Das hat Eckhard Schroll zu seinem Beruf gemacht. Er ist Abteilungsleiter für sexuelle Aufklärung und Familienplanung in der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Mit SPIESSER-Autorin Saskia spricht er bei Nudeln und Salat über peinliche Gespräche mit den Eltern und Pornos im Unterricht.
22. August 2015 - 12:34 SPIESSER-Autorin SaskiaBecker.
Herr Schroll, können Sie sich erinnern, wann Sie wie aufgeklärt wurden?
Als ich in der Mittelstufe war, wurde sexuelle Aufklärung gerade erst eingeführt. Der Biolehrer hat uns über X- und Y-Chromosomen aufgeklärt, aber das wollten wir nicht wissen. Spätestens wenn man das erste Mal Sex hatte, weiß man, die reine Biologie ist das Unwichtigste, was man in dem Moment braucht.
Sie haben Theologie, Pädagogik und Sozialwissenschaften studiert. Wie sind Sie in Ihrer heutigen Position gelandet?
Die Sozialwissenschaften schauen, wie ein auf geklärter Mensch sein soll, und die Religionen, welche Werte und Normen eine Rolle spielen. Das ist auch in der sexuellen Aufklärung wichtig. Ich bin von Haus aus Berufsschullehrer und habe gemerkt, dass junge Menschen an erster Stelle nicht Buchführung oder Metallbau interessiert, sondern wie sie zusammenleben, Krisensituationen verarbeiten und ihre Partnerschaften bestimmen.
Was sind Ihre Aufgaben – so den ganzen Tag?
Einen Standard-Tag gibt es nicht. Wenn wir die Jugendlichen heute erreichen, geht das in zehn Jahren nicht mehr genauso. Da mitzuhalten, ist hochspannend. Wir entwerfen also Konzepte, informieren die Eltern, Lehrer und andere Pädagogen. Ganz wichtig: Wir sprechen mit der Zielgruppe.
Bienchen und Blümchen waren gestern. Was bedeutet Aufklärung heute?
Ich komme aus einer Zeit, in der Eltern gesagt haben „Setz dich hin, ich kläre dich auf!“ Das war peinlich. Heute fängt Aufklärung im Kindergarten an, wenn man sich fragt, wie kommt das Kind in den Bauch der Erzieherin? Vor der Pubertät aufzuklären, ist sehr wichtig.
Eckhard Schroll
Eckhard Schroll wurde 1958 geboren. Er studierte Katholische Theologie, Pädagogik und Sozialwissenschaften in Essen und Münster. Zunächst war er als pädagogischer Mitarbeiter tätig. In dieser Zeit wurde er intensiv mit den aktuellen Bedürfnissen junger Menschen konfrontiert. Heute leitet er die Abteilung für Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln. Er koordiniert ein Team mit 46 Mitarbeitern. Die BZgA fördert seit 1967 das Gesundheitsbewusstsein der Menschen; unter anderem im Bereich der Suchtprävention, Ernährung und Sexualaufklärung.
Wer steht in der Pflicht aufzuklären? Eltern, Lehrer oder doch die Medien?
Bis zur Grundschule stehen die Eltern in der Pflicht. Hier bieten wir unsere Unterstützung an. Kein Elternteil sollte sein Kind erst mit 18 aufklären. Die Schule hat einen Bildungsauftrag, damit die Jugendlichen Verantwortung für ihre Sexualität übernehmen können. Medien sind eine zusätzliche Stütze.
Heute sammeln junge Menschen viel früher sexuelle Erfahrungen. Sind sie denn auch aufgeklärter?
Jeder dritte 18-Jährige hatte noch keinen Sex, das ist 2015 genau wie 1995. Jugendliche müssen früh aufgeklärt werden und lernen, über Sexualität zu reden, dann können sie Verantwortung übernehmen.
Es wird heiß diskutiert, ob Pornos Teil des Aufklärungsunterrichts sein sollten. Wie sehen Sie das?
Die Lehrer würden sich strafbar machen, wenn sie Pornos im Unterricht zeigten. Doch sie könnten die Filme theoretisch behandeln. Man spricht ja auch über Drogen, ohne sie zu konsumieren.
Mit Ihrem heutigen Wissen: Wie wären Sie gerne aufgeklärt worden?
Ich hätte mir gewünscht, schon im Kindergarten über Dinge zu sprechen, die mich irritiert haben. Vielleicht hätte ich dann den einen oder anderen Gedanken früher gehabt.
Text: Saskia Becker
Fotos: Jakob Kaliszewski
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