebt man auf 150 Kilometern – und wie kann man trotz Hobbit Houses mal für sich alleine sein?
Euer Traum ist ein internationaler Freiwilligendienst, aber ihr wisst nicht wie ihr für dieses Jahr noch eine Stelle bekommt? Beim DRK Soziale Freiwilligendienste Mecklenburg-Vorpommern sind für den Beginn ab Sommer 2019 noch viele Stellen frei!
Russland – der Ursprung des Balletts. Nussknacker, Schwanensee und Tschaikowski hat jeder schon gehört oder gesehen. Aber wie sieht es hinter den Kulissen eines russischen Balletts aus? SPIESSER-Autorin Marie war für euch in Moskau unterwegs.
Sicherlich haben viele von euch die Tomb-Raider-Spiele gespielt oder kennen die Indiana-Jones-Filme, wo furchtlose Abenteurer die Welt retten und uralte Geheimnisse entdecken. Aber wie ist es in echt, ein Archäologe zu sein? SPIESSER-Autorin und Archäologin Marina erzählt von ihrem Arbeitsalltag.
„Irgendwas mit Medien“ – das wollen viele junge Menschen, doch der Weg dorthin ist oftmals schwierig und es gibt mehr als nur einen Weg in die Welt der Medien. Eine Möglichkeit, sich über Journalismus und Co. zu informieren, sind die Jugendmedientage, diese finden in diesem
Indonesien, der weltgrößte Inselstaat, verteilt sich auf 17.508 Inseln. SPIESSER-Autorin Anna erbte eine Faszination für das Land von ihrem Opa und reiste im Rahmen eines Seminars in ihrem Politikstudium selbst hin – ihre Erfahrungen lest ihr hier.
Unterwegs auf dem Forschungsschiff Aldebaran: Als Schüler auf einem Forschungsschiff mitfahren? Klingt unmöglich? Nein, das ist es definitiv nicht. Im April reichte ich zusammen mit zwei Freundinnen eine Projektskizze beim Meereswettbewerb der Deutschen Meeresstiftung ein. Unsere Idee: Die
Warum geht ihr auf Festivals? Wegen der coolen Stimmung? Um Gleichgesinnte in Sachen Musikgeschmack zu finden? Oder um einfach nur ein paar weitere Künstler und Bands auf eure Gesehen-Liste setzten zu können? Beim PEOPLE-Festival am 18. und 19. August im Funkhaus Berlin fand SPIESSER-Autor Paul die Antwort.
Was soll mit, was kann zuhause bleiben? Vor jedem Urlaub steht man vor der gleichen Herausforderung: Den Koffer packen. Noch schwieriger wird es jedoch, wenn man wie SPIESSER-Autorin Annika 800km durch Spanien pilgern möchte und nur das mitnehmen darf, was man auch tragen kann.
„Irgendwas mit Medien und das mal ganz woanders“, versprach ich mir von meinem Praktikum in Ghana. „Das wird ein ganz schöner Kulturschock“, entgegneten Freunde und Familie. Wie es live in Ghana wirklich war, erzählt SPIESSER-Autorin Sarah.
Unsere Tapferen vier SPIESSER Musketiere sind UNTERWEGS! Doch die Hürden, die ihnen die rauen Straßen der Bundesrepublik stellen sind nicht genug. Stellt auch ihr der SPIESSER-Truppe Travel-Challenges!
Kuba, die Insel in Sichtweite von Miami, die eine der wenigen sozialistischen Staaten dieser Welt ist, in der die Geschichte Spanisch zur Landessprache machte und beibehielt, wo Zigarren und Rum gelebtes Klischee sind, wo überall Musik aus alten Radios schallt und der Rhythmus von Salsa bereits
Als mir eine Freundin davon erzählte, konnte ich es nicht so recht glauben: Eine isolierte Inselgruppe im Nordatlantik veranstaltet ihren eigenen Music Award? Bei mehr Schafen als Einwohnern? Ganz klar, ich musste dorthin.
Eva und Jan werden diesen Sommer durch Europa wandern. Mit ihrem Projekt „Adventureland Europe“ werden sie gleich mehrere gute Zwecke von Bulgarien bis nach Spanien unterstützen. SPIESSER-Autorin Marie haben die zwei erzählt, wie sie die Welt positiv beeinflussen wollen.
SPIESSERin Lara studiert im Rahmen ihres Masters ein Semester am Moskauer MGIMO. Ihre Kommilitonen interessieren sich für Sprachen und Pelz, zu Politik und Regierung hält man sich zurück. In diesem Text erlaubt Lara euch einen Blick hinter die Kulissen der russischen Eliteuniversität.