Hallo,
mein Name ist Johannes Blank und ich bin am 20.April 1883 in Cloppenburg geboren. ich habe zwei Töchter und einen Sohn. Meine Frau Marianne Blank ist gebürtige Berlinerin. Als ich sie auf der Studienfahrt in Berlin 1908 das erste Mal sah, wusste ich, dass diese Frau die Mutter meiner Kinder sein wird. Da ist es doch selbstverständlich, dass der Ehemann für so eine Frau sorgt und die Familie vor jedem Unheil schützt.
Nach meinem Studium im Maschinenbau bekam ich ein Angebot als Ingenieur in einer Fabrik in Bayern. Meine Frau, ein Engel auf Erden, unterstütze und befürwortete das sofort und so zogen wir 1920 mit der Familie in das weit entfernte Bayern. Ich war glücklich. Meine Frau unterrichtete Kinder in Musik und unsere Kinder waren lieb, laut und manchmal genau so temperamentvoll wie die Mutter. Wir waren glücklich. Niemand hätte geahnt was auf uns noch zukommen würde. Durch die Arbeit kam ich in Kontakt mit der Bayerischen Volkspartei "Zentrum". Schnell wurde ich Mitglied und arrangierte mich für die Belange meiner Genossen. In der Politik war ich ein Neuling, aber schnell lernte ich an Diskussionen teilzunehmen und spezialisierte mich auf die Forschung neuer Technologien.
Im Jahr 1930 entschied der Parteivorsitzende des Zentrums mich nach Berlin zu entsenden, in den Reichstag. Ich war nun Abgeordneter des Reichstages. Das bedeutete leider, dass ich meine Familie lange nicht sehen kann, aber wir kannten das ja kaum anders. Zu oft musste ich meine Marianne mit den Kindern alleine lassen und zu oft habe ich meiner Frau Kummer gemacht. Doch auch dieses Mal stärkte sie mir den Rücken und ich ließ sie zurück. Verzeih mir.
Als ich am 01.06.1930 in Berlin ankam, stellten mir immer wieder Männer Fragen, wie "Bist du Kommunist oder eine linke Bazille?". ich las viel von den Nazis, aber was ich in Berlin sah, war einfach nur grauenhaft, anders kann ich es nicht beschreiben. Ich wusste, dass es Menschen mit einer bestimmten Überzeugung gab, aber ich durfte niemals so werden.
Die Männer in den Uniformen, die mich zu meiner Unterkunft fuhren, redeten im Flüsterton zueinander: "Überprüfen Sie seinen Stammbaum", der eine Mann zeigte auf seinen mit Nummern vollgeschriebenen Schreibblock. Ich sah was passierte, aber erst später wusste ich um die Bedeutung des Bruchstückes. Und ich war ein Teil davon. Ich habe alles ignoriert was schädlich war, ich wog mich in Sicherheit. Alles in meinem Leben lief wunderbar, ich verdiente in der schlimmsten Zeit der Inflation gut,ich liebte diese wundervolle Frau, ich überlebte diesen grauenhaften Krieg und ich war Vater dreier Kinder. Ich war blind vor Glück.
An meinem ersten Tag als Abgeordneter im Reichstag schaute ich mir alle Büros an und schloss Bekanntschaften. Unter anderem mit einem Mann namens Otto Wels, Sozialdemokrat, die Nazis verachteten ihn ganz besonders, denn sie wussten genau wie gefährlich Wels für sie werden kann. Für mich war er ein guter Redner und standfester Trinker. Wir trafen oft zusammen und erzählten uns gegenseitig von unseren Familien und Abends dann ging ich alleine in meine Ein-Zimmer Wohnung und träumte von meiner Frau...
{Marianne}
... Was ich mache? Ich bin Hausfrau und Mutter dreier Kinder. Ab und zu unterrichte ich Kinder in Musik, in diesen schweren Zeiten natürlich unentgeltlich, aber nur wenn die Kinder Talent haben. Mein Mann wurde Politiker und ich blieb Zuhause mit den Kindern. Das machte mir nichts aus, mein Mann war sowieso fast nie Zuhause. Er ist und bleibt ein Tüftler. Eine musste ja vernünftig sein. Mein Mädchenname lautet Marianne Rosenberg und ich bin am 30.01.1886 in Berlin geboren. Ich wollte Musikerin werden und eines Abends dann traf ich in einer Studentenbar in Berlin 1908 diesen gut aussehenden Mann. Ich sollte singen aber er brachte mich so durcheinander, dass ich glatt den Text vergessen hatte.
