Herzscheiße

Einerseits Liebe...

Inga und Kai waren gute Freunde. Dann hat er sich in sie verliebt. Und jetzt ist alles anders. Beide schildern ihre ganz eigene Sicht auf eine einseitige Liebe.

15. January 2013 - 14:29
SPIESSER-Redakteurin Onlineredaktion.
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Onlineredaktion Offline
Beigetreten: 25.04.2009

Inga: Seit zwei Wochen ist er wieder in Dresden. Seit zwei Wochen werde ich nur noch bedingt von unseren gemeinsamen Freunden gefragt, ob ich die Abende mit ihnen verbringen will. Sie achten akribisch darauf, dass Kai und ich nicht beide da sind. „Ich möchte, dass du am Samstag zu meiner Party kommst. Ich feiere, dass ich wieder zurück bin.“ Kai war ein halbes Jahr für ein Praktikum irgendwo in der Pampa in Bayern. Während dieser Zeit habe ich seine Freunde kennengelernt. Manja und Alex sind mir sofort ans Herz gewachsen. Dass da eigentlich noch ein Dritter dazugehört, wurde mir erst klar, als Kai für ein Wochenende im Oktober zu Besuch zurück in Dresden war.

Er war laut, herzlich und intensiv. Trug mir beim Burger-Essen direkt einen
seiner Poetry-Slam-Texte vor, lachte viel und war herrlich zynisch. Auf einer Halloween-Party haben wir uns das „Beißversprechen“ gegeben, blutroten Likör aus Reagenzgläsern getrunken und geknutscht. Für mich zuerst nur ein Gag, aber bei ihm gings da schon los.

Er kam plötzlich fast jedes Wochenende mit der Mitfahrgelegenheit zurück nach Dresden. Unter der Woche skypten wir abends oft. Wir unterhielten uns über verrückte Magazine, er erzählte mir von guten Filmen und sagte mir, dass er mich vermisse.

Ich habe ihn dann auch vermisst. Wir hatten uns ein paar Wochen nicht gesehen oder zumindest nur per Videochat. Ich nahm mir ein Herz und erzählte ihm von meinen Gefühlen, sagte aber gleich, dass ich mich kenne, dass sich so was bei mir sehr schnell wieder ändern kann. Ich hätte es nie erwähnen sollen. Denn schon beim nächsten Treffen war alles anders. Seine Nähe wurde mir zu viel. Er war extra zu meiner Geburtstagsfeier nach Dresden gekommen. Er schenkte mir eine Mate-Kalebasse, einen Kürbis, aus dem man das koffeinhaltige Aufgussgetränk Mate trinken kann. Ich war gerührt. Aber im Lauf des Abends fühlte ich mich von Kai eingeengt, wollte einfach nur weglaufen und suchte die Nähe anderer. Am nächsten Tag nahm ich mir wieder ein Herz. „Gerade ist das Gefühl nicht mehr da“, sagte ich. Er war verletzt, aber wollte auch nicht aufgeben.

Die Zeit verging und er hatte nicht aufgegeben, meldete sich oft, kam für eine ganze Woche nach Dresden. Als ich ihm ehrlich sagte, dass wohl nie was aus uns werden würde, dass ich vielleicht auch einfach nicht bereit für eine Beziehung sei, brach eine Welt für ihn zusammen. Er setzte mir zu, dass wir uns treffen müssten, er sei überhaupt nur wegen mir hier. Er wolle alles dafür tun, mein Herz umzustimmen. Ich blieb hart.

Die Zeit danach wurde schwierig. Gott, wie sehr ich es hasste, dass ich keine Nachrichten über die Biber vor Kais Haustür in Bayern mehr bekam, dass ich ihm nicht erzählen konnte, was mich die neueste How-I-Met- Your-Mother-Folge gelehrt hatte. Und wie viel Angst ich gleichzeitig davor hatte, dass er zurückkommen und sich nichts geändert haben würde.

Mittlerweile hat sich etwas geändert: Ich habe einen Freund. Ich habe Alexander kennengelernt und er hat mich umgehauen. Es gab kein Zögern, keine Angst, dass sich das bald wieder ändern würde. Eine völlig neue Erfahrung für mich. Als ich es Kai im Videochat erzählte, warf er mir nur eines vor: Dass all das, was bei ihm aus unerklärlichen Gründen nicht ausreichend aufkommen wollte, jetzt plötzlich ein anderer bekommt. Ich habe keine Entschuldigung dafür.

In den letzten Wochen hatten Kai und ich nur noch sporadischen Kontakt. Ich trinke trotzdem täglich meinen Mate-Tee. Und am Samstag gehe ich zu seiner Party.

Die Story aus Kais Sicht erfahrt ihr hier.

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Kommentare

Sechs Kommentare
  • Ich war/bin seit einem Jahr in einer ähnlichen Situation wie Kai, deswegen kann ich seinen Text sehr gut nachvollziehen. Ja, es ist sehr schmerzhaft, aber ich bin trotzdem froh zu meinen Gefühlen zu stehen, auch wenn sie nicht geteilt werden. Die Frage ist letztlich wie geht man damit um? Dem anderen und sich selbst gegenüber. Man kann Gefühle nicht erzwingen und man kann sich auch nicht aussuchen was man fühlt, aber man kann selbst entscheiden wie man sich verhält.

  • Der Text ist genial... keine Worte

  • danke dass ich das lesen durfte!!
    richtig gute (traurige) Texte :)

  • Richtig gut geschrieben, sowas muss man sich erst mal trauen! :)
    Echt klasse Text!

  • Endlich mal etwas ehrliches, diese ganzen Liebesschnulzen mit einem ultraschönen Happyend kotzen doch an, da wo es am Ende heißt "Und sie lebten glücklich miteinander bla bla bla" das hier ist etwas ehrliches, herzhaftes und doch schreckliches, was aber passiert und man erkennt endlich mal, dass es nicht immer ein Happyend gibt, es auch mal richtig scheiße laufen kann. Ich hoffe trotzdem sehr für Kai dass er dadurch eine neue Chance sieht und sich auch jemanden sucht und dass Inga mit ihrem Freund glücklich wird - Absolut guter Text.

  • Super Text,genial geschrieben...heul...

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