SPIESSER unterwegs

Schielende Herzen

In weniger als zwei Wochen geht für Lina von Brasilien zurück nach Deutschland. Gibt es ein Leben nach dem brasilianischen Winter?

01. August 2010 - 17:53
von SPIESSER-Autorin Lina.
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Lina Offline
Beigetreten: 18.05.2009

Brasilianer wissen: Europäer duschen nur einmal in der Woche.

13. Januar: Als ich mich  für mein Weltwärts-Jahr beworben habe, war mein Vater völlig begeistert von der ganzen Sache. Schließlich kann so ein Jahr im Ausland vieles bewirken: Man wird selbständiger, selbstbewusster, toleranter, gelassener …

So jedenfalls malte ich mir das aus. Mein Vater wohl auch. Was er aber fast noch besser fand: Ich würde garantiert meinen von ihm attestierten Waschzwang loswerden!

Waschzwang zwangsläufig weg?

Stand ja schließlich auf jeder Bewerbungs-Website, dass man im Gastland mit einem „einfacheren Lebensstandard“ zurecht kommen müsse. So mitten auf dem Land, in einer ärmeren Gegend ohne fließendes Wasser entwickelt man zwangsläufig ein gemäßigtes Verhältnis zu Hygiene. Soweit die Logik meines Vaters. Der Ahnungslose.

Mittlerweile wohne ich in einer brasilianischen Großstadt. Hier wird bestimmt nicht weniger geduscht, als irgendwo in Deutschland. Wenn man uns hier eines eingebläut hat, dann ist es gründliche Körperhygiene. Das ist aber auch gut so, denn eines der brasilianischen Vorurteile gegenüber Europäern ist, dass sie stinken würden.

Lina ist zurzeit mit dem „Weltwärts-Programm“ in Brasilien. Dort macht sie einen Freiwilligendienst und arbeitet in einer sozialen Einrichtung mit Kindern zusammen. Währenddessen wohnt sie bei einer brasilianischen Familie.
Jede Woche schreibt sie, was sie erlebt. Nachlesen könnt ihr das in diesem Tagebuch. Vorherige Artikel findet ihr, indem ihr unten auf der Website die verschiedenen Zahlen anklickt.

Ich wurde schon – nur halb scherzhaft – gefragt, ob wir wirklich nur alle zehn Tage duschen.

Wahrheitsgemäß habe ich geantwortet, dass die meisten meiner Bekannten sich jeden, oder zumindest alle zwei Tage unters Wasser stellen. Also ist etwa die Hälfte meiner Bekannten, die Fraktion der Täglich-Duscher, normal (also brasilianisch normal).

Ich habe eine Stinkphopie

Über die andere Hälfte freut man sich auch, denn die bestätigen ja die Vorurteile. Dass es in Deutschland gerade ungefähr 40 Grad kälter ist als hier, gilt meistens nicht als Entschuldigung.

Auch in Sachen Kleidung sind wir Europäer anscheinend echte Schmuddelkinder. Immerhin wurden wir von unserer Organisation mehrmals gebeten, Jeans doch bitte nicht länger als zwei Tage und T- Shirts niemals öfter als einen Tag lang zu tragen. Mittlerweile habe ich eine richtige Phobie zu stinken. Früher hat wenigstens nur mein Vater Witze über mein zwanghaftes „Achselschnüffeln“ gemacht.

Übers Ziel hinaus geschossen

Das kennen jetzt schon fast alle meiner Bekannten. Vielleicht übertreibe ich ja wirklich ein bisschen? Neulich hatte ich jedenfalls eine Art Problemgespräch mit meiner Gastmutter. Sie hat gefragt, ob ich nicht mal ein bisschen seltener meine Klamotten waschen könnte. Mein Vater wäre begeistert.

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Kommentare

18 Kommentare
  • ich habe deinen artikel mit interesse durchgelesen (naja ich hab nicht alles gelesen) weil meine mutter brasilianerin ist und meine "halbe" familie dort lebt. dass du an diesem projekt teilgenommen hast finde ich super und ich hatte mir auch schon überlegt sowas in der richtung zu machen. was ich sehr interessant fand war eine andere sicht (deine) auf brasilien zu bekommen.ich bin dort teils aufgewachsen und für mich bleibt der große kulturschock aus wenn ich mal wieder dorthin komme-ich kenne ja schon alles...manche dinge von denen du brichtet hast waren komisch weil sie eben für mich so ....normal waren^^ naja das musst du jetzt nicht verstehen....=)
    trotzdem danke für den artikel, die artikel.....wie auch immer lg

  • ich will auch brezeln und freibier!

  • Ich glaub, die zweite Hälfte geht sogar noch schneller rum,liebe Lina...Genieß einfach die Zeit, mach nur das, auf was du Lust hast und pack den bedrückenden Abstreichkalender vielleicht erstmal vier Wochen weg, so schön er auch sein mag.
    Tu einfach das, was du für richtig hälst und was du in dem Moment am liebsten machen würdest.
    Wenn du nochmal etwas entdecken möchtest, eine Stadt sehen möchtest, kannst du das später immer noch als Tourist tun, finde ich. Doch als Mensch mit Alltag, als integriertes Familienmitglied kommst du nie wieder zurück. Diese Zeit solltest du nutzen.=) Liebe Grüße nach Brasilien!

  • "Blöd wie wir waren haben wir unsere Funde auch bei ihm wieder abgegeben. Günstig für meine Eltern, die konnten dieselben Eier fünf mal vor uns hinwerfen. Gemerkt haben wir das nie."

    Da musste ich doch gerade kurz mal lachen :D

  • ist toll :)

  • Uh, das mit den Schönheits-OPs klingt ja schrecklich! Mich würde interessieren, ob diejenigen schlecht angesehen sind, die sich nicht unters Messer legen. Hast du da schon mal was erlebt?

  • ... nur leider sehen einseitig denkende Menschen
    auch nur eine Seite ;)

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