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Wer nicht fragt, bleibt dumm...

Erasmus, Chlorhühnchen und Euro-Rettungsschirm – im letzten SPIESSER haben wir euch gefragt, welche Erwartungen und Fragen ihr an Europa und vor allem an die EU-Abgeordneten habt. Diese niedersächsischen MdEPs (das ist die Abkürzung für die offzielle Bezeichnung "Mitglied des Europäischen Parlaments") haben sich Zettel und Stift geschnappt und auf alle eure Fragen geantwortet.

28. April 2014 - 10:59
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Beigetreten: 25.04.2009

Jan Phillip Albrecht, Grüne, studierter Rechtswissenschaftler

Fritzie1: Warum gibt es soviel Bürokratie?
"Wenn wir bestimmen wollen, was in unserem Essen drin sein darf oder wie viel wir für's Telefonieren bezahlen müssen, dann brauchen wir dafür klare Regeln. Regeln bedeuten per se Bürokratie. Die Frage ist nur, ob man ihren Zweck auch mit etwas weniger oder einfacheren Regeln erreichen kann. Diese Frage müssen wir uns immer wieder stellen, wenn wir Politik machen."

Blizzario: Warum geht soviel Geld von uns/Deutschland in andere EU-Länder, obwohl wir es besser bei uns gebrauchen könnten?
"Tatsächlich befördern wir als Bundesrepublik gar nicht so viel Geld in andere EU-Länder. Anders als es einige darstellen, werden stattdessen Bürgschaften an Länder in einer Krise vergeben, also das Versprechen, im Notfall einem anderen EU-Land zu helfen. Daneben gibt es die EU-Gelder, die alle Länder an die EU zahlen und dann je nach Bedarf für wichtige Projekte wieder bekommen. Das heißt, auch Deutschland bekommt Geld von den anderen EU-Ländern – dort wo es gebraucht wird."

Johannes: Wie setzen sich die EU-Abgeordneten dafür ein, dass meine persönlichen Daten (z.B. im Internet) geschützt sind?
"Als Vertreter des Europäischen Parlaments werde ich mit den Regierungen der EU-Länder über ein neues EU-Datenschutzgesetz verhandeln, das uns alle besser schützen soll. Wir alle könnten damit – vor allem im Internet – unsere persönlichen Daten besser kontrollieren. So sollen Daten nur weiterverarbeitet werden dürfen, wenn wir vorher zugestimmt haben oder alle ohnehin davon ausgehen, dass das in Ordnung geht. Außerdem sollen wir besser informiert werden und unsere Daten leichter wieder löschen können."

Matthias Groote, SPD, gelernter Industriemechaniker und studierter Wirtschaftsingenieur

gallert: Wie kann die EU wieder menschlicher und Menschen näher in Ihrer Politik werden und den Lobbyismus überwinden?
"Die Berichterstattung über die EU sollte sich ändern und ihr sollte endlich die Bedeutung zugesprochen werden, die sie im alltäglichen Leben der EU Bürger hat. Im Energiebereich, den ich bearbeite, werden mittlerweile 80 Prozent der Gesetze auf europäischer Ebene beschlossen. Dort geht es zum Beispiel um Luft-und Wasserqualität, also Dinge, die jeden betreffen. Geregelte Interessenvertretung ist wichtig für die Qualität von Gesetzen, jedoch müssen klare Grenzen geschaffen werden. Ich setze mich für ein verpflichtendes Transparenzregister für alle Lobbyisten ein und für eine Reduzierung vom Freibetrag für Geschenke für Abgeordnete."

hallejulia: Inwieweit herrscht unter den Parlamentsabgeordneten in Brüssel die Vision eines europäischen Bundesstaates? Beantworten nationale Parlamentsabgeordnete diese Frage eventuell anders als ihre europäischen "Landsmänner- und frauen"? Wie sieht Ihre Zukunftsprognose für Europa aus?
"Das Europäische Parlament bringt nach der Europawahl 751 Abgeordnete aus 28 verschiedenen Mitgliedsländern zusammen, die alle auch aus verschiedenen Parteien kommen. Damit vereinigt es auch viele verschiedene Meinungen.
Es gibt sowohl glühende Befürworter eines europäischen Bundesstaats, wie auch Verfechter eines starken Nationalstaats. Im Verhältnis zu nationalen Parlamentsabgeordneten sind die Gefühle vielleicht etwas stärker auf europäischer Ebene, aber beide Strömungen gibt es auch auf nationaler Ebene. Nationalstaaten werden in näherer Zukunft weiter wichtig bleiben, auflösen werden sie sich daher sicher nicht. Es wird aber Machtverschiebungen innerhalb der EU geben.
Ich denke, dass die EU weiter gestärkt werden muss, da viele Probleme sich mittlerweile nicht mehr auf nationaler, regionaler oder kommunale Ebene lösen lassen. Gleichzeitig sollten aber die Belange, die sich auf diesen Ebenen regeln lassen, auch dort bearbeitet werden."

PPILIHP: Welchen Beschluss aus Brüssel würden Sie im Nachhinein rückgängig machen wollen und warum?
"Ich würde gerne die extreme Sparpolitik, die den Krisenstaaten als Lösung für die Finanz- und Wirtschaftskrise auferlegt worden ist, zurücknehmen. Sie hat die Lage für die Menschen in Spanien, Griechenland, Portugal und Italien gravierend verschlechtert und keinerlei Wachstumsimpulse erwirkt. Die Mitgliedstaaten und die Kommission haben diese Politik maßgeblich bestimmt und leider das europäische Parlament außen vor gelassen."

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