Junge, Mädchen oder unbestimmt? SPIESSER-Autorin TinyTina hat sich über das Thema Intersexualität informiert und kam dabei nicht um ein neues Gesetz herum. Ob das wirklich so fortschrittlich ist, hält sie für fraglich.
12. November 2013 - 14:19 SPIESSER-Autorin TinyTina.
Vor Kurzem habe ich die Doku "Tabu Intersexualität – Menschen zwischen den Geschlechtern“ gesehen. Darin erzählen Intersexuelle von ihrem Leben, ihren Erfahrungen und davon, welche Probleme sie aufgrund ihrer Intersexualität haben. So etwa auch ein Kind names Inge: Es entscheidet spontan, was es auf die Frage: "Bist du ein Junge oder ein Mädchen?“ antwortet. Mal fühlt es sich als Mädchen, mal als Junge und manchmal wie beides.
Die Geschichten in der Doku haben mich erschreckt und fasziniert zugleich. So sehr, dass ich unbedingt mehr über das Thema Intersexualität wissen wollte – und dabei über das geänderte Personenstandsgesetz vom 1. November 2013 gestolpert bin.
Als intersexuell werden Menschen bezeichnet, die auf Basis ihrer Geschlechtschromosomen, -hormone oder -organe nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können.
Jährlich kommen in Deutschland schätzungsweise 300 bis 400 Babys auf die Welt, bei denen man das Geschlecht nicht eindeutig bestimmen kann. Welche Folgen das für die Betroffenen haben kann, berichten etwa die xy-Frauen auf ihrer Homepage. Die meisten von ihnen wurden kurz nach der Geburt von verunsicherten Eltern und überforderten Medizinern in eine Rolle gepresst. An ihnen wurden Operationen vorgenommen, die an Genitalverstümmelung grenzen und sie wurden von klein auf mit Hormonen vollgepumpt. Die Folgen solcher Behandlungen sind den Eltern meist nicht bewusst: Viele Kinder fühlen sich falsch in ihrem Körper, sie fühlen sich weder als Mann noch als Frau und wissen nicht warum.
Das geänderte Personenstandsgesetz: § 22 Fehlende Angaben
"Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen."
Durch die Änderung im Personenstandsgesetz müssen Eltern intersexueller Kinder bei der Geburt nicht mehr deren Geschlecht eintragen. Klingt ja erstmal ganz gut, denkt man. Das Problem ist aber, dass die Eltern es auch nicht mehr dürfen. Das Feld „Geschlecht" bleibt leer. Die Kinder undefiniert.Völlig ungeklärt ist bislang, ob sie sich irgendwann für ein Geschlecht entscheiden müssen.
Schritt nach vorne - oder zurück?
Foto: Vivianna_love/flickr CC
Dabei gab es schon seit 2009 die Möglichkeit, das Geschlecht optional unbestimmt zu lassen, bis sich das Kind für "männlich" oder "weiblich" entscheidet - oder die Zuweisung unbefristet offen zu lassen. Im Prinzip ist das neue Gesetz also ein Schritt zurück, ein "Geschlechtseintrag-Verbot". Dabei haben Intersexuelle doch ein Geschlecht, aber eben ein anderes.
Immerhin ist Intersexualität auch in anderen Bereichen gar nicht so ungewöhnlich: Es gibt intersexuelle alt-babylonische Götter und im Tierreich finden sich viele intersexuelle Lebewesen, zum Beispiel die süßen kleinen Clownfische. Wäre es da nicht sinnvoller über ein neues Geschlecht „Intersex" nachzudenken? Letztlich wird sich gesellschaftlich doch nur etwas ändern, wenn wir lernen, offen mit Intersexualität umzugehen. In Australien gibt es bereits die Möglichkeit "Different“ ("X") anzukreuzen – warum also nicht auch hier?
Text: Tina Fahle
Teaserfoto: Tsahi Levent-Levi
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https://youtu.be/dc3EW7fgqk8
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[Bild:1]
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mxk
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