Meine erste Panikattacke hatte ich mit 11. Das Schlimmste dabei ist nicht das Gedankenrasen oder die negative Stimmung, in die ich gerate, sondern die körperlichen Symptome. Denn während einer Attacke habe ich das Gefühl, körperlich richtig krank zu sein.
Meistens fängt eine Panikattacke mit einem bestimmten Symptom an, das mir Angst bereitet: ein Kloß im Hals, ein bisschen Schwindel, Übelkeit. Diese Symptome bereiten mir Angst, weil ich die Befürchtung habe, die Kontrolle über mich zu verlieren und mich in der Öffentlichkeit zu blamieren, ohne dass ich etwas dafür kann. Durch diese Angst werden die Symptome verschlimmert – ein Teufelskreis beginnt.
Außerdem herrscht in mir immer eine unglaubliche Nervosität. Ich kann nicht still stehen oder sitzen, muss mich bewegen, will raus und weg. Ich habe dann immer so ein Bild vor Augen, von einer riesigen Wiese, die niemals endet, auf der ich ganz alleine bis ans Ende der Welt und noch weiter laufen kann. Laufen, laufen, laufen.
Mein Hals schnürt sich so sehr zu, dass ich nichts mehr essen kann und so flach atme, dass ich hyperventiliere. Alles ist verkrampft. Übelkeit, Schwindel, Durchfall, Sodbrennen und Nebenhöhlenprobleme kommen dazu. Ich spanne meine Schultern, meinen Nacken und meinen Kiefer an. Es ist, als ob jemand einen Schalter umgelegt hätte.
Während einer Panikattacke habe ich immer das Gefühl, den Bezug zu mir selbst und zur Realität zu verlieren. Als ob ich im freien Fall wäre. Oft fühle ich mich dann überfordert von jeglichen Reizen, die ich dann erlebe. Jedes Geräusch, jedes Bild, jede Emotion ist dann zu viel für mich und verschlimmert die Panik. Gleichzeitig habe ich aber auch das Gefühl, dass ich irgendetwas aus mir rauslassen muss. Ich möchte schreien, weinen, boxen, tanzen, rennen. Meine Gefühle brodeln in mir wie in einem Druckluftkessel. Ich will einfach nur raus aus mir, weil ich mich in meinem eigenen Körper gefangen fühle.
„Das Vermeidungsverhalten ist ein ganz deutlich Anzeichen dafür, dass eine Angst unverhältnismäßig groß ist. Sobald sie das eigentliche Verhalten im Alltag einschränkt, solltet ihr das Gespräch mit einem Arzt suchen.“
Seit meiner ersten Attacke war mein Leben nicht mehr dasselbe. Ich habe bestimmte Situationen vermieden, aus Angst, Angst zu bekommen und dann nicht die Flucht ergreifen zu können.
Es schien mir fast unmöglich, einkaufen zu gehen, in ein Auto oder Flugzeug einzusteigen, auf Geburtstagspartys mit vielen Menschen zu gehen, Konzerte zu besuchen oder in einem Restaurant zu essen. Denn in all diesen Situationen fühlte ich mich den Menschen um mich herum, hilflos ausgeliefert. Am schlimmsten war es für mich, zur Schule zu gehen. Denn auch dort war ich den ganzen Tag mit Situationen konfrontiert, aus denen ich nicht einfach rauskonnte. Sei es im Klassenraum oder in der Pause. Häufig habe ich regelrecht auf die nächste Attacke gewartet, weil die Angst so einen großen Einfluss auf meinen Alltag hatte. Ich habe meine Zeit nicht danach gestaltet, was ich machen möchte, sondern danach, wie ich möglichst die nächste Attacke vermeiden kann. Zum Glück waren meine Familie und Freunde meist sehr verständnisvoll und haben mich in Ruhe gelassen, wenn ich allein sein wollte.
„Es gibt einige Techniken, die man erlernen kann, um einer Panikattacke die Kraft zu nehmen, beispielsweise Atemtechniken. Die müssen aber wirklich regelmäßig geübt werden, um in einer akuten Situation wirklich zu helfen.“
Heute bin ich nahezu panikfrei. Das habe ich neben einer sehr guten Psychologin auch mir selbst zu verdanken, denn irgendwann hat mich eine innere Stimme auf meinen spirituellen Weg geführt. Seit ich täglich meditiere und mich in Achtsamkeit, Dankbarkeit und Selbstliebe übe, sind meine Attacken viel seltener geworden. Ich habe erkannt, dass ich nie vor der Situation an sich Angst habe, sondern vor den eigenen Reaktionen. Wenn man die Panik akzeptiert, statt sie zu verdrängen, nimmt man ihr die Stärke. Außerdem hilft es, einfach ganz ruhig und tief in den Bauch ein- und auszuatmen.
Denn ich bin stärker als die Angst. Ich glaube, die Panikattacken werden immer ein Thema bleiben, aber ich weiß jetzt besser damit umzugehen. Es fühlt sich nicht mehr an wie eine Krankheit, die mir schaden will, sondern mehr wie eine innere Stimme, die sich fürsorglich um mich kümmert und mir aufzeigt, wenn ich etwas in meinem Leben ändern muss.