Kolumnistin Kindel auf dem Sportlerball: Die Antibewegungskoalition
Unsere Kolumnistin Julia zählt sich zu den unkoordiniert Übergewichtigen. Trotzdem besuchte sie einen Sportlerball. Jetzt will sie sich im Hallenhalmaklub anmelden.
21. March 2007 - 18:02 SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
Aus wessen Hirnwindungen stammt eigentlich der Spruch Sport ist Mord ? Diesem Menschen gebührt ein Denkmal, dachte ich immer. Hätte ich jemals Zeit gehabt, hätte ich ihm oder ihr auch eigenhändig ein Monument unbeschreiblicher Größe geklöppelt.
Aber als Anführerin einer großen Antibewegungskoalition verbringe ich neun Stunden des Tages im Bett, über fünf vor dem Fernseher oder Computer und wenn kein Flimmerkasten läuft, habe ich ein extrem aktives Kopfkino. Dieses hat Sondervorstellungen nonstop während mich die Bewegungen der Luftmoleküle in ihren Bann ziehen. Ich bin also immer vollkommen ausgelastet. Wann bitte sollte ich Zeit für Körperbewegung finden?
Meine Muskulatur ist unterentwickelt, das Wort Kondition ist mir fremd und Kraft steckt nur noch in meinen Haarwurzeln. Aber das ist keine Eigenleistung, ich habe es meinem Shampoo zu verdanken.
Jetzt aber bin ausgerechnet ich Kämpferin an der vordersten Front der unkoordiniert Übergewichtigen vom rechten Weg abgekommen und habe einen Sportlerball besucht in und zur Begleitung einer Popgymnastiktruppe... immerhin.
Meine Erwartungen an diesen Abend: Die trainiertesten Zuchtkörper der Republik, gestählte Muskulatur und eine Schämecke für diejenigen, die mehr als fünf Gramm Fettgewebe in ihrem Körper tragen. Aber breit gefehlt. Ich musste meinen unwürdigen Körper nicht in einer Ecke parken, sondern wurde integriert.
Sportler sind unglaublich soziale Menschen, so erschreckend normal, sie essen sogar wahnsinnig viel. Beim Sturm auf das Buffet hatten denn auch die Sprinter und Boxer eindeutig bessere Karten und vollere Teller.
Eisern Trainierende mit Selbstdisziplin und ständiger Diät gibt es anscheinend nicht mehr und ein weiteres naives Denkmuster von mir reifte um Jahrzehnte. Damit war ich der Altersklasse der Veranstaltung ein ganzes Stück näher.
Außer von mir wurde der Altersdurchschnitt im Wesentlichen von den Volleyballern und den Popgymnastinnen auf 63 gedrückt. Dass Sportler jung sind noch so ein gescheitertes Klischee. Als der umfangreichste Alleinunterhalter Sachsens zum Tanze rief, liefen die Rentner zu Höchstleistungen auf: Der Opa, der zuvor kaum laufen konnte, schwang das Tanzbein und führte eine Partnerin nach der anderen.
Die Omis bekamen einen Östrogenschub, wie sie ihn das letzte Mal kurz nach der Erfindung des Rades hatten und freuten sich ein zweites Loch in den faltigen Popo, als der Zauberkünstler sie Schmuckstück nannte.
Zu meiner Verblüffung war auch ein Schachverein beim Sportlerball vertreten. Doch warum wundern: Wenn die Triangel zu den Musikinstrumenten gehört, geht Schach auch locker als Sportart durch. Und darf ich mich ab sofort bitte auch Sportler nennen, wenn ich mich im Hallenhalmaclub anmelde?
Julia Kindel
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woraus ein Musikvideo zu meinem Song LIMITS entstanden ist:
https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
Bei meinem letzten Sturz fiel ich in Kunst hinein:
[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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