1911 heirateten wir in Cloppenburg und im nächsten Jahr kam unsere erste Tochter Hannelore zur Welt. 1915 kam Andrea und 1919 der kleine Martin zur Welt. Ich bin so glücklich, dass mein Martin noch so jung ist und nicht von den Nazis rekrutiert wird. Mein Mann ist jetzt schon zwei Jahre fort, wenn er zurückkehrt wird er seinen Heimatort nicht mehr wieder erkennen, überall laufen die Uniformierten SA-Männer herum und in München sind alle Wände mit rechter Propaganda beklebt. Ich erwischte einmal meinen Sohn, wie er im Hinterhof lauter dieser Plakate verbrannte. Schnell löschte ich das Feuer und sah die Asche in der Luft schweben, da vermisste ich meinen Johannes. Mein Mann war eine Frohnatur, ein Optimist vor dem Herren, in seinen Augen war die Welt viel zu gut aber ich wusste, dass er ein gutes Gefühl dafür hatte was richtig sei, deshalb ließ ich ihn erst nach Berlin gehen obwohl ich ganz genau weiß wie es dort zugeht.
In Berlin würde ihm ganz sicher nichts passieren, am liebsten hätte ich ihm die Kinder gegeben, bei ihm sind sie sicher. Bei mir nicht. Ich bin keine Frohnatur. Ich habe da diese Belastung. Meinen eigenen Namen. Der Name meines Vaters lautet Marcel David Rosenberg. Ich bin halbe Jüdin und das habe ich immer spüren müssen. Ich habe zwar das Wahlrecht, aber nicht die Wahl aus meiner Haut zu schlüpfen, ich habe jeden Tag angst raus zu gehen und ich warte jetzt, im Jahre 1932, auf ein klopfen an der Tür. Mit jedem Jahr wuchs die angst, doch erst am 30. Januar 1933, an meinem 47. Geburtstag klopfte es an der Tür, ich telefonierte nach drei Monaten mit meinem Mann und bat Andrea die Tür zu öffnen. O' Meine liebe Tochter war immer gehorsam, natürlich machte sie auch an diesem Tag die Tür auf.
Fünf Männer in Uniformen betraten mein Haus und griffen sich erst die Kinder und dann mich. Meine älteste Tochter, Hannelore, 21 Jahre alt, war zu Besuch mit ihrem 9 Monate alten Sohn Helmuth. Sie war schon aus dem Haus gezogen und wollte doch nur ihre alte Mama besuchen. Mein Mann musste sich das Geschrei am Telefon mit anhören und wusste sofort was passiert und trotzdem war er ohnmächtig...
{Johannes}
... Schon seit über einem Monat wusste ich nicht wie es meiner Frau, meinen Kindern und meinem Enkel ergeht. Ich bange jede Sekunde um ihr Leben, und dennoch muss ich jetzt Haltung bewahren, denn es gibt einen Weg meine Lieben zu befreien. Ich hatte einen Termin mit meinen Genossen, es war mitten in der Nacht, wir tauschten uns aus und erkannten, dass die NSDAP viele Familien der anderen Parteimitgliedern entzweit hat, wir wusste nur nicht warum. Wussten.
Wir beschlossen unsere Diskussion zu vertagen und näheres über die Zwischenfälle herauszufinden, doch so weit kam es nie. Ich weiß es noch genau, es war so schrecklich. Nachts hörte ich den Feueralarm und als ich die Augen öffnete und aus dem Fenster schaute bekam ich fast einen Sehsturz. Der Reichstag brannte lichterloh! Ich rannte auf die Straße und traf auf Genossen. Auf uns rannten Männer im Schlafrock zu und riefen "Kommunisten!". Am nächsten Tag in der Zeitung las ich dann über die angebliche Brandstiftung eines holländischen Kommunisten. Mir war sofort bewusst, dass ein einzelner Mensch niemals in der Lage ist, so ein großes Feuer zu errichten.
Nach einer Woche war der Reichstagsbrand noch immer Gesprächsthema.
Auf meinem Bürotisch lag eine Einladung für eine Plenarsitzung für den 23. März 1933. Betreff war "Antrag zum Ermächtigungsgesetz" und die Bitte, nein, die Aufforderung, alle Abgeordneten des Zentrums mögen zu diesem Termin erscheinen.
23.03.1933:
Als ich den Plenarsaal betrat war die linke Seite der Sitze überwiegend Braun. Männer in Uniformen nahmen auf den provisorischen und klapprigen Stühlen platz. Ich setzte mich auf meinen Stuhl und beobachtete das Geschehen. Wir von Zentrum wussten ganz genau, dass alles was sich in dieser Sekunde hier abspielt nur Schauspielerei ist. Ich erkannte sofort die Mehrheit und ich erkannte auch sofort das fehlende Puzzleteil. Ich. Ich war es. Das Ermächtigungsgesetz, der Brand, die Entführung der Familien meiner Genossen. Meine Familie. Ich sollte für die Diktatur und für die absolute Macht Adolf Hitlers stimmen. Ich.
Als Otto Wels redete, hörte ich kaum zu. Ich sah zur Seite der Sozialdemokraten, sie waren zu wenige um dagegen zu stimmen, viele Abgeordnete wurden weggeschafft oder waren im Exil.
ich muss meine Marianne zurückholen, um jeden Preis, ich habe noch nicht aufgehört sie zu lieben. Otto Wels beendete seine Rede mit "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht!". Ich stimme mit "Ja".
