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Ein ungleicher Kampf

Globalisierung, Geld, Gewinn: Die Weltwirtschaft boomt, doch nicht alle Völker profitieren vom Saus und Braus der Industrienationen. Der Dokumentarfilmer Eriberto, 35, hat erlebt, wie sich eine Ölfirma auf dem Land seiner indigenen Gemeinde im ecuadorischen Amazonasgebiet ausbreitete – und schließlich wieder abziehen musste.

20. June 2013 - 16:37
SPIESSER-AutorIn millaialfons.
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millaialfons Offline
Beigetreten: 13.02.2012

 

Dies ist ein Beitrag des
SPIESSER Fernweh-Spezials.

 

Ein Hubschrauber landet mit lautem Getöse mitten im ecuadorischen Regenwald. Die Regierung Ecuadors hat einer argentinischen Ölfirma erlaubt, dort nach neuen Ressourcen zu suchen. Schon nach kurzer Zeit kennzeichnen gelbe Absperrbänder die ersten Funde. PELIGRO, „Gefahr“, steht in Großbuchstaben auf den Markierungen geschrieben. „Gefahr“ muss  auch dem Dokumentarfilmer Eriberto Gualinga bei der Ankunft des Helikopters durch den Kopf gegangen sein. Gefahr für sein Zuhause, sein Land, seine Heimat. Gefahr für die Kichwa-Gemeinde Sarayaku im Amazonasgebiet. Eriberto filmt, wie sich die ausländische Firma ihren Weg durch das indigene Gebiet bahnt, nichts ahnend, welcher Kampf noch folgen würde. Das war 2002.

Mehr als nur ein bisschen Grün

Supermarkt, Schule, Spielplatz: Der Regenwald

Die indigene Gemeinde zeigt sich schon damals empört. „Verschwindet und arbeitet auf eurem eigenen Land“, ruft eine Sarayaku-Frau den fremden Männern zu. Der Regenwald ist für das ecuadorische Urvolk mehr als nur grüne Pflanzen, er ist ihr Lebensmittelpunkt: Schule, Universität und Supermarkt zugleich. Die Ankunft der Firma macht den Ureinwohnern Angst. Sie befürchten, der Rohstoffabbau würde nicht nur ihre Umwelt, sondern auch ihre Gemeinschaft zerstören. So, wie sie es schon bei anderen indigenen Gemeinden gesehen hatten.

Doch vor allem macht sich Wut in Eribertos Heimat breit: Verfassungsrechtlich betrachtet hätte die ecuadorische Regierung die Ölarbeiter gar nicht unangekündigt auf das Land der Sarayaku vordringen lassen dürfen. Laut der ILO-Konvention 169 besitzen indigene Völker das Recht auf Konsultation bei Angelegenheiten, die ihr traditionell angestammtes Land betreffen. Demnach müssen indigene Gemeinden frühzeitig in die Planungen einbezogen werden, alle wichtigen Informationen erhalten und ohne Zwang frei entscheiden können. In diesem Fall nicht das Gesetz  nicht nur missachtet, sondern auch wirtschaftlichen Interessen untergeordnet.

Auch in anderen Teilen der Welt wie beispielsweise in Indien stehen die indigenen Völker den ökonomischen Vorhaben der Regierung anscheinend immer wieder im Weg. Statt Traditionen und Umwelt zu schützen, dringt der Rohstoffabbau ungeachtet der Einheimischen in deren Lebensräume vor.

Kleine Gemeinde, großer Gegner

Eribertos Gemeinde beginnt sich gegen die Ölfördung zu wehren – mit Erfolg. Nach andauernden Protesten verlässt das Unternehmen schließlich das indigene Gebiet. Die Sarayaku reichen Klage gegen das Projekt ein und kämpfen in einem jahrelangen Rechtsstreit gegen die Regierung Ecuadors. Im Juli 2012 gewinnen sieden Streit schließlich vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte: Der ecuadorische Staat hat das Recht der Indigenen auf vorherige Konsultation, auf Gemeindeeigentum und kulturelle Identität verletzt. Ein Urteil, das auch für die sechs anderen indigenen Völker in Ecuador wichtig ist. Die ecuadorische Regierung muss den Sarayaku nicht nur eine Entschädigung zahlen, sondern auch die restlichen fast eineinhalb Tonnen Sprengstoff von ihrem Gebiet entfernen.

Eriberto – mal ohne Kamera in der Hand

Eribertos Film „Children of the Jaguar“, den die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mitproduziert hat, dokumentiert die Ereignisse der letzten zehn Jahre. Mit seiner Kamera hielt der 35-Jährige von Anfang an fest, wie uniformierte Männer das Amazonasgebiet durchstreiften, wie sich seine Gemeinde organisierte und schließlich wehrte. Ein scheinbar ungleicher Kampf: Bunter Schmuck und Gesichtsbemalung gegen graue Uniformen. Vorerst konnten ihn die Sarayaku für sich entscheiden.

Ende Juli jährt sich die Entscheidung des Interamerikanischen Gerichtshofes. Dann zeigt sich, ob Ecuador das Urteil umgesetzt hat und bei zukünftigen Projekten ähnliche Konflikte vermeidet, indem die Indigenen von Anfang an konsultiert werden. Nichtsdestotrotz kann Eriberto schon einen anderen Sieg feiern: 2012 gewann sein Film den Preis für den besten Dokumentarfilm des National Geographic All Roads Film Festivals – und macht das Problem der indigenen Völker damit auch über Ecuadors Grenzen hinaus bekannt.

Video: Eriberto Gualinga: Children of Jaguar

Autorin: Milena Zwerenz
Fotos: Amnesty International

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