Es war einmal ein kleiner Junge. Er lebte vor langer Zeit in einem kleinen Dorf. Die meisten Häuser waren noch aus Holz, ein Haus aus Stein konnten nur die wirklich Reichen sich leisten, und es gab nur eine Straße. Ein ganzes Stück entfernt von dem Dorf gab es eine Lichtung, auf der der Junge gerne spielte. Eines Tages, er war etwa 11, da kam ein alter Mann, mit langem weißen Bart und einem freundlichen Lächeln, im Gesicht, ihn besuchen, als er auf der Wiese stand und Blumen pflückte. Das Leben war schön. Sommer, ein laues Lüftchen weht, der Himmel ist blau und er war sicher es gibt einen Gott. "Wie würde es dir gefallen, wenn es für immer so bliebe?“ "Das wär wundervoll! Kannst du das machen?" "Natürlich, aber bist du dir sicher, dass das wirklich das ist, was du willst?" "Ja, ich liebe dieses Leben, ich liebe die Vögel, ich liebe das Gras und ich liebe die Menschen, mit denen ich all das teilen kann." "Gut dann soll es so sein." Und von diesem Tag an blieb die Wiese auf der der Junge stand schön. Im Sommer spielte er mit den Tieren, im Herbst sah er all den bunten Blättern zu, wie sie im Wind tanzten, im Winter machte er Schneemänner, Eishütten und Schneeengel und im Frühling blühten für ihn die schönsten Blumen. Manchmal wenn der Junge in die Schule musste taten ihm die anderen leid, denn sie kannten diese Schönheit nicht und die meisten würden sie selbst dann nicht zu schätzen wissen, wenn sie ihnen gezeigt würde. Und so vergingen einige Jahre. Alles um den Jungen herum wuchs, die Bäume, die die Wiese einrahmten, die Häuser, die er von weitem erkennen konnte, die kleinen Vogelkinder, deren Eltern ihn mit ihrem Gesang erfreuten, bis sie es selbst tun konnten. Und auch seine Mitschüler wurden größer, stärker und erlebten den Irrsinn, des Erwachsenwerdens. Nur er blieb genauso wie er an dem Tag gewesen war, als er den alten Mann traf. Er war glücklich und er glaubte dem Mann, dass es sich nie ändern würde. Nach etwa zehn Jahren, längst ging er nicht mehr zur Schule, denn er blieb viel lieber auf seiner Wiese, da kamen mal wieder Spaziergänger vorbei, es geschah nicht oft, aber wenn, dann störte es ihn nicht. Wenn sie kamen kletterte er meistens auf einen Baum, versteckte sich hinter ein paar Blättern und beobachtete sie. Es war ein frisch verliebtes Pärchen, die häufigste Sorte Leute, die seine Wiese besuchten, denn sie verstanden etwas von dem, dass ihn bewogen hatte "Ja" zu sagen. Doch an diesem Tag stimmte etwas nicht. Es war kein gewöhnliches Liebespaar, das dort vorbei ging. Es waren zwei seiner ehemaligen Mitschüler, sein ehemals bester Freund und das einzige Mädchen, das er damals nicht blöd fand. "Schön für die beiden, dass sie sich gefunden haben, hoffentlich vergeht ihr Glück nicht so schnell, wie das der anderen." das dachte der Junge, weil die anderen Paare, die er gesehen hatte oft nur noch ein oder zweimal, spätestens aber im nächsten Jahr nicht mehr, kamen. Und auch diesmal sollte sein Wunsch in Erfüllung gehen. Die beiden kamen Jahr um Jahr wieder, bald hatten sie auch einen Kinderwagen dabei und später sprang das kleine Mädchen fröhlich auf der Wiese herum. Der Mann baute irgendwann eine kleine Bank an den Rand der Wiese. Dort saßen er und seine Frau oft und wenn sie sich nicht verliebt in die Augen blickten, dann schauten sie der kleinen glücklich beim Spielen zu. Und eines besonders schönen Tages, da kam das Mädchen alleine, wahrscheinlich waren ihre Eltern noch bei der Arbeit. Und als der Junge das Mädchen sah, da verspürte er plötzlich den Drang vom Baum herab zu steigen und mit dem Mädchen zu sprechen. Er ging auf sie zu und plötzlich hatte er den Blumenstrauß, den er vor langer Zeit gepflückt hatte, wieder in der Hand. Die