Jesus Christus spricht:
"Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt,
der hat das ewige Leben." (Joh 6,54)
Wir haben Ostern gefeiert und haben uns damit den Tod und die Auferstehung Jesu vergegenwärtigt. Jetzt ist es Winter, aber der Frühling kommt bestimmt und neues Leben wird hervorbrechen. Auch die Natur verkündet die Osterbotschaft: Der Tod ist nur Teil eines größeren Lebens. Jeder Tod mündet in neues Leben, so dass es letztlich den Tod nicht gibt. Dies sehen wir überall in der Natur. Im Hinblick aber auf uns selbst ist es nicht so leicht, unseren eigenen Tod und unser eigenes Sterben zu verstehen als Teil des großen Lebens Gottes.
Auch das Abendmahl, das wir Christen am Sonntag feiern, vergegenwärtigt den Tod und die Auferstehung Jesu. Für manchen allerdings ist der Zugang zu diesem christlichen Ritus heutzutage nicht ganz leicht. Und gerade auch, wenn man solche Worte hört, wie der Vers aus dem Johannes-Evangelium, das diesem Artikel vorangestellt ist, schreckt man vielleicht innerlich zurück. Das sind drastische Worte, die der Evangelist Johannes in seinem Evangelium Jesus in den Mund legt:„Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben,” sagt Jesus dort (siehe Johannes 6,51-59). Wenn wir dieses Wort unmittelbar ernst nehmen, dann essen wir im Abendmahl das Fleisch Christi und trinken sein Blut. Warum aber sollten wir so etwas tun? Muss man das Abendmahl so drastisch verstehen? Werden wir denn wirklich sozusagen im Abendmahl zu Menschenessern? Haben wir nicht solcherart blutige Opfervorstellungen längst hinter uns gelassen? Wir sind doch keine Primitiven, die Tiere oder sogar Menschen opfern um Gott zu versöhnen und um an Gottes Macht Anteil zu bekommen. Und letztlich: es ist doch nur Brot und Wein, das wir im Abendmahl verzehren und nicht Fleisch und Blut. Oder?
Das sind drastische Worte, die schwer verdaulich sind. Aber entspricht das nicht unserem Leben, entsprichtdas nicht unserer Wirklichkeit? Vielleicht wollen wir das nicht immer wahrhaben, aber unser Leben ist ebenso drastisch wie diese Worte vom Essen des Fleisches Christi und vom Trinken seines Blutes.
Im Februar ist in Hamburg ein 7-jähriges Mädchen gestorben. Jessica wog keine 10 Kilo mehr und ist verhungert. In Frankreich war im März ein Prozess wegen Kindesmissbrauchs. Anklage ist gegen etwa 40 Erwachsene erhoben, darunter mehrere Frauen. Unter ihnen auch Mütter von Kindern, die ihre eigenen Kinder zum Missbrauch verkauft haben. Das Jüngste war noch ein Säugling.In Indien arbeiten in den Granitsteinbrüchen Kindersklaven unter unvorstellbaren Bedingungen. In Deutschland stehen diese Steine als Grabsteine dann auf unseren Gräbern.
Ich erspare uns die Fortsetzung. Jeder von uns liest solches täglich in der Zeitung oder sieht es im Fernsehen. Wir essen das Fleisch anderer Menschen und Lebewesen und wir trinken ihr Blut. Und letztlich ist dies nichts anderes als die fortgesetzte Kreuzigung Christi. Es ist Christus selbst, der verhungert, der erfriert, der vergewaltigt wird, der versklavt wird. Sicherlich, wohl niemand von uns hat damit unmittelbar und direkt zu tun. Aber dies geschieht in unserer menschlichen Gesellschaft und wir sind Teil dieser Gesellschaft. Berührt und betroffen ist daher jeder von uns.
Hier zeigt sich in Extremfällen und besonders drastisch, was letztlich für jeden von uns gilt: Dass wir nämlich auf Kosten anderer leben. Es geht in unserem Leben sehr elementar um essen und um gegessen werden, es geht um Leben und um Tod, es geht um das Essen des Fleisches
und das Trinken des Blutes. Ich nehme das Leben anderer Lebewesen,
nämlich der Pflanzen und Tiere, in mich auf. Ich esse die geernteten Früchte und ich esse die geschlachteten Tiere, um selbst zu leben. Und schon auf dieser ganz unteren, unausweichlichen und elementaren
Ebene stehe ich in der Schuld anderer. Ich schulde ihnen etwas, ich werde schuldig. Um diese Schuld auszugleichen haben Menschen seit Urzeiten geopfert. Sie geben etwas von sich, um einen Ausgleich zu schaffen für das, was sie genommen haben. Sie geben etwas, um die Gottheit, die durch ihre Schuld zornig ist, wieder gütig zu stimmen.Solche Opfer sind im Christentum abgeschafft. Wir opfern weder die Früchte der Erstlinge unseres Feldes noch unserer Tiere. Schon gar nicht opfern wir Menschen. Siehe auch die Geschichte Isaaks. Und dennoch steht im Zentrum des Christentums ein Menschenopfer – nämlich der Tod Christi. Und es steht im Zentrum ein Ritual, in dem dieses Opfer vergegenwärtigt wird, ja man kann sagen, dass es in dieser Vergegenwärtigung erneut vollzogen wird.
„Christus, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, erbarme dich unser.” so singen wir in der Abendmahlsliturgie. Und in der Liturgie heißt es auch: „Geheimnis des Glaubens: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst
in Herrlichkeit.”
