SPIESSER unterwegs

Schielende Herzen

In weniger als zwei Wochen geht für Lina von Brasilien zurück nach Deutschland. Gibt es ein Leben nach dem brasilianischen Winter?

01. August 2010 - 17:53
von SPIESSER-Autorin Lina.
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Lina Offline
Beigetreten: 18.05.2009

Life in plastic, it’s fantastic: Mehr als 1.200 Brasilianerinnen und Brasilianer legen sich täglich für die Schöhnheit unters Messer.

Mein Reiseführer beschreibt Brasilien als Land des Fußballs und der schönen Frauen. Damit zumindest der zweite Teil so bleibt, wird dem Aussehen hier oft und gerne chirurgisch nachgeholfen. Seit Jahren ist Brasilien in den Ranglisten der Länder mit den meisten plastischen Operationen ganz vorne dabei.

Smalltalk über Plastiknasen

Bei meinem ersten Brasilien-Besuch war ich über das Thema Schönheits-OPs noch nicht aufgeklärt. Als eine neue Bekannte so ungefähr im dritten Satz mit den Worten „it’s plastic“ auf ihre Nase zeigte, war ich noch verwundert. Heute weiß ich: Das ist normaler Smalltalk.

Während es Deutschen eher peinlich ist, der Schönheit nachgeholfen zu haben, gilt das hier als logische Konsequenz. Du hast keine Brüste? Dann mach dir welche! Warum auch nicht, wenn Nase und Brüste im Paket schon für unter 2.000 Euro zu haben sind. Ein echtes Schnäppchen! Und für den Chirurgen immer noch ein gutes Geschäft, kommen doch viele Ausländer extra wegen der billigen OPs hierher.

Manche Mädchen bekommen ihre erste Operation schon zum hier groß gefeierten 15. Geburtstag geschenkt. Klar, das ist eine Investition in die Zukunft. Schließlich haben schönere Menschen in allen Ländern der Welt bessere Jobchancen. Aber dass man deswegen an einem sich noch entwickelnden Körper herumschneidet, finde ich doch ziemlich fragwürdig.

Im Club der falschen Brüste

In höheren Kreisen gehört die OP anscheinend zum Aufnahmeritus. Neulich, in einem schickeren Club, hat es bestimmt eine halbe Stunde gedauert, bis mir das erste Mal ein Paar echt aussehender Brüste begegnet ist. Da hatte ich mich schon gefragt, ob ich mit meiner Körbchengröße überhaupt zur Anwesenheit berechtigt bin. Die richtige Frage wäre wohl gewesen, was derart manipulierte Schönheit noch wert ist.

Lina ist zurzeit mit dem „Weltwärts-Programm“ in Brasilien. Dort macht sie einen Freiwilligendienst und arbeitet in einer sozialen Einrichtung mit Kindern zusammen. Währenddessen wohnt sie bei einer brasilianischen Familie. Jede Woche schreibt sie, was sie erlebt. Nachlesen könnt ihr das in diesem Tagebuch. Vorherige Artikel findet ihr, indem ihr unten auf der Website die verschiedenen Zahlen anklickt.

Auch das Schönheitsideal folgt irgendeiner Mode und die ändert sich. Vor etwa zehn Jahren waren in Brasilien noch Brustverkleinerungen in. Das sah europäisch schick aus. Heute gilt wohl eher: viel hilft viel. In zehn Jahren ist dann vielleicht natürliche Schönheit modern.

Bis dahin würde bestimmt schon eine Menge bringen, wenn sich die Hälfte der OP-Kandidaten mal Fotos von schief gegangenen Operationen angucken würde. Oder wenn Kindern nicht „wer schön sein will muss leiden“ erzählt würde, sondern „wer schön sein will, muss bereit sein, bei einer Schönheits-OP wegen einem Ärzte-Patzer zu sterben“. Aber das sagt sich irgendwie nicht so gut.

Brasilianer lassen sich nicht nur gern operieren, sondern duschen auch gern. Darüber mehr auf der nächsten Seite.

Teaserfoto: Paul-Georg Meister/pixelio.de

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Kommentare

18 Kommentare
  • ich habe deinen artikel mit interesse durchgelesen (naja ich hab nicht alles gelesen) weil meine mutter brasilianerin ist und meine "halbe" familie dort lebt. dass du an diesem projekt teilgenommen hast finde ich super und ich hatte mir auch schon überlegt sowas in der richtung zu machen. was ich sehr interessant fand war eine andere sicht (deine) auf brasilien zu bekommen.ich bin dort teils aufgewachsen und für mich bleibt der große kulturschock aus wenn ich mal wieder dorthin komme-ich kenne ja schon alles...manche dinge von denen du brichtet hast waren komisch weil sie eben für mich so ....normal waren^^ naja das musst du jetzt nicht verstehen....=)
    trotzdem danke für den artikel, die artikel.....wie auch immer lg

  • ich will auch brezeln und freibier!

  • Ich glaub, die zweite Hälfte geht sogar noch schneller rum,liebe Lina...Genieß einfach die Zeit, mach nur das, auf was du Lust hast und pack den bedrückenden Abstreichkalender vielleicht erstmal vier Wochen weg, so schön er auch sein mag.
    Tu einfach das, was du für richtig hälst und was du in dem Moment am liebsten machen würdest.
    Wenn du nochmal etwas entdecken möchtest, eine Stadt sehen möchtest, kannst du das später immer noch als Tourist tun, finde ich. Doch als Mensch mit Alltag, als integriertes Familienmitglied kommst du nie wieder zurück. Diese Zeit solltest du nutzen.=) Liebe Grüße nach Brasilien!

  • "Blöd wie wir waren haben wir unsere Funde auch bei ihm wieder abgegeben. Günstig für meine Eltern, die konnten dieselben Eier fünf mal vor uns hinwerfen. Gemerkt haben wir das nie."

    Da musste ich doch gerade kurz mal lachen :D

  • ist toll :)

  • Uh, das mit den Schönheits-OPs klingt ja schrecklich! Mich würde interessieren, ob diejenigen schlecht angesehen sind, die sich nicht unters Messer legen. Hast du da schon mal was erlebt?

  • ... nur leider sehen einseitig denkende Menschen
    auch nur eine Seite ;)

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