im Alter von 14 Jahren siehst du aus wie eine Erwachsene und gibst dich auch so. Du erinnerst mich daran, dass ich mal ein guter Mensch sein wollte. Das machst du so nebenbei und aus Versehen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Du kannst nicht schriftlich rechnen, weil du noch nie Matheunterricht hattest. Das liegt daran, dass du bis vor einem Jahr noch in Griechenland warst. Davor in Syrien und davor im Iran. Dort bist du geboren, obwohl deine Familie aus Afghanistan kommt.
Du hast mir erzählt, dass ihr drei Tage und drei Nächte gelaufen seid. Deine Schwester war sechs Jahre alt und dein Bruder drei. Ihr seid auf einen Berg gelaufen.
In Griechenland sagten sie „Lern doch erstmal Griechisch, dann kannst du immer noch Mathe lernen.“ In Deutschland sagten sie „Lern doch erstmal Deutsch, dann kannst du immer noch Mathe lernen.“ Du hast mir erklärt, dass es ganz normal ist, wenn man in ein fremdes Land kommt, dass es am Anfang Schwierigkeiten gibt.
Du hast mir erklärt, wie toll Ramadan ist. Obwohl man nichts essen und sogar nichts trinken darf bevor es nicht Abend wird.
Ich kann von dir eine Sprache lernen, die Rumi und Ferdausi [persische Gelehrte, Anm. d. Redaktion] gesprochen haben, und eine Kultur kennen, die mir fremd und orientalisch vorkam und jetzt etwas verständlicher wird.
Du hast dir auf der Flucht eine chronische Bronchitis einfangen und hustest manchmal. Du hast ein Faible für Fahrräder. Immer wenn du eins siehst, machst du mich darauf aufmerksam, wie toll Radfahren ist. Leider wurde deins geklaut.
Und du kannst die Lorelei aufsagen. Außerdem zitierst du manchmal aus heiterem Himmel Heinrich Heine: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin.“
Wenn ich anrufe, sagst du meistens: „Hallo Frau Patricia, wie geht Ihnen?“ Und ich sage „Gut, und dir?“ Und du sagst „Gut.“ Und das sagen wir, weil es so ist, vermute ich, denn die meiste Zeit geht es uns hier gut.
Text: Patricia Linß
Teaserbild: Photo by Johnny McClung on Unsplash
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