Mannheim.
Zumindest, wenn es um den 132. Jugend Presse Kongress geht.
Medieninteressiert? Engagiert? Im Oktober letzten Jahres wurden Schüler zum 132. Jugend Presse Kongress vom 8. bis 10. November in Mannheim eingeladen.
Auch ich, Solveig Ukena, bewarb mich – und bekam einige Wochen später die Zusage, dass ich angenommen wurde. Am Freitagabend stehe ich dann tatsächlich, nach sieben Stunden Zugfahrt, am Hauptbahnhof in Mannheim. Man hatte mich sogar am Vormittag vom Unterricht befreit.
Meine Freundin Jana, die am Tag zuvor doch noch einen Bestätigungsbrief erhalten hatte, würde in ungefähr einer Stunde eintreffen; wir hatten uns entschieden, die Fahrt getrennt anzutreten – ich hatte vor, neue Leute kennenzulernen, mich selbst durchzusetzen.
Als ich mich aber umsehe, um herauszufinden, wo genau ich denn meine Straßenbahn nehmen soll, wird mir schon etwas mulmig zumute. Ich bin niemand, der Heimweh bekommt, noch habe ich Angst, nach Hilfe zu fragen – aber als ich selbst nach einer ausführlichen Wegbeschreibung noch dumm dastehe, wird es langsam kritisch.
Auf einmal höre ich einen Ausruf neben mir – der Koffer eines Jungen, etwa in meinem Alter, liegt in einer Pfütze. Um ihn herum zwei Mädchen, vielleicht etwas jünger als ich. Nachdem der Koffer mehr oder weniger gerettet wurde, ziehen die drei zu einer der Haltestellen, die sich entlang der Straße befinden, weiter.
Verwundert folge ich ihnen, und als sie sich zu einer Gruppe von zwei weiteren Jugendlichen gesellen, traue ich mich, zu fragen, ob sie denn auch zum Jugend Presse Kongress wollen. „Ja!“ Ist die Antwort. „Du auch? Warst du schon mal bei sowas?“
Ich verneine. Ich wäre wohl um einiges weniger hilflos, hätte ich das Prozedere zuvor schon einmal mitgemacht – obwohl die Anweisungen auf dem Bestätigungsschreiben, das in meinem Fall am Dienstag zuvor angekommen war, ziemlich klar waren. Nehmt die Straßenbahn, steigt an der Haltestelle aus. Geht hier entlang. Jetzt seid ihr da.
Schnell entbrennt eine Diskussion, wer woher kommt – Sachsen, nochmal Sachsen, Bayern, Niedersachen, Brandenburg. Und ich aus Schleswig Holstein. Wenige Minuten später kommt die Straßenbahn, und schnell steigen wir ein. (Zu dem Zeitpunkt war uns nicht bewusst, dass dies nicht die richtige Bahn war. Als dies uns auffiel, machte uns eine nette Mitfahrerin aber darauf aufmerksam, dass wir einfach umsteigen und die nächste – nun richtige – Bahn nehmen könnten.)
Zum Bildungszentrum der Bundeswehr geführt, Abendessen verzehrt, stehe ich dann eine Stunde später in meinem zugeteilten Zimmer. Ich habe zehn Minuten, bevor ich im Plenum sein soll – gerade genug Zeit, zuhause anzurufen, um von der geglückten Anfahrt zu berichten. Dann geht es schnell zurück ins Hauptgebäude.
Schon bei der Begrüßung lenken einige Teilnehmer das Gespräch auf den Journalistenwettbewerb – wie ist denn das mit New York?
Moment mal – New York? Nach einigen geflüsterten Bemerkungen meiner Sitznachbarin bin ich im Klaren über den Wettbewerb, der für die Teilnehmer des Jugend Presse Kongresses ausgeschrieben wird. Wer hätte gedacht, dass ich einige Monate später Artikel für genau diesen Wettbewerb schreiben würde?
Nach einigen weiteren Ansagen, was das Aufwachen und die Nachtruhe angeht, geht’s zurück in die Zimmer. Die Einladung ins Nebenzimmer nehme ich an – Bekanntschaften schließen ist das Stichwort.
Mit vier weiteren Mädchen reden wir bis um Mitternacht noch über bisherige Erfahrungen, was den Journalismus angeht. Mir wird klar, dass nicht alle Teilnehmer ohne Erwartungen in das Wochenende gegangen sind, und ich als „Newbie“ vielleicht doch die Hilfe meiner Freundin, die im anderen Gebäude untergebracht ist, gebrauchten könnte.
Aber darum würde ich mir am nächsten Morgen Gedanken machen.
Nach dem Frühstück am Samstagmorgen wird schnell klar, dass das Wochenende nicht so entspannt wird, wie man vielleicht vorher dachte – zumindest nicht im Workshop E. Um 17:30 Uhr würde Redaktionsschluss für das WebMag sein. Wenn man bedenkt, dass nicht der gesamte Tag als Arbeitsphase gedacht ist, wird der Druck spürbar – obwohl der Druck ganz eindeutig mit Aufregung einhergeht.
