10 Monate, 302 Tage, 7.248 Stunden und 434.880 Minuten war Wibke als Austauschschülerin in Kalifornien. Jetzt ist alles schon vorbei und es geht ab nach Hause.
„Time is flying when you’re having fun“, sagte meine Gastmutter zu mir, als ich am 04.Juni mit gepackten Koffern in ihr Auto stieg, um zum Flughafen zu fahren. Es kam mir vor, als hätte ich gerade erst allen meinen deutschen Freunden zu Hause Tschüss gesagt und jetzt war mein kalifornisches Leben bereits in zwei Riesenkoffern verschwunden, ich hatte mein Flugticket in der Hand und war bereit, wieder zurück nach Deutschland zu fliegen.
Als ich dann auch schon auf dem Weg zum Flughafen im Auto saß, spielten sich wie im Film die letzten Monate meines Austauschjahres noch einmal vor meinem inneren Auge ab. Im März war das Schuljahr schon fast zu Ende und es war Zeit für den allerseits bekannten und kitschigen „Prom“, den letzten offiziellen Tanz der Schule. Natürlich wollte ich diese Erfahrung nicht missen und so wurde ich von meinem Date mit einer riesigen Limousine abends zu Hause abgeholt.
Das Wetter spielte uns allerdings einen Streich und so rutschte ich in meinem HighHeels und dem festlichen Kleid durch den Regen, um so schnell es ging in den von der Schule gemieteten Tanzsaal zu gelangen. Dort empfingen uns ein Schokoladenbrunnen mit Erdbeeren und eine Eiscremebar, an der ich die Hälfte des Abends verbrachte. Hierzu möchte ich stolz einschieben, dass es mir tatsächlich gelang, keinen einzigen Schockofleck auf mein weißes Kleid zu kleckern, was mir selbst bei meiner Kommunion nicht geglückt war. Und auch wenn der DJ ein wenig zu wünschen übrig ließ und die Tanzart der Amerikaner sehr gewöhnungsbedürftig ist, hatte ich einen schönen Abend und stimmte am Ende sogar in das auf und ab Wackeln auf der Tanzfläche ein.
Danach kam natürlich Ostern und da Feiertage in Kalifornien überhaupt nicht groß gefeiert werden und sogar alle Geschäfte den ganzen Tag aufhaben, fuhren meine beste Freundin, die ja auch ihren Austausch in Kalifornien machte, zusammen ins Disneyland in Los Angeles. Dieser Ausflug war ein absolutes Highlight im ganzen Jahr und auch Mickey und Minnie Mouse schossen ein Foto mit uns Deutschen. Wir rasten die Achterbahnen rauf und runter, fuhren durch Peter Pans und Pinocchios Welt und trafen sogar Winnie Pooh. Bevor wir wieder zu unseren Gastfamilien zurückfuhren, machten wir außerdem einen Abstecher nach Hollywood und liefen den „Walk of Fame“ entlang. Hier trafen wir auf eine Michael Jackson Version, die seinem Abbild nicht mehr hätte ähneln können. Außerdem trafen wir hier super viele Touristen und hörten sogar einige Fetzen der deutschen Sprache. Wir sind einfach überall.
Im Mai war hier dann auch schon der letzte Schultag und wir bekamen unser Yearbook, in dem alle Schüler und natürlich jetzt auch ich festgehalten wurden. Meine Geschichtsklasse überreichte mir einen riesigen Fotorahmen mit allen Unterschriften, der mich sehr rührte und mich dann sogar noch ein zweites Mal zu Tränen brachte, als ich ihn nicht in den Koffer bekam. Nach reichlichem Umpacken gelang es dann aber doch.
In meine Taschen bekam ich übrigens so einiges gequetscht und so erhielt einer der Koffer dann einen schönen Aufkleber der Fluggesellschaft auf dem stand, dass er zehn Kilogramm Übergewicht hatte und doch bitte nur zu zweit gehoben werden sollte. In Frankfurt angekommen half mir also ein netter Mann im Karoshirt, mein Riesenteil vom Rollband zu hieven und schon zuckelte ich mit meinem Gepäckwagen in Richtung Ausgang. Mit pochendem Herzen hörte ich auch schon nach wenigen Sekunden meinen Papa „Hier sind wir, hier!“, schreien und meine Mama kam mit hüpfendem Smilie-Ballon auf mich zugerannt. „Endlich sind wir wieder komplett“, schnieften wir und wurden von allen anderen Flughafengästen mit lächelnden Blicken betrachtet. Zu Hause angekommen, begrüßten mich außerdem noch meine Freunde mit einer Grill-Überraschungsparty und dank Adrenalinschub war ich trotz 24 Stunden ohne Schlaf putzmunter. Mit lautem Gebrabbel erzählten mir alle wild durcheinander die neusten Dorfgeschichten und nach ungefähr fünf Minuten fing es dann auch wieder an zu regnen. Tief atmete ich durch und lächelte: Home Sweet Home.