Indonesien. Fanny und ich wollen ein paar Tage auf einer einsamen Insel verbringen. Ein Fischer soll uns dorthin bringen. Sein Boot ist ungefähr 3 Meter lang und gerade mal so breit wie meine Hüften. Linus, ein anderer Deutscher, hat sich uns angeschlossen und als wir unsere drei Rucksäcke eingeladen haben, ist kaum noch Platz zum Sitzen. Wir sind skeptisch, aber die Einheimischen versichern uns, dass das die beste Option sei. Und je länger wir fahren, desto entspannter werden wir auch. Ich grinse Fanny zu. In dem Moment klatscht Wasser gegen mein Bein, der Fahrer ruft etwas auf Indonesisch und der Motor geht aus. Plötzlich schreit auch Linus: „Wir müssen raus!“ Ich starre ihn an und verstehe nicht. „Das Boot geht sonst unter!“, brüllt er und springt ins Meer. Fanny springt, der Fahrer springt. Dann springe ich auch.
GRUND DER REISE: Backpacking
DAUER: 6 Wochen
DAS HABE ICH GELERNT: Dass man immer mit dem Verrücktesten rechnen muss.
Wir entdecken eine kleine, weiße Bucht und ziehen das sinkende Boot hinter uns her. Ich zerre sofort meinen Rucksack aus dem Boot, reiße mir an den Korallen die Füße auf und hinterlasse eine Blutspur, als ich panisch alles ausbreite: Eine ganze Kameraausrüstung, Handy, USB-Stick mit unseren Fotos, Reisepass, Bargeld, Kleidung, Ukulele, Bücher, ... alles ist komplett nass.
Weit entfernt fährt ein kleines Boot vorbei. Wir rufen und winken wie verrückt und – siehe da – der Fischer fährt zu uns! Sein Boot ist aber viel zu klein, um uns mitzunehmen. Also besprechen wir in einer Mischung aus Indonesisch, Englisch und Zeichensprache, dass er und unser Fahrer das Boot abschleppen und Hilfe holen. Ein guter Plan.
Da stehen wir in dieser kleinen, einsamen Bucht. Vor uns perfektes, türkises Meer, hinter uns dichter Dschungel und warten. Und warten. Eine halbe Stunde, eine Stunde ... zwei Stunden! Es beginnt schon zu dämmern und wir begreifen langsam, dass uns niemand mehr abholen wird. Die beiden Fahrer sind geflüchtet! Der Dschungel hinter uns ist so dicht, dass man ohne Machete nicht durchkommt. Wer hätte gedacht, dass man mal eine Machete vermissen wird?
Ich denke daran, wie ich gestern mit meinen Eltern telefoniert habe: „Wir sind jetzt auf so einer Insel ohne Handyempfang und Strom. Macht euch also keine Sorgen, wenn ihr lange nichts von mir hört.“ Wir schreien nach Hilfe, winken wie verrückt, pfeifen, hüpfen – aber niemand hört oder sieht uns. „Ich schwimme los“, sagt Linus irgendwann. Wir wollen uns nicht aufteilen, aber es geht nicht anders. Fanny und ich brüllen weiter nach Hilfe. Dann, plötzlich, ein Motorboot, das direkt auf uns zusteuert. Wir rasten total aus. Ein Mann steht am Steuer und neben ihm steht Linus. In einer Bucht nahe unserer hat er tatsächlich Hilfe gefunden. Es dauert noch ein paar Tage, bis wir uns von dem Schock erholt haben und die paradiesischen Inseln genießen können. Den Bootsfahrer haben wir nie wieder gesehen und das Ganze ist zu der verrücktesten Reisegeschichte geworden, die ich je erlebt habe. Ehrlich gesagt kann ich immer noch nicht fassen, dass das wirklich passiert ist.
Text und Fotos: Jana Schuler
Teaserbild: Lena Schulze