Der Tod Christi, seine Selbsthingabe wird also im Abendmahl vergegenwärtigend vollzogen. Christus gibt sich, nämlich seinen Leib
hin als Brot und gibt sein Blut hin als Wein. In dem Bildwort vom Weizenkorn bringt Jesus diese Hingabe, die in die Auferstehung mündet, einprägsam zum Ausdruck: Jesus Christus spricht:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt,
bringt es viel Frucht. (Joh 12,24)
Das Weizenkorn fällt in die Erde, es stirbt und bringt durch diesen Tod viel Frucht. Und die Auferstehung geschieht dann sozusagen
in uns hinein, wenn wir in Brot und Wein Christi Leib und sein Blut in uns aufnehmen. Christus gibt im Abendmahl sein Leben für uns.
"Christus gibt im Abendmahl sein Leben für uns."
Wir opfern also auch, nämlich das Wertvollste, das wir haben, wenn wir Christen sind, nämlich Christus. Gottes Sohn wird im Abendmahl geopfert. Er nimmt unsere Schuld, nämlich die, dass wir unausweichlich leben auf Kosten anderer, deren Leben wir nehmen, um selbst zu leben. Und er schenkt uns sich selbst, nämlich sein Leben, das in uns hinein aufersteht, so dass wir selbst zu einem lebendigen Christus werden.
Sicherlich: Das Abendmahl allein als Ritus, als heiliger Vollzug, vermag uns nicht verwandeln und uns zu Menschen nach dem Bild Christi machen. Nur wenn wir selbst leiden an unserer tödlichen Art zu leben und mit allem Ernst umkehren wollen aus unserer tragischen menschlichen Situation, dann kann uns das Abendmahl als Ritual etwas geben. Dann kann es uns Stärkung sein auf unserem Weg der Verwandlung in ein Leben hinein, in dem das Leben Christi Gestalt in uns annimmt.
Die Selbsthingabe Christi wird dann zu unserer eignen Selbsthingabe und in ihr verwirklicht sich das, was wir uns in unserer tragischen Situation, wo wir auf Kosten anderer leben, zutiefst ersehnen: dass wir nämlich auch in mindestens gleicher Weise Leben spenden.
"Dann kann es uns Stärkung sein auf unserem Weg der Verwandlung in ein Leben hinein, in dem das Leben Christi Gestalt in uns annimmt."
Aus unserer Schuld werden wir im Abendmahl also zur Liebe befreit. Wir nehmen nicht nur Leben, sondern wir spenden auch Leben. Und wir können dies tun, weil wir wissen, dass unser Leben nicht lediglich unser kleines Leben ist, das wir bemüht sind ängstlich festzuhalten, sondern dass unser Leben wesentlich Teil ist des großen Lebens Gottes, das sich uns selbst in jedem Leben schenkt, das wir nehmen, um selbst zu leben, und das wir weitergeben, damit andere leben können.
Leben ist eben nicht, und das wird im Abendmahl sinnenhaft dargestellt, Bewahrung seiner selbst in konsequenter Abgrenzung zum anderen, also in der Vermeidung der Hingabe. Sondern Leben ist ständige Hingabe.
Es ist sterben und als solches auch neuwerden und auferstehen, Fluktuation also in dem unbegrenzten Netz des Lebens, in das alle eingebunden sind.
Daher geben wir von dem Brot, das wir erhalten haben, dem anderen, der kein Brot hat. Und wir geben von dem Wein, dem anderen, der nichts zu trinken hat. Der Futterneid wird im Abendmahl außer Kraft gesetzt, weil wir wissen, dass Gott sich selbst in Christus für uns hingibt, damit wir leben können. Und wir vollziehen dieses gemeinsame Essen und
Trinken in einer Gemeinschaft, in der wir uns vergewissern, dass niemand ausgeschlossen ist. Sogar Judas, der Jesus verraten hat, ist Teil der Abendmahlsgemeinschaft.Denn wir selbst sind in unserer Schuld
niemand anderes als Judas. In einer so offenen Gemeinschaft wird in der Abendmahlsgemeinschaft das Reich Gottes gegenwärtig. Gerade dadurch nämlich, dass wir das Leid, den Hunger und den Durst des anderen als unser eigenes Leid wahrnehmen, in dem Wissen, dass unser Leben untrennbar eins ist mit dem Leben jedes anderen lebenden Wesens.
Aus unserer Isolation und aus unserer Gefangenschaft in uns selbst treten wir in der Abendmahlsgemeinschaft ein in die lebendige Einheit der allumfassenden Gemeinschaft aller lebenden Wesen, in die Einheit mit Christus,
mit dem ich mit sterbe und mit auferstehe und in die Einheit mit Gott, der sich in diesem Mahl sich mir selbst gibt und mich so zu seiner lebendigen Tochter und zu seinem lebendigen Sohn macht.
Gottes Segen sei mit euch.
Ich bin Christ und kann dein Ansinnen gut verstehen, aber mich nervt dein Stil ein bisschen an.
Von einem Artikel mit dem Titel "Was ist das Abendmahl" erwarte ich mir eine verständliche Erklärung in moderner Sprache, die den Sachverhalt auf den Punkt bringt.
Warum stellst du dann sowas bei Spiesser rein?
Glaubst du nicht, dass du mit einem Zehntel der Länge und ohne Wörter wie "Fluktuation" mehr Erfolg hast?
Spiesser-Leser sind übrigens zum Großteil keine Thelogieprofessoren.
Punkt!