Was hat es mit diesem Shutdown in den USA auf sich und betrifft uns das eigentlich auch? Maria aus der SPIESSER-Redaktion hat bei ihrem ehemaligen VWL-Professor nachgefragt – und professionelle Antworten bekommen.
Seit gestern gibt es in den USA einen neuen 100-Dollar-Schein. Doch viele Staatsbedienstete werden den nie zu Gesicht bekommen, sollten sich Regierung und Opposition nicht auf einen Staatshaushalt einigen. Wie kam es zu diesem Shutdown?
Prof. Dr. Andrew Lee: Eigentlich gibt es zwei Problemfelder. Das erste betrifft den Staatshaushalt: Der US-amerikanische Staatshaushalt muss jedes Jahr bis zum 1. Oktober genehmigt werden. Das heißt wenn Präsident Barack Obama, der der Demokratischen Partei angehört, einen Entwurf für den Staatshaushalt im Kongress vorlegt, müssen diesem beide Kammern des Kongresses zustimmen. Das sind das Repräsentantenhaus und der Senat. Geschieht das nicht, so wie jetzt, läuft der Staat nur auf Sparflamme bis sich Regierung und Opposition geeinigt haben. Da der Senat mehrheitlich demokratisch und somit auf der Seite des Präsidenten ist, wurde der aktuelle Entwurf dort akzeptiert. Das Repräsentantenhaus hingegen ist mehrheitlich republikanisch und stimmte dem Entwurf nur unter der Bedingung zu, dass die Gesundheitsreform des Präsidenten („Obamacare“) abgeschafft wird. Das wurde wiederum vom Senat abgelehnt. Als das Repräsentantenhaus daraufhin vorschlug, die Gesundheitsreform um ein Jahr zu verschieben, lehnte der Senat das ebenfalls ab. Deshalb kam es bis zum 1. Oktober zu keiner Einigung im Haushaltsstreit.
Das zweite Problem betrifft die Schuldenobergrenze. Diese gibt an, wie viele Schulden die USA maximal machen darf. Sie ist eigentlich ein Witz, weil sie immer wieder überschritten wird. Dafür muss der Präsident aber eine formale Bitte einreichen, die von beiden Kammern bestätigt werden muss. Auch hier haben wir wieder das gleiche Problem mit Senat, Repräsentantenhaus, „Obamacare“ usw..
Es ist allerdings nicht der erste Shutdown in den USA, der letzte im Jahre 1996 dauerte ganze 26 Tage.
Prof. Lee: Obama will die Gesundheitsreform auf jeden Fall einführen und wird auch nicht nachgeben. Deshalb ist es jetzt an den Republikanern, nicht mehr zu verlangen, dass „Obamacare“ abgeschafft oder verschoben wird. Falls sie das doch tun, haben wir es in der Tat mit einer Staatspleite zu tun.
Ich persönlich könnte mir durchaus vorstellen, dass es soweit kommt. Die Republikaner werden von bestimmten extremen Positionen in der Partei getrieben, die die einmalige Chance sehen, „Obamacare“ zu kippen. Die Politik ist in den USA so extrem gespalten und polarisiert, dass ich eine absolut unverantwortliche politische Maßnahme, die die Vereinigten Staaten in die Staatspleite treibt, leider als realistisch betrachte.
Wann setzt die Staatspleite ein?
Prof. Lee:Bei einer Staatspleite dürften die Amerikaner kein Geld mehr aufnehmen. Da keine neue Schuldenobergrenze beschlossen werden kann, darf die USA keine weiteren Schulden machen und müsste ihre kompletten Ausgaben aus den bestehenden Einnahmen finanzieren. Da die Steuereinnahmen nur 84 Prozent der Staatsausgaben decken, müssen zwangsläufig bestimmte Ausgaben gekürzt werden. Diese Staatsausgaben könnten Renten, Arbeitslosengeld oder Zinsen auf bestehende Kredite, die der Staat aufgenommen hat, sein. Ob die Staatspleite eintritt, hängt davon ab, wie sich Einnahmen und Ausgaben entwickeln. Momentan sieht es so aus, dass die Grenze am 17. Oktober erreicht wird.
Welche Folgen hätte eine Staatspleite für Deutschland und die Weltwirtschaft?
Prof. Lee: Die Folgen für uns hängen in erster Linie davon ab, wie die Finanzmärkte weltweit reagieren und ob es zu einer Rezession, also einer wirtschaftlichen Abschwungphase, in den USA kommt.
Wenn sich die Amerikaner dann dazu entschließen, den Posten Zinszahlungen auf ihre bestehenden Kredite zu kürzen, wird die USA zum ersten Mal überhaupt ihre Schulden nicht zurückzahlen können. Es wäre zu erwarten, dass die Kreditgeber daraufhin höhere Zinsen verlangen, um mögliche Zahlungsausfälle in der Zukunft auszugleichen. Die USA müssten somit noch mehr Zinsen zahlen, was ihre Schulden noch weiter in die Höhe treiben würde. Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession würde damit steigen. Um das auszugleichen, müssten die Staatsausgaben noch weiter zurückgehen oder die Steuereinnahmen steigen. Es ist ein Teufelskreis.
Im Falle einer US-Rezession würden wir sicher verlieren, da Deutschland ein Exportland ist. Wenn die Amerikaner statt der Zinsen, wie im oberen Szenario, die Renten und Arbeitslosenunterstützung kürzen, wird weniger konsumiert, da die Menschen weniger Geld zur Verfügung haben. Das könnte ebenfalls eine US-Rezession auslösen.
Text: Maria Gramsch
Foto: Andrew Abogado, flickr, CC-Lizenz
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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mxk
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