Zuvor hatte unsere Gruppe die Journalistin, mit der wir arbeiten würden, kennengelernt: Julika Meinert von Der Welt. Gemeinsam wurden Textsorten besprochen, Aufgaben zugeteilt und Teamleiter ernannt. Nach einem Vortrag zum Thema „Zukunftsstrategien für das 21. Jahrhundert“ und einem zugegebenermaßen vorzüglichem Mittagessen geht es dann erst nach draußen zu „Action Live“ und zwei weiteren (allerdings sehr kurzen Vorträgen), bevor die richtige Arbeitsphase beginnt.
Fragen überlegen, Interviewen, Artikel schreiben – Arbeitsteilung stellt sich als Schlüssel zum Erfolg heraus. Während Lena und Laura schon die ersten Daten verarbeiten und in schriftliche Form bringen, sind Ronja und ich dabei, Termine für ein kurzes Interview mit jeweils drei verschiedenen Karrieregängen der Bundeswehr zu machen. Unser fünftes Teammitglied Maximilian muss leider als Führer für wichtige Gäste bzw. Kameraoperatoren agieren – doch einige Minuten vor der Deadline ist auch er fleißig am Tippen, um den Portraits, die wir erschaffen sollen, den letzten Schliff zu geben.
Was ich hier jetzt in einigen Sätzen beschreibe, wurde in Wirklichkeit mit viel Arbeit zusammengestellt. Ich kann dem Aufwand also leider nicht gerecht werden – aber eins kann ich mit Sicherheit sagen: als wir um kurz nach halb fünf dann alle erleichtert auf unseren Stühlen zusammensacken, Videos sowie schriftliche Beiträge abgegeben, erfasst uns doch alle eine gewisse Euphorie. Neben einer Herausforderung hatte uns der Nachmittag auch eine Menge Spaß gebracht.
Die Verschnaufpause sollte jedoch nicht lange anhalten – nach kurzer Besprechung ziehen wir uns kurz um, um dann in extra gemieteter Straßenbahn zum Presseabend zu fahren. Kurz gesagt: etwa ein Drittel des Restaurants des Dorint Kongresshotels wurde für die Teilnehmer des 132. Jugend Presse Kongresses abgesperrt.
Ein anstrengender aber spannender Tag kommt also zu einem gewaltigen Abschluss mit einem Drei-Gänge-Menü und anschließender Freizeit, die ich mit zwei Freundinnen – einer neuen und einer alten Bekannten – in der Innenstadt Mannheims verbringe.
Am nächsten Morgen ist dann bald Verabschiedung angesagt, was deutlich auf die Stimmung drückt. Ein Wochenende voller Erfahrungen scheint nicht genug, auch wenn sich die Stimmung während der Präsentation der erarbeiteten Beiträge wieder etwas aufhellt.
Die anschließende Infobörse sollte dann überraschenderweise das sein, was ich am meisten in Erinnerung behalten würde: die Journalisten aller Teams stellen sich für Fragen zur Verfügung. Informationen werden verteilt, Karrieremöglichkeiten aufgedeckt – und ausnahmsweise wird mir nicht erzählt, dass ich lieber etwas „Sicheres“ studieren sollte.
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und den Worten „Warum nicht ich?“ verlasse ich gegen Mittag das Plenum, um gemeinsam mit meinen neuen Freunden Mittagessen zu gehen.
Tränen fließen dann beim Abschied nicht – dafür sind zwei Tage eine zu kurze Zeit – aber Handynummern und Umarmungen werden ausgetauscht. Mit der gemieteten Straßenbahn geht es dann gemeinsam zurück zum Hauptbahnhof Mannheim.
Ging von dort aus auch jeder getrennte Wege, werden sich doch einige glückliche Gewinner des Journalistenwettbewerbs in New York wiedersehen. Und vielleicht findet man ja auch seine neu gefundenen Freunde wieder?
Oha, dass man sich hier findet! :) Mir war schon im November klar, dass wir uns nicht zum letzten Mal gesehen haben :D Aber hey, Konkurrentin? Okay, ja, auf gewisse Art und Weise schon. Wie wär's, wenn wir einfach beide nach New York fliegen?
Vielen vielen Dank für deinen lieben Kommentar, hat auf jeden Fall meinen Abend gerettet. Dir ebenfalls viel Glück!
Liebe Grüße,
Solveig
Hallo Solveig oder besser gesagt "Hallo Konkurrentin"! :)
Ich finde es echt super, wie viel Mühe Du Dir mit jedem einzelnen Artikel gibst und bin total begeistert von Deinem Einfallsreichtum.
Wenn jemand die Reise nach New York verdient, dann Du! Ich gönne es Dir auf jeden Fall!
Dieser Artikel hier ist übrigens mein persönlicher Favourit.
Liebe Grüße und viel Erfolg
Cindy :)