Das PEOPLE-Festival – Ein etwas anderes Festivalerlebnis
Warum geht ihr auf Festivals? Wegen der coolen Stimmung? Um Gleichgesinnte in Sachen Musikgeschmack zu finden? Oder um einfach nur ein paar weitere Künstler und Bands auf eure Gesehen-Liste setzten zu können? Beim PEOPLE-Festival am 18. und 19. August im Funkhaus Berlin fand SPIESSER-Autor Paul die Antwort.
28. August 2018 - 16:37 SPIESSER-Autor PaulausMdorf.
Warum gehe ich auf Festivals? Wenn ich ehrlich mit mir bin, dann zu einem großen Teil deswegen, weil ich nachher sagen kann: Bei dem und dem Musiker war ich auch schon beim Konzert. Ich habe bisher nie so richtig darüber nachgedacht, wie sehr Festivalbesucher Headlinern hinterherrennen und dabei viele richtig gute Künstler übersehen, die es wirklich wert sind gehört zu werden. Das PEOPLE-Festival hat ein ebenso einfaches wie geniales Konzept entwickelt, um dieses Schema zu durchbrechen: Den Festivalbesuchern wird zuvor schlicht nicht gesagt, wer gleich auf der Bühne stehen wird. Ich habe also keine Ahnung was mich erwartet, außer dass es einer der 150 Künstler sein wird, die auf der Liste des Festivals stehen und diese das Wochenende hoffentlich einigermaßen unvergesslich werden lassen.
Eine actionreiche Jamsession in einem der kleinen Studios
Szene-PEOPLE
Ich bin früh dran. Das wurde auf der Einladung auch gefordert: Rechtzeitig da sein, da es wohl gleich mit einem Knaller beginnt. Zwei Stunden vor dem ersten Set, das auf 14 Uhr angesetzt ist, warte ich draußen auf dem Gelände und sehe mich um. Eigentlich ist das hier so gar nicht meine Szene, da ich mich normalerweise eher in der Metal-Ecke einordnen würde.
Ich denke, wenn man sich das typische Berlin vorstellt, dann hat man Orte wie diesen vor Augen. Neben mir chillt ein lesbisches Pärchen in Batik-Klamotten auf dem Rasen. Nicht weit entfernt steht ein ausgesprochen dünner Typ mit Vollbart inklusive Dali-Trimmung in durchgestyltem Anzug mit Hosenträgern und Kniestrümpfen und bestellt sich einen Vanille-Chai-Latte, während direkt vor mir an einem mitten auf der Wiese stehendem Klavier eine spontane Jamsession startet. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, ob das jetzt Profis oder Amateure sind, es passt aber wunderbar in die Szene.
Immer eine Überraschung: Der Instrumentemix
Ich falle aus dem Muster als ich mir einen normalen Kaffee bestelle: Schwarz. Ohne alles bitte. Ich passe mit den schwarzen E=mc2 Shorts und dem Goethe-Shirt, einigermaßen in die Hipster-Scene. Ein freundlich lächelnder Festivalmitarbeiter kommt auf mich zu und spricht mich auf Englisch mit schwerem deutschen Akzent an: „I have something for you!“ Bevor ich noch „I speak German too“ und „No thanks, I don't need drugs“ sagen kann, wird mir ein kleiner Briefumschlag aus Öko-Papier in die Hand gedrückt. Verwirrt öffne ich ihn. In Schriftgröße 0,5 steht mitten auf einem Zettel: „You are secretly invited to a very special performance. Meet at the Main Stage at 1:30 pm.“
Ich kann nicht anders, als mich cool und besonders zu fühlen. Ein schönes Konzept.
Klassische Elektro-Wohnzimmer-Musik
Top Secret unterwegs
Ich bin ehrlich überrascht und freue mich. Genau daran fehlt es heutzutage auf vielen Veranstaltungen! Was werde ich gleich sehen? Wen werde ich hören? Ich weiß es nicht. An der Bühne angekommen bemerke ich gleich die gespannte Erwartung der Gäste. Es wird getuschelt und spekuliert. Plötzlich geht es los: Wer da auf der Bühne steht? Keine Ahnung. Alles möglich.
Und dann prügeln zwei Schlagzeuger gleichzeitig wie von Sinnen auf ihre Drums ein, während zwei Techno-Götter mit ihren analogen Synthesizern und ein derangiert wirkender Bassist versuchen, dieses rhythmisch hoch anspruchsvolle Dröhnen mit noch komplexeren Krachschichten anzureichern. Keine Ahnung, was ich höre, aber es gefällt mit.
In dem Moment beantwortet sich mir die Frage, wieso man Festivals besucht: Wegen der Musik natürlich. Egal von wem. Ich jedenfalls finde die Idee des PEOPLE-Festivals super. Wahrscheinlich wäre ich nicht hingegangen, hätte ich das Line-Up vorher gekannt, da ich gedacht hätte, dass mir solche Musik nicht gefällt. So aber wird man zur Horizonterweiterung gezwungen und das ist auch gut so.
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