Tabuthema Homosexualität: Wer in Russland schwul oder lesbisch ist, hats schwer – das musste der Russe Andrey schon selbst erleben. SPIESSER-Userin Dena hat er erzählt, warum er trotzdem in seinem Heimatland bleibt.
Wenn Andrey, 25, und sein Freund den Gay Club in Sankt Petersburg verlassen, sind sie sehr vorsichtig. Andrey, ein schlanker Junge mit schnittiger Undercutfrisur und hellen, grün-blauen Augen kann sich nicht erlauben, auf dem Heimweg mit seinem Freund Händchen zu halten – einen Kuss oder eine Umarmung schon gar nicht. Viel zu heikel und angespannt ist die Stimmung derzeit in Russland, erzählt mir der junge Hochschuldozent für Kulturwissenschaften bei einem Videogespräch über Skype.
Oooh, wie süß? Auf so viel Begeisterung stößt And-
rey nicht, wenn er mit seinem Freund Händchen hält. Foto: Ansomia/ flickr CC
Seit einigen Monaten häufen sich in seinem Heimatland die Übergriffe gegen Menschen, die offen zu ihrer Homosexualität stehen. Verstärkt wurden die Feindseligkeiten durch das Gesetz gegen „Homosexuellen-Propaganda“, das Russlands Präsident Wladimir Putin im Sommer unterzeichnet hat. Das Gesetz verbietet positive Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder über Medien wie das Internet. Wer das Gesetz bricht, muss hohe Geldstrafen zahlen.
Das Land, das Homosexualität noch bis 1993 verbot und in dem die gleichgeschlechtliche Liebe bis 1999 als Geisteskrankheit galt, ist bis heute nicht im Reinen mit diesem Thema.
Bei einer Veranstaltung im Petersburger „Regenbogen-Café“, bei der Andrey und seine Freunde über den Schutz vor Aids sprechen wollten, stürmten plötzlich zwei unbekannte Männer den Laden und randalierten. Ein Freund von Andrey erlitt eine schwere Verletzung am Auge. Ob er damit irgendwann wieder sehen können wird, ist unklar. Andrey wendet den Blick vom Bildschirm ab und schaut auf den Boden. „Wir waren alle geschockt,“ sagt er.
Während die Lesbian, Gay, Bisexual und Trans-Community (LGBT) die gezielte Hassattacke auf sie nicht vergessen kann, betrachten russische Politiker, Medien und die Polizei den Fall als üblichen Vandalismus.
Schöne Matrjoschkas, hässliche Einstellung zu
Homosexuellen: Russland. Foto: Makrodepecher/ pixelio.de
„Um die Situation zu verbessern, braucht Russland eine neue pädagogische Strategie“, sagt Andrey. Denn die Diskriminierung von Schwulen und Lesben beginnt schon in der Schule. Er hätte Glück gehabt, aber er kenne Leute, die in der Schule bloßgestellt und schikaniert wurden: „Es gab Fälle, bei denen ‚verdächtige‘ Schwule über soziale Netzwerke von gefälschten Profilen zu Dates eingeladen wurden. Falls der ‚Verdächtigte‘ sich als homosexuell erwies, veröffentlichten sie den Nachrichtenverkehr im Bekanntenkreis.“
Trotz aller Schwierigkeiten findet er, politisches Asyl für LGBTs sei keine Lösung: „Russland darf seine Probleme nicht auf tolerante Staaten abwälzen“. Für ihn funktioniert es nicht nach dem Motto: Wenn ihr schwul sein wollt, geht doch ins Ausland, dort gibt es Asyl. Andreys Kampfansage ist deswegen: „Wir alle bleiben. Wir wollen Menschenrechte! Hier, in Russland.“
Text: Dena Kelishadi
Teaserfoto: Guillaume Paumier
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
Viel Spaß
mxk
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