Mit zitternden Knien nähere ich mich der unausweichlich grell beschrifteten Tür.
Dahinter befindet sich die Hölle. Die Hölle für Freunde der alten Klassiker Die Hölle für all’ die, die sich eher der modernen Literatur zugewandt fühlen. Kurz gesagt: Die Hölle für jeden Freund der guten Literatur.
Wie man wahrscheinlich schon ahnt, richtig ich muss mal wieder zum Friseur…
05. May 2009 - 17:01 von SPIESSER-Autorin No that is not my name..
Wie man wahrscheinlich schon ahnt, richtig ich muss mal wieder zum Friseur…
Die Tatsache das ich meine Haarpracht in die Hände eines Mitarbeiters von Harrys Haarsalon gebe, neein falsch, ich vergaß, inzwischen hat Harry sich natürlich an die Anglifizierung des Alttags angepasst und seinen Haarsalon flott und einfallsreich in Harrys Hairfashion umbenannt, stört mich wenig. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass besagter Mitarbeiter wahrscheinlich eine drei Nummern zu enge Hose tragen wird, welche dann natürlich auf Grund fehlender Länge soweit nach unten gezogen sein wird, dass man die individuell blau/bunt gemusterte Boxershort sehen und bewundern können wird.
Die drei Nummern zu enge Hose ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass sein Gentitialbereich ein wenig zu wenig Freiheit hat, was sich äußerst negativ auf sein Sprachzentrum auswirkt, sodass seine Stimme sonderbar hoch und süßlich klingt.
Allerdings könnte das nicht nur an der drei Nummern zu kleinen Hose, sondern auch an dem mindestens drei Nummern zu kleinen Gehirn liegen.
Schweren Herzens öffne ich die Tür und da sind Sie, der Schrecken jedes Friseurbesuchs, der Horror, der buchstäbliche Tod für jede Form der gepflegten Konversation.
Da liegen Sie unschuldig und unscheinbar im Fach des Beistelltisches in der Warteecke. Sie tragen solch einfallsreiche Namen wir „Bild der Frau“, „Die Bunte“, „Die Wochenschau“, „Revue“ und „Echo“..
Sie lechzen mit knallbunten, riesigen Überschriften, anstößigen Bildern wie Florian Silbereisen mit Geliebter im Hotelzimmer, dramatischen wie Miss XY am Grab von Mister XY oder romantischen wie Graf Alberts Hochzeit mit Prinzessin Franziska der 112. nach Aufmerksamkeit.
Vielversprechende Wunderdiäten sollen die Pfunde purzeln lassen und bei zahlreichen Gewinnspielen locken verlockende Preise wie eine Woche im Schwarzwälder Landhotel „Zum schwarzen Hirsch“ oder eine Genießerkreuzfahrt auf der Elbe.
Ich lasse mich auf einen der hübsch und seehr geschmackvoll gemusterten (Zebralook mit lila Kissen) Polstermöbelnieder und entscheide mich nach einem innerlichen Ringkampf zwischen tödlicher Langeweile und niveauloser Literatur dann doch für letzteres. Ist ja vielleicht doch ganz förderlich, wenn man über die Hochzeit von Graf Albert mit Prinzessin Franziska der 112. Bescheid weiß…Ist sicherlich nützlich bei Bewerbungen, wenn man bei solch kulturellen Höhepunkten mitreden kann, zumindest wenn man einen Job als Klatschreporter bei der Bildzeitung anstrebt. Doch nun genug mit der Träumerei, ich widme mich nun lieber wieder meiner Umwelt..
Die Dame im zartrosa KIK Oberteil, links neben mir, ist vertieft in die Schande, die Florian Silbereisen über die Volksmusikwelt gebracht hat, während die rechts von mir, um einiges geschmackvoller gekleidet, sie folgte wohl dem Trendtipp der „Bild der Frau“, welchen ich bei meinem letzten Friseurbesuch las, und kombinierte Mausgrau mit knalligen Violett,
was sich allerdings grässlich mit dem Lila der Kissen biss, das Drama um Miss und Mister XY las.
Ich vertiefe mich nun auch in meine Lektüre, wühle mich durch Strickvorlagen, Kreuzworträtsel, Gewinnspiele, die Kartoffeldiät ( in 3 Tagen 10 Pfund weniger ), den altbewährten Styling-Tipp und gelange endlich bei der auf dem Titelblatt angekündigten Hochzeit an. Fünf Bilder zeigen die Tränen der Braut, der Mutter, der Schwiegermutter, der Großmutter und der Urgroßmutter. Im dann noch relativ knapp gehaltenen Text steht, dass es die Hochzeit von Graf Albert dem 97. mit Prinzessin Franziska der 112. ist, das 457 ausgewählte Gäste zur insgesamt 789. Hochzeit des Hauses geladen waren und das Graf Alberts Stammbaum sich bis ins Jahr 1357 zurückverfolgen lässt. Um so viel Wissen reicher blättere ich die Ausgabe weiter durch. Neben amüsanten Witzen, Werbung für unterschiedlichste Kosmetik und Hausreinigungstechnik finde ich noch das aktuelle Kinoprogramm mit besonderer Empfehlung für Rosamunde Pilcher – Der Kinofilm und komme schließlich auf der letzten Seite an, wo schon die Vorschau für die nächste Woche gegeben wird:
Exklusive Bilder der Flitterwochen von Graf Albert und Prinzessin Franziska der 112. und die neue Suppendiät.
Frustriert schlage ich da Heft zu und denke über meine Zukunft nach. Mit dem Wissen das mir die Revue nun vermittelt hat, schaffe ich es bestimmt noch nicht mal als Reporterin für das sonntägliche „Werbewurschtblatt“, geschweige den als eine der Bild…
In dem Moment höre ich eine Stimme… sie Klingt sonderbar hoch, süßlich und leicht gepresst: „ Luise Schätzchen kommst du?“
Ich schaue hoch und sehe gerade noch einen in einer individuell blau/bunt gemusterten Boxershort steckenden Arsch, der sich wackelnd in Richtung Friseurstuhl bewegt.
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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