Wer einmal drin ist, hat es schwer, wieder raus zu kommen – aus der rechtsextremen Szene. Annegret hat Bernd Wagner, den Gründer der Initiative EXIT, zum Interview getroffen. Er hilft Menschen beim Ausstieg.
30. January 2012 - 14:47 von SPIESSER-Autorin Annegret.
Bernd Wagner betreibt seit 2000 das
Aussteigerprogramm EXIT.
Foto: EXIT Deutschland
Herr Wagner, was fasziniert Ihrer Meinung nach vor allen Dingen junge Menschen an rechtsradikalen Gruppierungen?
Ganz wichtig für junge Menschen ist es, dass sie innerhalb einer solchen Gruppe Kritik üben können. An der Gesellschaft und an Umständen, unter denen sie leben. Außerdem spricht sie an, dass gerade in der rechtsradikalen Szene eine Vision entworfen wird, wie eine bessere Gesellschaft auszusehen habe, es wird so etwas wie eine Gerechtigkeitsformel angeboten. Und ein drittes Element ist die eingebildete Kameradschaft, die zelebriert wird. Diese drei Elemente – Freie Kritik, Visionen und Kameradschaft – spielen ineinander und führen zu der Illusion, dass Rechtsradikalismus die richtige Entscheidung sei. Und zwar nicht nur im politischen Sinne, sondern auch als Lebensweg.
Mit wie vielen potentiellen Aussteigern hatten Sie zu tun?
Innerhalb der letzten fast zwölf Jahre haben wir so über 440 Personen unterstützt. Lediglich neun Personen, mit denen wir gearbeitet haben, haben den Absprung aus der rechtsradikalen Szene nicht geschafft. Das ist eine Quote von zwei Prozent Ausfall, die üblichen Rückfallquoten bei Straftätern liegen weit höher. Das liegt daran, dass wir beste Voraussetzungen haben: Die Leute, die uns ansprechen, haben eine feste Absicht. Die kommen nicht zu uns, um zu zweifeln, sondern um ihr Leben zu ändern.
Mit welchen Problemen haben potentielle Aussteiger aus der rechten Szene konkret zu kämpfen?
Sobald die Ausstiegsabsicht einmal bekannt geworden ist, wenden sich Freunde und sogenannte „Kameradinnen und Kameraden“ meist ab. Da gibt es nicht nur Schimpfworte, von körperlichen Angriffen bis zur Tötung ist alles möglich. Die Betroffenen werden in allen Lebensbereichen gemobbt, es wird übel nachgeredet und in jeder Beziehung Schlechtigkeit organisiert. Es ist die Pflicht der Szenewelt, in solchen Fällen eine Bestrafung vorzunehmen.
schekker.de ist das Jugendmagazin der deutschen Bundesregierung. Jeden Tag gibt es News und regelmäßig werden TopThemen veröffentlicht, die sich mit einem bestimmten Thema beschäftigen. Wer das alles schreibt? Ihr natürlich!
Ist jede Form des Extremismus gleich gefährlich, egal in welche Richtung?
Ich nehme jede Form des Extremismus ernst. Kombinationen aus fanatischer Ideologie und Gewalt sind immer gefährlich, qualitativ gibt es da keine Unterschiede. Jede Form hat das Potenzial, Menschenrechte mit Füßen zu treten, Leute zu töten und zu verletzen. Die Ausrichtung des Extremismus ist dabei egal. Auch fanatische Linksextremisten, das hat man bei der RAF gesehen, können zur Tötung bereit sein. Das Entscheidende und Gefährliche in Sachen Extremismus ist immer die Absage an die Menschenrechte und das Lebensrecht politisch Andersdenkender.
Ich frage mich, ob militante Linke oder egal wer - halt jemand, der seine Interessen gewaltsam durchsetzen will, besser ist, als irgendwelche Rechtsextremisten...
Ich bin auch eher links und Antifa, aber nur solange man das Ganze gewaltfrei durchsetzt.
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woraus ein Musikvideo zu meinem Song LIMITS entstanden ist:
https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
Bei meinem letzten Sturz fiel ich in Kunst hinein:
[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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Toller Artikel.
Es ist wichtig, dass Menschen, die aussteigen wollen, Hilfe bekommen. Super Engagement
Es ist besonders gefaehrlich, wenn die zwei aufeinander treffen (wie ich schon einmal feststellen musste).
Ich frage mich, ob militante Linke oder egal wer - halt jemand, der seine Interessen gewaltsam durchsetzen will, besser ist, als irgendwelche Rechtsextremisten...
Ich bin auch eher links und Antifa, aber nur solange man das Ganze gewaltfrei durchsetzt.
Der Rechte sticht nur so heraus, weil er häufiger ist, als linker.