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Europa: Ein Waren- und Ideentausch

In den Nachrichten ist oft vom krisengeschüttelten Südeuropa die Rede. Man kann sich meistens trotzdem nicht vorstellen, wie es den Menschen dort wirklich geht. SPIESSER-Autor Henk hat mit Spanier Javier über Krise, Auswandern und Zukunft gesprochen.

11. March 2014 - 09:46
SPIESSER-Autor Henk Marzipan.
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Henk Marzipan Offline
Beigetreten: 22.01.2014

Ich erwische mich oft dabei zu denken: Betrifft mich nicht wirklich, alles weit weg. Dabei ist das meine Generation, die da besonders betroffen ist! Deshalb treffe ich Javier. Aufgewachsen ist er in Pamplona, einer Stadt im Norden Spaniens mit rund 300.000 Einwohnern. Er musste, anders als ich, die Folgen der europäischen Krise am eigenen Leib spüren.

In Europa, genauer in der EU haben wir eine Jugendarbeitslosigkeit von durchschnittlich 23,5 Prozent. Uns hier in Deutschland geht es gut: Nur 7,5 Prozent der Unter-25-Jährigen haben keine Arbeit. Doch schaut man nach Spanien, ist gut jeder zweite junge Mensch von Arbeitslosigkeit betroffen. Für mich hier kaum vorstellbar!

Einer aus dieser Statistik ist Javier. In seiner Heimatstadt hat Javier den Bachelor in Maschinenbau abgeschlossen. Erstmal hat er Glück: Nach zwei absolvierten Praktika bekommt er eine Stelle bei einem lokalen Hersteller für Windräder. Doch die europäische Finanzkrise zieht weite Kreise. Seine Firma muss sparen. Für Javier ein Schock, hatte er doch gerade erst im Betrieb angefangen. Die Belegschaft wird um die Hälfte reduziert. Er gehört dazu.


Angekommen: Javier bei der Arbeit

Javier ist gezwungen seine Möglichkeiten auszuloten: In Spanien bleiben, wo auch seine gut ausgebildeten Kommilitonen als Kellner arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen, manche finden überhaupt keine Arbeit. Viele Leute, keine Arbeit, keine Zukunft. Oder soll er sein Erspartes investieren und auswandern und sich in einem anderen Land eine Zukunft aufbauen. Er entscheidet sich für Letzteres. Er finanziert Deutschkurse aus eigener Tasche, hängt sich rein und fliegt 2012 ins Ungewisse nach Deutschland. Familie und Freunde lässt er zurück.

Das ist jetzt zwei Jahre her. Heute ist Javier 27 Jahre alt, spricht fließend Deutsch, wohnt in Dresden und hat eine Freundin, eine Spanierin. Ein von Europa unterstütztes Projekt hat ihm geholfen, eine Stelle zu finden. Acht Stunden täglich hat er in die Suche nach Arbeit gesteckt. Eine harte Zeit. Doch nach fünf Monaten – fast schon hoffnungslos – findet er schließlich eine Stelle bei einem Unternehmen, das technische Geräte herstellt.

Er ist glücklich in Deutschland. Wäre er in Spanien geblieben, würde er sich wohl immer noch von einer befristeten Stelle zur nächsten hangeln. Zwar hat es am Anfang Probleme mit der Sprache und der Kultur gegeben, aber wenn man die Vorurteile überwunden hat, stellt sich bald heraus, dass die Menschen in Europa gar nicht so unterschiedlich sind.

Ist das nicht die Essenz der europäischen Idee? Die Kulturen sollen sich austauschen, sich kennenlernen und voneinander profitieren. Javier konnte in seinem Land keine Arbeit finden, hier werden Fachkräfte wie er händeringend gesucht. Europa unterstützt ihn in Deutschland eine Stelle zu finden und damit hilft er letztlich auch Europa.

Ich persönlich will, dass das so bleibt. Europa soll nicht nur Waren austauschen, sondern auch Kultur. Nicht nur Geld verteilen, sondern auch Ideen.  Europa ist mehr als nur ein Wirtschaftsraum. Das ist ein Grund für mich wählen zu gehen. Für mehr Europa und nicht weniger. Wir können alle davon profitieren.

 

 

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem
Europäischen Informations-Zentrum (EIZ) Niedersachsen.

 

 

Text: Henric Abraham
Fotos: Privat

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