Blumen waren noch genauso schön, wie damals, sie sahen sogar ein wenig aus als gehörten sie gar nicht in diese Welt. Sie umgab derselbe Zauber, der auch in dem Jungen steckte. Das Lächeln der Kleinen, als er ihr die Blumen schenkte, sollte für immer im Gedächtnis des Jungen bleiben, als das schönste, was er je gesehen hatte. Von nun an stieg er immer von seinem Baum herunter, wenn sie kam. Und die beiden spielten miteinander, wie nur Kinder es können. Sie tollten herum, bewarfen einander mit Gras und fielen irgendwann lachend zwischen die Blumen, sie stapften durch den Schnee, rollten gemeinsam Schneebälle und versteckten sich in ihrem "Iglu". Ja, die beiden waren Freunde geworden und der Junge war noch glücklicher als sowieso schon. "Wir bleiben für immer Freunde, oder?" "Na klar, was sonst?" Doch diesmal kam es anders, als er es sich wünschte. Das Mädchen wurde älter und als sie 12 war, wurden die Besuche langsam weniger. Mit 14 kam sie dann gar nicht mehr. Der Junge spürte zum ersten Mal die Trauer und die Leere, die einem nur Einsamkeit ins Herz reißen kann. Wie lange hatte er eigentlich schon seine Eltern nicht mehr besucht? Er beschloss zu ihnen zu gehen. Bereits der Weg zum Haus der Eltern war schwierig zu finden. Er musste ihn wohl über zwanzig Jahre lang nicht gegangen sein. Längst gab es neue Häuser, sogar eine zweite Straße durchzog das alte Dorf. Das Haus seiner Eltern sah anders aus, als er es in Erinnerung hatte. Es war ein wenig größer und auch die Farbe stimmte nicht. Ein Fremder öffnete ihm die Tür. Das alte Ehepaar, dass vor ihm dort gewohnt habe, sei schon vor einiger Zeit gestorben. Der Junge brauchte viel Zeit und noch mehr Tränen um sich von diesem Schlag zu erholen. Doch irgendwie schaffte er es und konnte wieder glücklich mit den Tieren auf seiner Wiese leben. Nur manchmal, da verfolgte ihn das Mädchen in seinen Träumen, doch meistens vergaß er diese Träume schon kurz nachdem er aufgewacht war. Bis eines Tages wieder ein verliebtes Pärchen auf die Wiese kam. Sie war es! Viel schöner noch, als damals. Ihre Haare, waren nicht mehr kurz und blond, sondern hingen in langen Wellen, rot ihren Kopf herab. Ihre Beine waren länger geworden, der Körper hatte sich zur Weiblichkeit geformt, doch er erkannte sie. Er erkannte das Lächeln und das Funkeln in ihren Augen, mit denen sie in die Augen des Fremden blickte. Die beiden setzten sich auf die Bank, die ihr Vater gebaut hatte, lachten und küssten sich. Nicht nur einmal hatte der Junge sich vorgestellt mit ihr so dort zu sitzen, doch nun saß er, ein dummer, kleiner Junge, auf seinem Baum und sie mit einem jungen Mann auf der Bank. Und ihm wurde klar, dass er so etwas nie haben würde, dass seine Blumen und die Tiere zwar schön waren, aber wertlos, wenn er sie mit niemandem teilen konnte, sie keinem hinterlassen würde. Und der Junge weinte schlimmer als jemals zuvor. Diesen Gedanken würde er nicht mehr vergessen. Er verfolgte ihn jeden Tag und raubte ihm jeden Sinn für die Schönheit der Natur. Irgendwann wollte er nicht mehr leben. Er kletterte auf seinen Baum, der nun viele Meter höher war, als an dem Tag, wo der Mann ihn besuchte. Er kletterte bis zur Spitze hinauf, sah sich ein letzes Mal um, entdeckte nichts, wofür es sich zu leben lohnte und sprang. Doch als er auf dem Boden aufschlug, stellte er fest, dass er nicht mal einen Kratzer hatte. Vielleicht hatte er ja etwas falsch gemacht, der Baum war vielleicht nicht hoch genug. Er kletterte also auf den höchsten Baum seiner Lichtung und sprang erneut. Er fiel mindestens 20 Meter tief, auf einen großen Stein, den er beim Sprung genau anvisiert hatte. Doch auch diesmal hatte er nicht mal eine Schürfwunde. Plötzlich wurde ihm klar, dass