Ihr für Flüchtlinge

„Alle haben
irgendwie Angst“

Immer wieder ist von „besorgten Bürgern“ die Rede. Aber wovor haben sie eigentlich Angst? Ein loser Zusammenschluss von Illustratoren hat sich ihre Ängste und Vorurteile zur Brust genommen und in ihrem Blog „Bildkorrektur – Bilder gegen Bürgerängste“ gezeichnet, was Angst und was Realität ist. SPIESSER-Praktikantin Marlene hat mit Illustrator Moritz Stetter über das Projekt gesprochen.

11. February 2016 - 14:44
SPIESSER-Autorin Hella81.
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Hella81 Offline
Beigetreten: 29.01.2016

Marlene: Du bist hauptberuflich Illustrator und verdienst mit Zeichnen deine Brötchen. Was zeichnest du am liebsten und woher nimmst du deine Ideen?

Moritz: Am liebsten zeichne ich Sachen, die mich beschäftigen. Das sind unterschiedliche Dinge. Meine Ideen nehme ich aus meinem Umfeld. Ich zeichne alles, was mir interessant erscheint. Ich bin kein Fantasyzeichner, der sich abgefahrene Sachen ausdenkt.

Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?

Den Beruf Illustrator habe ich nicht studiert. Ich hab sehr früh angefangen zu zeichnen und mir das meiste selber beigebracht. Ich wusste irgendwie schon immer, dass ich das mal machen möchte.

Anfang des Jahres ging der Blog „Bildkorrektur – Bilder gegen Bürgerängste“ online, an dem du auch mitgewirkt hast. Wer hatte die Idee, zu diesem Thema Comics zu zeichnen?

Die ursprüngliche Idee dazu hatte Alexandra Klobouk. Sie hatte das Bedürfnis, etwas dazu zu machen. Die Situation um uns herum wurde immer akuter. Da hat sie sich in ihrem Umfeld umgehört und gefragt, wer sich an dem Projekt beteiligen möchte. Nach und nach wurden es mehr Mitglieder. Ich selbst bin erst zu einem späteren Zeitpunkt dazu gekommen.

Was war deine Aufgabe und wieso hast du dich entschieden bei dem Thema mitzuwirken?

Am Anfang hatten wir alle dieselbe Aufgabe: Wir haben eine Liste mit den Themen gemacht, die wir ansprechen wollten. Davon hat sich jeder eins geschnappt und im Austausch mit den Kollegen entstand dann je ein Bildpaar.

Als der Blog dann online ging, haben wir gemerkt, dass es noch andere Aufgaben zu bewältigen gab, an die wir vorher gar nicht gedacht hatten. Wir haben alles eher spontan gelöst. Ich habe mich beispielsweise um die Facebookseite gekümmert.

In eurem Blog schreibt ihr „Angst ist ein schlechter Ratgeber“. Inwieweit kannst du die Ängste der Bürger nachvollziehen?

Ich kann die Ängste sehr gut nachvollziehen, denn wir alle haben ja irgendwie Angst. Die Welt um uns herum ist angsteinflößend. Trotzdem finde ich es nicht gut, dass Menschen wegen ihrer Herkunft oder ihrer Religion in eine Schublade gesteckt werden. Das ist meiner Meinung nach nicht sehr ratsam.

Es gibt zum Thema Pegida verschiedene Meinungen. Wie positionierst du dich?

Gibt es denn da noch verschiedene Meinungen?(lacht) Ich bin natürlich dagegen! Ich finde es nicht gut, Menschen nach ihrer Herkunft, Religion oder Orientierung zu beurteilen. Es ist falsch, Menschengruppen positive oder negative Eigenschaften zu zuschreiben. Das ist die schlechteste Lösung und das Blödeste, was passieren kann.

Was möchtet ihr mit den Bildern bezwecken?

Der erste Ansatz ist es, die Leute zum Nachdenken zu bringen, die eine einseitige Sicht auf die Situation haben. Ich halte diesen Ansatz aber für schwierig, weil ich denke, dass man solche Leute auf diesem Weg schwer erreichen kann. Der zweite Ansatz ist, dass man die Leute, die gegen Pegida sind, moralisch unterstützt und ihnen Argumente gibt.

Eure Bilder sind in den Farben rot und blau gehalten. Warum?

Rot ist eine sehr aggressive Farbe. Sie steht für Angst, die Unwissenheit und das Nichtnachdenken. Das Blau hat eine beruhigende Wirkung. Letztendlich war es ein Farbkontrast, damit man schnell erkennen kann, was richtig und was falsch ist.

Der Blog hat medial für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Wie geht es mit „Bildkorrektur“ weiter?

Wir wollen uns in den nächsten Tagen treffen. Das wird auch sehr spannend, weil sich nicht alle persönlich kennen. Wir haben auf jeden Fall noch viel vor und es wollen noch viele weitere Künstler mitmachen. Außerdem haben wir noch nicht alle Themen abgegrast. Ansonsten stehen Ausstellungen an und vielleicht sogar eine Printversion der Bilder.

Würdest du dich noch mehr engagieren? Und falls ja, in welche Richtungen?

Mir fehlt leider größtenteils die Zeit und Energie für ehrenamtliche Tätigkeit. In meinem Bekanntenkreis gibt es Menschen, die da viel mehr tun. Zumindest setze ich meine Fähigkeiten ein, indem ich mich künstlerisch äußere oder auch mal bei einem Refugees Welcome-Fest als Portraitzeichner sitze.

Interview: Marlene Sadowski
Bilder: Bildkorrektur

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