Ihr für Flüchtlinge

Flüchtlingskinder als Geschichtenerzähler

Sprache verbindet. Das weiß auch Anuschka Weyand und hat kurzer Hand das Projekt WorldWideWords ins Leben gerufen. Dabei kann man als Schreibpate gemeinsam mit Flüchtlingskindern Texte für einen Sammelband schreiben. SPIESSER-Autorin Nadine ist von der Idee begeistert und hat sich mit Anuschka unterhalten.

19. October 2015 - 16:19
SPIESSER-Autorin Nadine98.
Noch keine Bewertungen
Nadine98 Offline
Beigetreten: 28.09.2015

Anuschka, du hast das Projekt WorldWideWords initiiert. Was versteckt sich dahinter?

Unser WWW-Projekt – WorldWideWords – bietet Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder auch Flüchtlingskindern die Möglichkeit, ihre Erlebnisse, Wünsche, Träume und Hoffnungen aufzuschreiben bzw. bei uns einzureichen. Wir sammeln diese Texte und veröffentlichen sie als hochwertig gebundenes Buch. Das ist für die Kids kostenfrei.

Wir möchten außerdem gern die Originalsprachen der eingereichten Texte im Buch abdrucken. Da wir bereits ein Buch von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht haben, das zweite steht kurz vor der Veröffentlichung, hatte ich die Idee, unsere deutschen Jungautoren als Schreibpaten einzusetzen, auch um eventuelle Sprachbarrieren zu überbrücken.

Was kann man sich unter „Schreibpaten“ vorstellen? Wie wird man Schreibpate und welche Aufgaben fallen an?

So sieht das Cover des ersten Buches
mit den Geschichten der Flüchtlings-
und Migrantenkinder aus.

Zum einen hilft der Schreibpate, eventuelle sprachliche Barrieren zu überbrücken. Zum anderen verstehen vielleicht viele der ausländischen Kids nicht genau, worum es bei diesem Projekt geht und ob nicht doch Kosten auf sie zu kommen. Das kann alles mit den Schreibpaten abgeklärt werden. Oftmals ist ein Austausch zwischen Gleichaltrigen einfacher, als zwischen Kindern und Erwachsenen. Es ist auch möglich, dass die Kids mitunter einen „Hänger“ beim Schreiben haben, vielleicht nicht wissen, wie sie einen Satz formulieren oder wie sie eine besondere Begebenheit am besten ausdrücken sollen. Auch dabei kann der Schreibpate unterstützen.

Wir hatten zunächst unsere Jungautoren aus den ersten beiden Kidz4kids-Büchern angefragt, ob sie Schreibpaten werden möchten. Allerdings kann jeder, der der deutschen Sprache mächtig ist, diese Aufgabe übernehmen. Wichtig ist, dass er Zugang zu Kindern bzw. Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder zu Flüchtlingskindern hat. Dann kann der Schreibpate unser WWW-Projekt vorstellen – und los geht’s!

Klingt gut. Aber warum sollte man sich als Schreibpate engagieren?

Wir vom Verein Kidz4kids würden dem Schreibpaten, der ehrenamtlich tätig ist, dafür eine Bescheinigung ausstellen. Das macht sich immer gut bei Bewerbungen und im Lebenslauf. Wir würden die Schreibpaten auch im Buch gesondert vorstellen und ihre Hilfe und das Mitwirken in Bezug auf den ausländischen Jungautor beschreiben.

Kidz4kids e.V.
Der Kidz4kids e.V. ist der von Anuschka Weyand gegründete gemeinnützige Verein, der hinter dem WWW-Projekt steckt. Allein in diesem Jahr hat der Verein für die Umsetzung des WWW-Buches zwei Preise gewonnen: Den zweiten Platz bei der BigFm Initiative für Integration Rheinland-Pfalz und den Bürgerpreis 2015 des Landkreises Mayen-Koblenz. Mehr Informationen zum Verein, dem WWW-Projekt und den Schreibpaten findet ihr hier.

Haben die jungen Schriftsteller auch eine Möglichkeit, ihr Werk zu präsentieren?

Ja, denn wir führen mit all unseren Jungautoren Lesungen und Veranstaltungen durch. Auch da wären die Schreibpaten mit dabei. In diesem Jahr sind wir beim bundesweiten Vorlesetag am 20. November vom Mehrgenerationenhaus Neuwied eingeladen worden. Diese Lesung findet dann in der dortigen Stadtbibliothek statt, die nächste im Dezember. Im Frühjahr sind wir zu einer weiteren Veranstaltung eingeladen.