er seit 50 Jahren nichts mehr gegessen hatte, im Winter nicht gefroren und im Sommer keinen Durst gehabt hatte. Er konnte nicht sterben. Als er das erkannt hatte, war seine Verzweiflung übermächtig. Er wollte nicht mehr leben, doch sterben konnte er nicht. Am liebsten also nichts mehr tun, nie wieder. So wie die Toten. Er grub ein kleines Loch unter den Stein und legte sich hinein. Dort blieb er liegen. Nie wieder sollte er die Kraft finden aufzustehen. Die Welt um ihn herum drehte sich weiter. Die Pflanzen um ihn herum wuchsen, der Boden lebte und sogar der Stein wurde mit den Jahrhunderten größer. Nur er selbst blieb, wie er war. Er lag da in einem Dämmerzustand zwischen Traum und wach sein, zwischen Leben und Tod. Am Anfang sah er nur das Mädchen, dann irgendwann seine Eltern, wie sie starben, bald sah er sich selbst immer wieder sterben. Doch mit der Zeit hörte das auf, er sah fremde Menschen, wie ihnen das Herz gebrochen wurde, wie sie weinten, wie sie starben und er weinte manchmal mit ihnen und zwischen all den gebrochenen und sterbenden Seelen, sah er immer wieder ihr Gesicht, wie sie lachte, wie es in ihren Augen funkelte. Viele Selbstmörder spüren in dem Moment, in dem sie sterben, die Umarmung eines kleinen Jungen und eine Träne, die sich nass an ihre Brust drückt. Der Stein, der manchmal schluchzte und vor dem sich in Kriegszeiten immer eine kleine Pfütze sammelte, war in den Generationen, die noch nicht den Sinn für die Wunder dieser Welt verloren hatten eine kleine Attraktion. Nur der Blumenstrauß, der nie verwelkt, ist auch heute noch ein Erbstück in der Familie des Mädchens. Er wird seit mehreren Jahrhunderten in Ehre gehalten. Auch wenn er kein Wasser braucht so steht er trotzdem in einer Vase, die mit drei Fingern breit Wasser gefüllt ist, denn so sehen die Blumen am schönsten aus. Über einige Generationen wurde die Geschichte des Straußes noch weiter gegeben, aber längst schon hat man in dieser Familie den kleinen Jungen vergessen. Doch solange der Strauß in seiner Vase mit Wasser, auf der Fensterbank, steht, prallen die großen Unglücke an dieser Familie ab. Ihre Mitglieder sind nicht jeden Tag glücklich, oft streiten sie sogar, doch am Ende finden sie immer wieder zusammen und es geht weiter. Ein neues Kind wird geboren, lernt die Welt kennen, findet Liebe und bekommt ein Blumenstrauß geschenkt...
Dankeschön:)
Schöne Geschichte! :)
Ich denke mir gerade so, dass man daraus eine tolle Matheaufgabe machen könnte.^^
Die waren für mehrere Dinge nötig.
Zum einen natürlich die Zeitspanne, weil das sonst mit dem Tod der eigenen Eltern nicht hingehauen hätte.
Aber an diesen Eltern sollte eben auch das andere Leben gezeigt werden. Außerdem hatte der Junge das Gefühl, dass ihn niemand versteht (vielleicht hab ich das nicht ganz so gut herausgearbeitet) und über die Eltern sollte jemand eingeführt werden, der wirklich zu ihm passen würde, aber im realen Leben, viel zu jung für ihn gewesen wäre und in der Geschichte zu alt für ihn wird. Die Tragik des Umstands immer in der Zeit, in der man lebt, verhaftet zu sein.
Es gibt Leute die glauben das Gegenteil.
Geschichten von unsterblichen Wesen, die sehr glücklich sind. ;)
Ich versteh nicht was das sollte mit den Eltern des Mädchens... Sollte das nur die Zeitspanne verdeutlichen? Auch sonst waren ein paar Längen drin.
Aber die Idee, dass die Unsterblichkeit nicht glücklich macht (welche nicht neu ist) ist schön. Vor allem das Beispiel mit der Wiese, die den Jungen so lange glücklich macht. Aber das ganze zeigt auch, dass man die wunderschönen kleinen Momente leider nicht für immer festhalten darf. Auch wenn sie von schlechten abgelöst werden... :(
Fast hätte ich euch noch verwechselt :O
;D