Über Freiburg im Breisgau schmiegt sich das Robert Bosch United World College (UWC) an den Berghang. Die Schule wurde vor einem Jahr eröffnet und ist eines von weltweit 14 UWCs. Einer der ersten Schüler in Freiburg ist Heinrich Salzmann (18) aus Dresden. SPIESSER-Autorin Lara hat mit ihm über sein erstes Jahr an der internationalen Schule gesprochen.
30. October 2015 - 14:09 SPIESSER-AutorIn lara.sc.
Die weißen Internatshäuser heben sich klar vom Wald ab, der sie umrundet. Auf dem Weg den Berg hoch kommen einem Schüler auf Fahrräder entgegen, lachend und winkend. Gäste sind immer herzlich willkommen am Robert Bosch College. Zwischen Kartäuserkloster, Schulgarten und den Plazzas zwischen den Wohnblöcken fühlt man sich wie in einem Dorf - nur, dass hier Menschen aus 88 Nationen leben.
Lernen mit Schülern aus aller Welt
Aus 88 Nationen kommen die Schüler, die am
Robert Bosch College gemeinsam lernen.
An den UWCs steht Internationalität nicht nur auf dem Papier. Die Schulen sind in der ganzen Welt verstreut, etwa in Norwegen, Indien oder Costa Rica. An ihnen lernen Schüler aus aller Welt für zwei Jahre während der Oberstufe zusammen. Diese Zeit schließen sie mit dem internationalen Abitur ab. Das ist weltweit anerkannt, Heinrich könnte damit auch in Deutschland studieren. Ausgewählt werden die Schüler von Nationalkommittees. Dank Teil- und Vollstipendien spielt der Geldbeutel der Eltern bei der Auswahl keine Rolle. Die UWC-Idee wurde während des Kalten Krieges von Reformpädagogen Kurt Hahn entwickelt: Er glaubte, dass Frieden einkehren würde, wenn die Jugend aus aller Welt sich einfach kennenlernen würde.
Dieses Konzept hat Heinrich von Anfang an begeistert: „Es ist eine große Chance, an eine solche Schule zu gehen und Jugendliche aus aller Welt kennen zu lernen.” Eigentlich wollte er nach der 10. Klasse unbedingt an eines der Colleges im Ausland gehen - Hauptsache rein ins Unbekannte. Als dann für Freiburg die Zusage im Briefkasten lag, stand aber nicht mehr zur Debatte, ob er gehen würde oder nicht. „Und je länger ich Teil des UWC bin, desto sicherer bin ich, dass das die richtige Entscheidung war.”
Die Kombination aus internationalem Umfeld und Unterricht kommt bei ihm gut an: „Ich finde das sehr inspirierend”, so Heinrich. „Die Lehrer geben mir das Gefühl, dass man für sich selber lernt und dass sie uns dabei nur helfen.“ Der Unterricht findet in zwei-Stunden-Blöcken statt. Die Schüler diskutieren in allen Fächern viel und arbeiten oft in Gruppen. Wie das überhaupt geht, wenn alle aus anderen Ländern kommen? An den UWCs spricht man Englisch miteinander. Obwohl nur wenige die Sprache beherrschen, bevor sie ans College kommen, können sich die Schüler gut verständigen. „Man lernt sehr schnell, sich auch dann zu erklären, wenn einem die richtigen Worte nicht einfallen”, erzählt Heinrich.
Ein Gesicht zu jedem Tagesschau-Thema
Soziales Engagement, wie hier für den Umweltschutz,
wird am UWC groß geschrieben.
Die gemeinsame Sprache ist nur eine von vielen Brücken, die gebaut werden müssen, wenn so unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen. Heinrichs Mitbewohner kamen im ersten Jahr aus aller Welt: „Zawer ist vor zwei Jahren mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet. Er hat noch Freunde und Familie, die in Syrien vom Krieg betroffen sind. Manche hat er auch verloren”, erzählt Heinrich.
Ihn rütteln solche Geschichten auf. Auf der einen Seite sei man froh, dass man so etwas selbst nie durchmachen musste, auf der anderen Seite werde einem auch bewusst, wie privilegiert man lebt. Das gemeinsame Leben am UWC zeige die Konflikte der Welt manchmal auch in einem völlig neuen Licht. Ein Palästinenser und eine Israelin wohnen am Freiburger UWC in einem Wohnblock. Das war am Anfang schwierig, erzählt Heinrich: „Inzwischen sind sie und der Palästinenser sehr gut befreundet. Oft denkt man im täglichen Miteinander gar nicht an den Hintergrund des anderen, sondern lebt einfach im Moment.”
In der Natur wächst man zusammen
Auch außerhalb des Unterrichts versucht das College, dieses Miteinander zu unterstützen. Ausflüge stehen oft auf der Tagesordnung: „An einem Outdoor-Weekend sind wir in der Nähe vom College gewandert und haben gezeltet”, erinnert sich Heinrich. „Am ersten Tag war richtig schlechtes Wetter und Starkregen. Wir haben uns aber nicht unterkriegen lassen, sind weiter gewandert, haben geredet und gesungen. Es war cool zu sehen, dass alle mitgemacht und gezeigt haben: Zusammen halten wir das aus!”
Mit solchen Erfahrungen im Gepäck ist Heinrich inzwischen gut ins zweites Jahr am Robert Bosch UWC gestartet. Was er aus alledem bisher mitgenommen hat? „Ich bin ein gutes Stück idealistischer geworden. Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass es möglich ist, dass es irgendwo keinerlei Diskriminierung oder Ausgrenzung gibt. Aber UWC hat mir gezeigt, dass das durchaus geht. Hier werden einfach alle so akzeptiert, wie sie sind.”
Text & Fotos: Lara Schech
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