Wie bist du überhaupt auf die Idee für das Projekt gekommen?

Wir produzieren bereits ein Buch, das von der Kindergruppe der Feuerwehr in Rheinland-Pfalz geschrieben wird. Auch diese Kids haben tolle Texte eingereicht, mit denen wir nun ein schönes Buch produzieren. In diesem Zusammenhang haben wir im Team überlegt, mit welchen Gruppen wir weitere Bücher verlegen könnten. Unser Teammitglied Carsten meinte dann, vielleicht würde es auch mit Flüchtlingskindern klappen. Diese Idee haben wir aufgegriffen.

Warum habt ihr euch dazu entschieden, Flüchtlingskindern zu helfen?

Gerade diese Kinder haben viel zu erzählen und zu verarbeiten. Wir haben schon einige Texte gesammelt, teilweise sind sie sehr berührend. Das möchten wir gerne einer breiten Masse von Menschen zugänglich machen.

Über die aktuelle Flüchtlingssituation wird viel diskutiert. Was ist deine Meinung dazu? Macht die Herkunft der Kinder einen Unterschied?

Uns geht es ausschließlich darum, mit Kindern und Jugendlichen Bücher zu produzieren. Wo diese Kinder herkommen, welcher Religion sie angehören und welche Hautfarbe sie haben mögen, spielt für uns überhaupt keine Rolle.

Hattet ihr Probleme bei der bisherigen Umsetzung des Projekts?

Unser Projekt ist bisher ein Selbstläufer. Wir bekommen Texte von überall her, verkaufen schon viele Bücher, gewinnen Preise für unser Engagement, sind wohlgelobt in der Presse, haben überglückliche Jungautoren und wissen somit – irgendetwas machen wir richtig!

Und wie kann man das Projekt und den Kidz4kids e.V. unterstützen?

Wer Flüchtlingskinder kennt oder mit ihnen zu tun hat, der kann Kontakt aufnehmen und fragen, ob das Kind vielleicht gerne eine Geschichte, Erlebnisse oder irgendetwas, was es bewegt, aufschreiben möchte. Das könnt ihr dann bei uns einreichen, damit wir das ins Buch aufnehmen können.

Wir erledigen alle Arbeiten im Ehrenamt, bekommen also kein Geld dafür. Aber für den Druck aller Bücher benötigen wir immer finanzielle Unterstützung, da wir das natürlich nicht selbst regeln können. Wir möchten einen Teil des Verkaufserlöses aus dem WWW-Buch wieder den Flüchtlingskindern, Familien und Unterkünften zukommen lassen.

Text: Nadine Mönch
Foto: kidz4kids e.V.

Dir gefällt dieser Artikel?

Kommentare

Ein kleiner Schritt für dich, ein großer Schritt für die Diskussion.
Mehr zum Thema „Ihr für Flüchtlinge
  • Laura...
    Ihr für Flüchtlinge

    Unterwegs an der Grenze

    Fethullah, Sinah und Jannis sind über die Balkanroute ins griechische Idomeni gefahren, wo tausende Flüchtlinge ausharren. Unterwegs haben sie Spenden verteilt, Filme gedreht und andere Ehrenamtliche unterstützt. SPIESSER-Autorin Laura hat mit dem Trio gesprochen.

  • Little Miss Wonder
    Ihr für Flüchtlinge

    Miteinander füreinander

    Freundschaften knüpfen, Spaß haben, Aktionen planen und damit etwas Gutes tun. Helfen ist alles andere als kompliziert. SPIESSER-Autorin Annika gründete mit Freunden eine UNICEF-Hochschulgruppe und hat schon viel erreicht.

  • MarlonJungjohann
    Ihr für Flüchtlinge

    Schulbank drücken mal anders

    In einem fremden Land zu leben, sich anzupassen und die Sprache zu lernen – dazu benötigt es Fachkräfte und viel Papierarbeit? Nichts da! SPIESSER-Autor Marlon besuchte die Düsseldorfer Bürgerinitiative „HispI – Das Lernhaus“ und fand heraus, wie Freiwillige

  • Hella81
    Ihr für Flüchtlinge

    „Alle haben
    irgendwie Angst“

    Immer wieder ist von „besorgten Bürgern“ die Rede. Aber wovor haben sie eigentlich Angst? Ein loser Zusammenschluss von Illustratoren hat sich ihre Ängste und Vorurteile zur Brust genommen und in ihrem Blog „Bildkorrektur – Bilder gegen Bürgerängste“

  • Oriella
    Ihr für Flüchtlinge

    Flüchtlingshilfe statt Weihnachten

    Seit Monaten bricht der Strom an Flüchtlingen nicht ab. Steigende Kontrollen, begrenzte Kapazitäten und politische Restriktionen machen die Flucht jedoch für viele immer härter. Mitte Dezember ist Sascha als Volunteer nach Griechenland gefahren und unterstützt dort seit dem den

  • kleinesinsekt
    Ihr für Flüchtlinge

    Fremde? Freunde!

