Wir hatten gerade noch den letzten Punkt gesetzt, das Abizeugnis eingesackt, viele nervige Fragen über unsere ungewisse Zukunft beantwortet und dem Schülerdasein den Rücken gekehrt. Und schon waren wir auf dem entferntesten Kontinent von zu Hause: Australien. Unser Ziel war es, die neu gewonnene Freiheit so richtig zu genießen. Einen Monat nur wir vier – und unser laubfroschgrüner Van mit violettem Dach.
GRUND DER REISE: Urlaub
DAUER: ein Monat
DAS HABE ICH GELERNT: Das Leben in einer Sardinenbüchse kann sehr schön sein.
Das Leben in einem Van mit vier spätpubertierenden Jungs ist nicht immer einfach. Es gab zwei Schlafplätze im ausfahrbaren Dach. Die anderen zwei Betten waren die umgeklappten Rücksitze im Van. Oben lag man zu zweit wie in einer Sardinenbüchse. Wir kannten uns zwar schon vor der Reise recht gut, aber liegt man erstmal zu zweit in einer einen Meter breiten Pritsche, weiß man erst was Nähe ist. Jede Nacht wurde man von gegenseitigem Treten oder Herumwälzen wach. Es war großartig.
Morgens wurden wir von der Sonne geweckt, die durch das Mückennetz schien und gerade über dem offenen Meer aufging. Genau das war es, was wir wollten. Unsere Schlafplätze haben wir mit einer App ausgesucht, die alle Parkplätze an der Ostküste kannte. Anhand der Kommentare konnten wir abwägen, wie sicher wir vor Schlangen, Skorpionen und Anwohnern waren. Wir standen in manchen Nächten auf Parkplätzen für Surfer direkt am Meer.
In einer dieser Nächte weckte uns ein Anwohner und schrie uns an, dass er die Polizei rufen würde, wenn wir uns nicht sofort verziehen. Die Anwohner waren sowas wie die Schlangen in unserem Paradies – und wir hatten mehr Angst vor ihnen als vor den Reptilien. Auf der Flucht hätten wir fast ein riesiges Känguru angefahren und haben dann auf einem Parkplatz im Wald geschlafen, den wir Schlangenwald tauften.
An einem anderen Tag hat uns unsere App zu einem Parkplatz mitten in der Wüste geführt, so sah es jedenfalls aus. So weit man sehen konnte, nur Sand und das Meer. An diesem Tag habe ich den schönsten Sonnenuntergang meines Lebens gesehen. Wir standen auf einer Wiese vor einem Touristencenter direkt am Meer. Die Sonne schien in einem unglaublichen orange-rot auf die riesigen Dünen. Der nasse Sand schimmerte und das hellblaue Meer brachte mit jeder Welle einen neuen Schein auf den spiegelnden Sand. Am Horizont war die Sonne fast weiß und die Wolken über dem Meer sahen aus wie Zuckerwatte im Sonnenschein. Nach diesem unglaublichen Spektakel holte uns dann aber die harte Realität wieder ein: Zurück am Van fanden wir das eklige, sechsbeinige Grauen.
Es waren zwei Kakerlaken. In unserem Besteckkasten. Nach einer fehlgeschlagenen Suchaktion schliefen wir auf Campingstühlen um ein Feuer vor dem Van. Am nächsten Morgen haben wir dann unser Besteck abgekocht und beide Kakerlaken verjagt. Unsere Reise konnte weitergehen. Während unserer Zeit in Australien hatten wir nicht viel. Wir lebten einfach, waren eingepfercht, manchmal genervt von einander, aber irgendwie einfach glücklich.
Fext und Fotos: Maximilian Sepp
Teaserbild: Lena Schulze