Im Erfurter Zughafen scheint eine musikalische Magie zu herrschen. Nicht nur Clueso hat hier seine Wurzeln, sondern auch Ryo, der zusammen mit Norman Sinn Thüringens Beitrag zu Stefan Raabs Bundesvision Song Contest beisteuerte. Vor kurzem hat er sein Debütalbum „So gesehen unmöglich“ veröffentlicht. Mit Bassstimme und nachdenklichen Texten hat er das Potential einer der Newcomer des Jahres zu werden. SPIESSER.de-Autor Birk hat den gebürtigen Wiesbadener mit japanischen Wurzeln getroffen.
Deine Musik klingt für mich einerseits nach Gitarrenmusik am Lagerfeuer und anderseits nach Hip-Hop à la Freundeskreis. In welche Schublade würdest du deine Musik selbst stecken?
Das ist immer schwer. Vielleicht Flaschenpostmusik. Musik für jemanden, der sich in der schnelllebigen Welt die Zeit nimmt und meine Flasche aufmacht, um zu sehen ob für ihn etwas dabei ist. Ich werfe Musik in die Welt, um etwas zurückzukriegen. Für mich ist diese Kommunaktion zwischen Musiker und Hörer immens wichtig. Ich schreib ja nicht für eine tote Wand, sondern meine Songs haben einen Adressaten. Manchmal ist das ein einzelner Mensch und manchmal sind es einfach Freunde in einer anderen Stadt. Das Ganze hebe ich dann auf eine Ebene, damit sich jeder hinein fühlen kann.
Das ist ja eine gerade zu romantische Auffassung von Musik. Für Leute, die deine Songs noch nie gehört haben, worin liegen deine musikalischen Wurzeln? Was erwartet den Hörer?
Meine Wurzeln liegen einerseits auf jeden Fall in der klassischen Musik meiner Mutter. Sie ist Konzertpianistin und mit dieser Musik bin ich aufgewachsen. Mein Vater ist Schauspieler und hat mir die Sprache sehr nah gebracht. Ich habe ihm Gedichte vorgelesen oder musste ihn Texte abfragen. Darum ist die Wurzel meiner Musik eigentlich der Text und die Bilder, die ich damit zeichne. Die Hörer erwartetet ein sehr buntes Album. Zum Beispiel begleitet meine Mutter einen Song am Klavier. Tenor des Albums war ein großes Ausprobieren, nicht jeder Text kann schließlich in eine Form gegossen werden. Darum gibt es Songs auf dem Album, die nur spärlich instrumentiert sind und mit wenig Text auskommen, aber Lieder wie „Glück“, die sehr viel Text haben und aufwendig eingespielt sind. Aber wie gesagt, der Text steht im Vordergrund und der Rest wird angepasst. Natürlich lasse ich mich aber auch von den Musikern beeinflussen.
Du hast gesagt, für dich sei die Interaktion mit dem Hörer wichtig. Kriegst du viele Rückmeldungen für deine Songs?
Rückmeldungen gibt es einige, seit mein Album draußen ist. Ich versuche alle Frage zu klären und zu helfen. Dabei ist es wichtig, nicht zu belehren. Ich finde es gut, wenn jeder seine eigenen Bilder zu den Songs entwickelt. Ich würde mich nie hinstellen und sagen, du verstehst die Aussage nicht richtig, ich meinte etwas ganz anderes.
Kommen wir mal zu Erfurt und dem Zughafen. Bevor du nach Erfurt gekommen bist, warst du in Hamburg, Stuttgart und sogar in Japan. Warum gerade diese Stadt? Worin liegt für dich das Besondere?
Das Besondere für mich sind die Menschen. Es gilt nicht nur für Erfurt, sondern auch für den Rest von Ostdeutschland. Ich habe einfach gemerkt, dass die Menschen viel schneller etwas auf die Beine stellen und nicht erst lange über perfekte Umstände nachdenkt. Man selbst dadurch viel schneller in Bewegung. Außerdem kommt man viel schneller ins Gespräch und kann sich austauschen. Ein besonderer Ort ist dabei natürlich ohne Frage der Zughafen, gerade für Kreative.
Für Musiker und Künstler ist der Zughafen in Erfurter eine fast magischer Ort. Kannst du erklären, was diesen Ort ausmacht und worin sein Mythos liegt?
Für mich ist das Besondere die – Achtung Fremdwort – intrinsische Motivation der Menschen hier. Man kommt hierher und ist aufgefordert, sich seinen Platz zu suchen. Es liegt einfach an dir selbst, was du daraus machst. Vielleicht dauert es ein halbes Jahr und du schnupperst erstmal in jeden Bereich kurz rein oder du findest deinen Platz sofort. Es gibt hier viele Menschen, die etwas anderes gelernt und hier ganz neue Talente an sich entdeckt haben. Diese besondere Atmosphäre hat mich einfach fasziniert und bewogen hier zu bleiben.
Aus dem Zughafen kommen zahlreiche Künstler wie zum Beispiel Clueso, die STÜBAphilharmonie oder dein Duettpartner Norman Sinn. Musikalisch geht das ja alles schon in eine Richtung. Könnte man von einem typischen Zughafen-Sound sprechen?
Na klar. Andre Karius hat mein Album produziert und ist als Tontechniker häufig auf Tour mit Clueso. Das ist ein Vorteil des Zughafens, man kann von den größeren Künstlern wie eben Clueso viel lernen. Man teilt sich das Studio und kann sich Tipps von deren Bands holen. Trotzdem hat jeder Musiker von hier einen ganz eigenen Sound. Wie schon gesagt, ich habe eine ganz andere musikalische und künstlerische Prägung und das ist auch gut so.
Du hast mal einige Semester Sprecherziehung studiert und hast du durch deinen Vater eine Affinität zum Theater. Ist Musik machen denn das einzige, worin deine Zukunft liegt oder hast du noch andere Pläne? Schauspieler werden zum Beispiel?
Musik ist schon meine große Erfüllung. Ich weiß allerdings auch, dass ich trotz des Bundesvision Song Contest nicht über Nacht berühmt geworden bin. Aber hier im Zughafen kann das Projekt „Ryo“ langsam wachsen. Ich wäre auch interessiert an übergreifenden Dingen mit der Stimme. Ich hätte Lust in die Richtung Synchronisation oder Hörspiel ein paar Dinge auszuprobieren. Es bleibt spannend, aber Musik ist derzeit, das worin ich mich austobe, wo ich Ideen habe und Menschen zusammenbringen kann.
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
Bei meinem letzten Sturz fiel ich in Kunst hinein:
[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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