Zur Arbeit kommt man hier nicht im Anzug, sondern im Kapuzenpulli und auch sonst geht es bei Bench eher lässig zu. SPIESSER-Autor Cédric hat sich mit Dr. Bruno Sälzer, dem CEO der Streetstyle-Marke, zum Currywurst essen verabredet.
15. November 2016 - 10:17 SPIESSER-AutorIn cedric_.
Da wir jetzt schon per du sind: Du hast, bevor du zu Bench gewechselt bist, unter anderem bei Hugo Boss und Escada gearbeitet. Da ging’s bestimmt förmlicher zu, oder?
Ein bisschen vielleicht schon. Wobei man sagen muss, dass die Mode ja generell lässiger und informeller als andere Branchen ist.
Der Bench-CEO im Gespräch mit Cédric.
War Mode etwas, das dich schon immer interessiert hat, wo du immer hin wolltest?
Nicht bewusst, aber mir war schon immer klar, dass mich alles, was mit Schönheit und Modebewusstsein zu tun hat, interessiert, und ich kein Technikfreak bin. Aber ich hatte kein spezielles Know-how für diese Branche. Ehrlicherweise habe ich auch erst gemerkt, dass ich daran Spaß habe und nicht ganz untalentiert bin, als ich bei Beiersdorf angefangen hatte.
Würdest du sagen, dass BWL trotzdem eine gute Grundlage ist? Man könnte zum Beispiel auch speziellere Sachen wie Modemanagement studieren.
Heute gibt es ja nicht mehr nur den einen Weg zu einem bestimmten beruflichen Ziel. Diese Zeiten sind endgültig vorbei.
Worin liegt für dich der Unterschied zwischen dem Verkauf eines Anzugs von Hugo Boss und einem Kapuzenpulli von Bench?
Die Unterschiede sind gar nicht so groß. Natürlich ist Styling mit einem Anzug etwas anderes als mit einem Hoodie. Aber Bekleidungsmarken arbeiten alle mit Stoffen als Grundlage – darauf baut alles auf. In dieser Branche wird in Looks und in Styling gedacht. Also ist es entscheidend, wie das Produkt kombiniert und präsentiert wird.
Dr. Bruno Sälzer
Bruno Sälzer ist CEO von Bench. Bench hat seine Wurzeln in Manchester und kommt aus der Skateszene. 1957 geboren, studierte und promovierte Sälzer in BWL in Mannheim. Zunächst stieg er bei Beiersdorf und Schwarzkopf in die Kosmetik- und Haarpflege-Branche ein, bevor er 1995 bei HUGO BOSS in die Modebranche wechselte. Ab 2008 leitete er das Label Escada, bis er vor knapp zwei Jahren zu Bench wechselte. Ganz wichtig: In der Mittagspause geht Bruno Sälzer mindestens zweimal pro Woche Currywurst essen.
Alles, was gerade im Trend ist, ist auch ziemlich schnell wieder out. Wie bekommt ihr eure Kollektion schnell genug in den Laden?
Da geht es bei uns schon ein bisschen schneller als bei einem Anzughersteller. Was aber alles entscheidend verändert hat: Alle Trends, Ideen oder Looks, sind heute sofort im Netz verfügbar. Da müssen wir immer dran bleiben und wissen, was auf der Straße los ist. Wir werden aber trotzdem immer den Hoodie, die Jacke oder die Hose im Angebot haben.
Die Art, wie ich die einzelnen Teile dann miteinander kombiniere und wie ich mit dem Produkt umgehe, ist das, was sich für uns und den Konsumenten verändert hat.
Also verändert sich nicht unbedingt das Produkt selbst, sondern vielmehr, wie man einzelne Sachen als Hersteller präsentiert?
Genau, der Look und das Styling sind extrem wichtig. Man kann sagen, dass zurzeit die Kombination von Sport und Mode sehr angesagt ist. Jeder will heute jünger, dynamischer, sportlicher sein und wirken. Viele gehen ins Fitnessstudio, machen Wellness und Yoga. Bei solchen Entwicklungen muss man als Marke dann dabei sein. Aber es gibt ja nicht mehr den einen Trend. Heute ist alles möglich. Marken verkaufen heute also auch mehr eine Emotion und einen Look als nur ein einzelnes Produkt.
Sind die vielen neuen Trends nicht überfordernd?
Es beschäftigt sich ja nicht jeder so ausgiebig mit Mode. Man muss heute gar nicht mehr drei
Stunden durch die Stadt laufen oder zehn Magazine wälzen, um zu sehen, was angesagt ist. Fünf Minuten auf dem Schirm und ich seh’, was mich inspiriert. Es ist einfacher geworden, sich zu kleiden, weil viele Formalitäten wegfallen. Keiner kann mehr irgendeine Moderichtung als generellen Trend vorgeben. Heute kann man viel mehr kombinieren und sich überall informieren und inspirieren lassen.
Sicher dreht sich bei dir aber nicht immer alles nur um coole Styles. Dein Job ist auch harte Managerarbeit. Und die Zahlen müssen wahrscheinlich auch stimmen!?
Mindestens zweimal die Woche gibt's Currywurst zum Mittag.
Ja die BWL gilt ja für alle, ob man in der Bank ist oder anderswo. Was die Mode besonders und spannend macht, ist, dass Dinge wie Zeitgeist eine Rolle spielen. Unsere Designer sind schon wieder dabei, an der Kollektion für den Herbst 2017 zu arbeiten. Und unsere Aufgabe ist es abzuschätzen, in welche Richtung der Zeitgeist im nächsten Jahr gehen könnte.
Der Unterschied in der Mode zu vielen anderen Branchen ist, dass man immer einen relativ großen Schritt nach vorne ins Unberechenbare machen muss. Und damit müssen wir dann auch kalkulieren.
Hast du dabei so etwas wie einen typischen Arbeitstag?
Typisch ist, dass es den einfach gar nicht gibt. Mein Tag ist nicht vollgestellt mit im Vorhinein festgelegten Terminen. Viele Dinge ergeben sich spontan. Wenn hier Kunden zu uns kommen, dann kommen die eben auch mal um 18 Uhr. Dann ist das so und wir reagieren flexibel und gehen dann eben auch einfach zusammen essen. Nur eins ist fix: Die nächste Saison.
Text: Cédric Hübner
Fotos: Said Burg
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