SPIESSER unterwegs

Schielende Herzen

In weniger als zwei Wochen geht für Lina von Brasilien zurück nach Deutschland. Gibt es ein Leben nach dem brasilianischen Winter?

01. August 2010 - 17:53
von SPIESSER-Autorin Lina.
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Lina Offline
Beigetreten: 18.05.2009

Bei 30 Grad im Schatten sind Plastikweihnachtsmänner im künstlichen Schnee doch lächerlich.

18 Dezember: Solange das Fest noch weit entfernt ist, kommt mir der ganze Weihnachtszirkus immer übertrieben kitschig vor. Ich denke an grün blinkende Weihnachtssterne, widerlichen Lebkuchen an der Supermarktkasse und übereifrige Spendensammelaktionen. Offenbar verhungern zu Weihnachten immer besonders viele Kinder.

Lina ist zurzeit mit dem „weltwärts-Programm“ in Brasilien. Dort macht sie einen Freiwilligendienst und arbeitet in einer sozialen Einrichtung mit Kindern zusammen. Währenddessen wohnt sie bei einer brasilianischen Familie.
Jede Woche schreibt sie, was sie erlebt. Nachlesen könnt ihr das in diesem Tagebuch. Vorherige Artikel findet ihr, indem ihr unten auf der Website die verschiedenen Zahlen anklickt.

Dass es losgeht, mit der Weihnachtsindoktrination, merkt man ja spätestens Mitte November, wenn das Radio „Last Christmas“ schmettert.

Aber der ganze Mechanismus funktioniert:

Pünktlich zum ersten Advent bin ich jedes Jahr im absoluten Weihnachtsfieber. Es ist doch auch irgendwie toll, sich nach einem beschissenen Tag vom Weihnachtsmarkt aufmuntern zu lassen. Sogar aufstehen im Dunkeln macht für kindisch veranlagte Menschen wie mich wieder Spaß. Es wartet ja jeden Tag ein Adventskalendergeschenk.

Bis Weihnachten gefällt mir sogar Regen und Kälte, denn dann hat man immer eine Ausrede, bei Kerzenlicht zu viel Glühwein zu trinken. Und dank meiner Schwester sind immer so viele Kekse im Haus, dass ich um Lebkuchen herum komme.

Wenn das Fest endlich da ist, bin ich von all der Weihnachtsromantik schon so eingelullt, dass mir sogar der alljährliche Streit am ersten Weihnachtstag gefällt. Wir sind eben eine Familie mit Traditionen.

Extraportion Heimweh?

Auf Traditionen muss ich dieses Jahr wohl verzichten. Von Weihnachten im Hochsommer habe ich nicht viel erwartet – außer vielleicht einer ganz besonders großen Portion Heimweh. Selbst die Brasilianer scheinen sich bewusst zu sein, dass es ihnen an Atmosphäre fehlt.

Sie beginnen mit der Manipulation schon früher.„Last Christmas“ habe ich noch nicht gehört, aber der Lebkuchen stand hier schon Anfang Oktober an der Kasse. Es klingt unglaublich, aber hier hängen, stehen und sitzen sogar noch mehr Weihnachtsmänner an allen denkbaren Orten. Anscheinend kümmert es niemanden, ob sich der gute Mann mit Mantel und Wintermütze totschwitzt. In den Shoppingcentern sprießen die Hütten des Santas aus dem Boden, ganze Straßenzüge verwandeln sich in blinkende Ufos.

Auch das Abfallproblem Brasiliens scheint gelöst. Man macht einfach alles zu Weihnachtsschmuck. Manchmal ist das sogar ästhetisch.

Mir kommen die Tränen

Bei mir im Projekt wird natürlich auch kräftig an der Weihnachtsstimmung gefeilt. Neulich haben wir ein wunderschönes, grün gestacheltes Wesen bekommen: einen Weihnachtsbaum. Leider war ich die einzige, die darüber fast Tränen gelacht hat. Also habe ich beschlossen, mich anzupassen. Habe mit den Kindern „Schingel Beus“ gesungen, Kekse gebacken, Weihnachtssterne gebastelt und Weihnachtspost verschickt.

Es hat richtig Spaß gemacht. Diese Woche kam dann der Weihnachtsmann um Geschenke zu verteilen. Ich hatte als Kind nie einen echten Weihnachtsmann. Da kamen mir dann doch wieder ein paar Tränen – dieses Mal nicht vom Lachen. Es kam mir auch so vor, als wäre der Typ trotz all seiner Klamotten noch ganz gut drauf.

Vielleicht ist Weihnachten im Sommer doch was wert. Letztes Wochenende hab ich mir den Weihnachtsmann aus Plastik am Busbahnhof nochmal genauer angeguckt. Er kann sogar tanzen! Ich hab mal seine Bewegungen nachgemacht. Ich glaube, es ist der Takt von.„Last Christmas“.

Eine Bildergalerie von der täglichen Arbeit, gibts auf der nächsten Seite

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Kommentare

18 Kommentare
  • Ich mag ja Deine Erlebnissberichte immer sehr, besonders weil ich (schon ein paar Jahre her) auch oft in Brasilien (Saó Paulo) war.
    Ich empfand die Sicherheitsproblematik immer als ganz große Einschränkung meiner persönlichen Freiheit. Man konnte damals nicht einfach Fahrrad fahren (schon garnicht bei Nacht), zum Fußballspiel ins Stadion gehen, am Abend in der Stadt spazieren gehen. Es war einfach extrem gefährlich!
    Empfindest Du das nicht so oder hat sich tatsächlich etwas geändert?

  • Hallo! Also nur damit hier nicht so ein schlechter Eindruck entsteht- hier läuft es bis auf Kleinigkeiten für mich wirklich gut und so gefährlich ist es auch nicht, solange man eben ein bisschen mehr auf die eigene Sicherheit achtet! Und meine Organisation heißt ICJA!

  • Was für ein blöder Start,ist es wirklich so gafährlich da?

    Und mit welcher organistation bist du in Brasilien?

  • Oh, das klingt garnicht gut! Ist wirklich gemein, Kopf hoch! Vielleicht findet man ja die Einbrecher, ich nehme an, ihr seit zur Polizei gegangen?!
    Auf jeden Fall trotzdem viel Spaß, ich hoffe das war das einzige blöde Erlebniss=( VIEL GLÜCK!

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