Gegen die Demokratie, für meine Marianne.
Nur weil's rein fiktiv ist, kannst du dir nicht einfach irgendwas ausdenken. Denn deine Geschichte lebt vorallem davon, dass man, wenn man sie liest denkt, es könnte so eine Familie Blank gegeben haben, aber dafür muss man sich schon an das historische Bild halten.
Ich hab hier auch nen Wikipedia-Artikel für dich, der belegt, dass Hitler ganz locker auf die Zentrumspartei verzichten konnte: http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_M%C3%A4rz_1933
Die DNVP hatte sich nämlich schon völlig freiwillig mit den Nazis ins Bett gelegt...
Und was soll denn bitte das mit dem Reichstagsbrand heißen? Ja, die Nazis haben den Reichstagsbrand als Vorwand für ein echt mieses Gesetz genommen, aber frag dich mal was der Patriot ACt ist und welche Rolle der 11.September dabei spielt...
Zur SS: Die SS war bis zur Machtübernahme (genauer gesagt bis zum "Röhmputsch" 1934) nur eine winzige Organisation, die vorallem Hitler schützen sollte. Die hatten gar keine Zeit für sowas.
Es wäre aber dennoch gefährlich gewesen das Zentrum außer Acht zu lassen. Wieso diskutieren wir eigentlich darüber wie strategisch die NSDAP an die Macht gekommen ist? Fakt ist, dass diese Partei über die Grenzen gegangen ist. Der Reichstagsbrand zeigt es doch. Außerdem hatte sie zu der Zeit keine Macht über das Militär, aber in Bayern ihre SS-Leute, und denen war ja wirklich jede Obrigkeit, bis auf ihren Führer, egal.
Die Sache mit der Familie, ich sage ja, sie ist rein fiktiv. Es gibt keine Familie Blank, die eine solche Geschichte erlebt hat. Lasst mal etwas Fantasie spielen.
Die NSdAP war die stärkste Partei, aber hatte keine alleinige Mehrheit. Das bedeutet keine Kontrolle über Polizei und Militär. Das wiederum bedeutet, dass sie nur begrenzt Schandtaten begehen konnten. Wenn es um Juden oder Kommunisten ging hat die Polizei gerne mal weggesehen (oder sogar mitgemacht) ABER: Zu dieser Zeit konnten sich die Nationalsozialisten auch nicht alles erlauben.
Und dazu gehört auch die Frau eines Reichstagsabgeordneten, der Zentrumspartei, im erzchristlichen Bayern, zu entführen.
Ganz abgesehen davon hatten sie das gar nicht nötig. Nach Ächtung der KPD hatten sie bereits mit den anderen "Volksparteien" DVP, BVP und DNVP bereits genug Stimmen und brauchten gar kein Zentrum...
Ich verweise hiermit auf diesen Wikipedia-Eintrag:
http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_Juli_1932
Die NSDAP war stärkste Partei, durch vertreiben der Sozialdemokraten und das Erzwingen der Stimmen vom Zentrum hätte sie die Mehrheit im Parlament bekommen. Und außerdem: Das Ermächtigungsgesetz haben sie ja eben durch wahlen durchgeboxt, wenn auch mit nicht sehr demokratischen Mitteln...
Wichtig war, die KPD, nach NSDAP und SPD die stärkste Partei, auszuklinken. Mit dem Reichstagsbrand und dem angeblichen, kommunistischen Brandstifter war die Mehrheitsfrage somit erledigt.
Aber historisch betrachtet steht das, meiner Ansicht nach, auf sehr wackeligen Füßen.
Diese nahezu allgegenwärtige Macht hatte die NSdAP zu diesem Zeitpunkt nicht, sie hatte ja nichtmal eine Mehrheit im Parlament und Hitler war gerade erst Kanzler geworden und noch lange nicht gefestigt genug um Mitglieder einer Partei, die sowieso eher auf seiner Seite stand, derartig unter Druck zu setzen...
Ja, die Personen der Familie Blank sind alle fiktiv. Ich habe quasi eine Familie die es eigentlich gar nicht gibt in eine reale, sehr dunkle Zeit gesteckt und geschaut was sich daraus entwickelt. Das sind alles sehr reale Umstände, die zu dieser falschen Entscheidung geführt haben.
Das könnte man immer so machen, und man könnte sich diese schwierige Zeit auch heraus dramatisieren. In diesen Zeiten ist es wohl am wenigsten schwer.
Und genau das ist der Grund, warum sich so etwas immer wiederholen kann, trotz aller Auf- und Erklärungen und Mahnungen. Weil jemand den anderen mit Gewalt gegenüber dessen Familie (oder andere Verbindungen mit stark emotionalem Hintergrund) in der Hand hat.