Ich sitze mit drei Freundinnen in einem Café und es mag sein, dass gerade viel Kommunikation an diesem, unserem, Tisch stattfindet, nur leider nicht verbal.
Ich sitze da und starre die drei Mädchen um mich herum an, die es noch nicht einmal bemerken, denn ihre Blicke sind auf ihre Smartphones geheftet.
Ich sitze da und seufze.
Nele wollte eben mal kurz ein Video zeigen und dann hat Marie ihr ein ähnliches gezeigt. Anna musste nur eben mal gucken was Tobi geschrieben hat und auch Nele und Marie haben gemerkt, dass sie Nachrichten haben.
Jetzt schweigen sie alle drei und tippen auf ihren Handys herum. Ab und zu lacht eine kurz auf oder grinst. Ich nippe an meinem Kaffee.
Wenn die virtuelle Realität das reale Zusammensein steuert
Ist es nicht pervers, dass Smartphones und Soziale Medien, die doch zu besserer, schnellerer Kommunikation führen sollten, die aktuelle, reale Kommunikation nichtig machen? Es scheint fast so, als ob wir unseren Tisch in diesem Café mit um die 19 Leute teilen würden, die meine Freundinnen belagern und ihre Aufmerksamkeit verlangen. Tobi wird Anna gerade fragen wann sie heute Abend zu ihm kommt, ob sie dann reden können. Marie wird in einem Gruppenchat die Hausaufgaben erklären oder die nächste Gruppenarbeit planen und Nele wird vier Menschen gleichzeitig antworten. Das hoffe ich zumindest. Vielleicht aber sucht Anna nur nach dem richtigen Smiley, den sie Tobi schicken kann. Marie grinst wegen eines GIFs, das in eine Gruppe gestellt wurde und Nele scrollt durch eine Instagram-Story.
Wann ist es eine Nachricht wert, dass man dafür die Person vor sich sitzen lässt? Oder wann ist ein Gespräch mit einer Person unwichtig genug, dass das Handy gezückt werden darf? Ich vermute, dass 90% der Nachrichten, die meine Freundinnen in diesem Moment verfassen, auch hätten warten können. Warten auf die Busfahrt nach Hause, warten auf Momente, in denen man nicht sozial sein muss.
In den Fängen des kleinen Computers
In diesen paar Minuten bis sie ihre Smartphones sinken lassen und wir unser Gespräch wieder aufnehmen, sitzen meine Freundinnen da wie paralysierte Rehe im Scheinwerferlicht, fast unfähig sich zu lösen und zu erkennen, dass ihre Realität nicht die meine ist. Als ich gerade schon genervt nach meiner Tasche greife, um mich auch in ein Reh zu verwandeln, lässt Nele ihr Telefon sinken. „Und“, fragt sie, „Wie war dein Wochenende?“ Auch die Schockstarre von Marie und Anna weichen und sie wenden sich mir zu. Ich atme aus und entspanne mich. „Gut“, sage ich. Und da werden die Smombies wieder zu meinen Freundinnen und ich frage mich, worüber ich mich gerade aufgeregt habe. Bis Annas Handy vibriert und sie über den Bildschirm wischt, um zu sehen wer ihr geschrieben hat.
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