    Aus Nachbarn Freunde machen. Das hat sich das Mentorenprogramm „Fremde Freunde“ auf die Fahne geschrieben. Das Projekt vermittelt zwischen Flüchtlingen und engagierten jungen Menschen. SPIESSER-Autorin Carolin hat mit Maike gesprochen, die sich seit April regelmäßig mit Mohamad

  • Jelly
    Ihr für Flüchtlinge

    Hilfe bei Kaffee und Tee

    Seit über zwanzig Jahren gibt es das „Café Exil“ in Hamburg schon. Hier können Migranten und Flüchtlinge Hilfe und Beratung bekommen oder sich einfach bei einem Kaffee aufwärmen. SPIESSER-Autorin Jelena sprach mit den beiden Mitarbeitern Florian und Klaus über

  • whityhumbuk
    Ihr für Flüchtlinge

    Freundschaft geht
    durch den Magen

    Sogenannte „Welcome Dinner“ für Flüchtlinge haben über Schweden und Hamburg schließlich deutschlandweit in den heimischen Wohnküchen Einzug gehalten. SPIESSER-Autorin Anh hat für drei syrische Flüchtlinge nicht nur den Kochlöffel geschwungen, sondern

  • Onlineredaktion
    Ihr für Flüchtlinge

    Macht’s
    doch einfach selbst!

    Geflüchteten helfen, ohne lange um den heißen Brei herumzureden? Warum nicht einfach machen, dachten sich die Jugendlichen der „Jugend für Asyl” in Brandenburg, schnappten sich einen Fußball und legten so den Grundstein für eine gelungenes Flüchtlingsprojekt.

  • Vannivohs
    Ihr für Flüchtlinge

    Helfen im
    „kunterbunten Haus“

    In der Bottroper Notunterkunft ist immer viel zu tun: Neben abwechslungsreichen Aktionen, wollen die ehrenamtlichen Mitarbeitern den Flüchtlingen vor allem ein Lächeln ins Gesicht zaubern und den tristen Alltag verschönern. SPIESSER-Autorin Vanessa engagiert sich selbst vor Ort.

  • sonyerikson
    Ihr für Flüchtlinge

    Mit Rad und Tat

    Der Berliner Verein Rückenwind sammelt Fahrräder, um sie mit und für Flüchtlinge zu reparieren. Nach einem halben Jahr und 102 reparierten Drahteseln, hat SPIESSER-Autor Erik vorbei geschaut und nachgehakt: Wie soll die neue Werkstatt aussehen und was bringt Mobilität den Flüchtlingen?

  • anniejana
    Ihr für Flüchtlinge

    Meine Schule für Flüchtlinge

    Zuhören, sprechen und helfen. Die Schülervertretung eines Gymnasiums in Nordrhein-Westfalen setzt mit Flüchtlingshilfe von Schülern für Schüler ein Zeichen gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. SPIESSER-Autorin Annika berichtet von ihrer eigenen Schule.

  • happy.hippie60
    Ihr für Flüchtlinge

    Wenn Ehrenamt
    zum Hobby wird

    Seit nun mehr vier Wochen gibt es in Dresden eine Zeltstadt als Auffangstation für den nicht enden wollenden Flüchtlingsstrom. Luise arbeitet dort von Anfang an als Ehrenamtliche. Warum und wie die Zustände wirklich sind, darüber hat sie mit SPIESSER-Praktikantin Anne beim morgendlichen Kaffee gesprochen.

  • a.s.
    Ihr für Flüchtlinge

    Ein Hotel für alle

    Ein Haus, in dem Hotelgäste, Flüchtlinge und Künstler zusammenleben? Engagement kann so vielfältig sein. Im Augsburger Grandhotel Cosmopolis wird das gelebt. SPIESSER-Autorin Anita war vor Ort, hat mitgeholfen und war begeistert.