Vor dem britischen Referendum im Juni 2016, wurde die Möglichkeit des Brexit nicht ernsthaft in Erwägung gezogen und vor der amerikanischen Präsidentenwahl im November letzten Jahres hat kaum jemand einen Sieg Trumps für möglich gehalten. Deshalb war die Erleichterung umso größer, als letzte Woche der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders nicht die stärkste Partei ins Parlament führte, obwohl er in den Umfragen lange vor Ministerpräsident Mark Rutte gelegen hatte.
Ist die Welle des Rechtspopulismus gebrochen?
Ruttes rechtsliberale VVD (Volkspartij voor Vrijheid en Democratie) wird wohl weiterregieren können, obwohl sie fünf Prozent verloren hat und als größte Partei gerade mal auf 21 Prozent kommt. Den Koalitionspartner wird er dafür allerdings wechseln müssen, denn der bisherige Partner, die sozialdemokratische PvdA (Partij van de Arbeid), hat eine historische Niederlage erlitten und ist von 25 auf nur 9 Prozent gesunken. Die neue Koalition wird wahrscheinlich aus der christdemokratischen CDA (Christen-Democratisch Appèl) und der sozialliberalen D66 (Politieke Partij Democraten 66) bestehen. Doch selbst diese drei Parteien reichen noch nicht für eine Mehrheit, sodass entweder die christlich-orthodoxe CU (ChristenUnie) oder die progressiv-ökologische Groen-Links als vierte Partei in die Regierungskoalition mitaufgenommen werden müsste. In jedem Fall werden die Koalitionsverhandlungen mit so vielen Partnern alles andere als einfach.
Trotzdem ist davon auszugehen, dass nach einem typisch niederländischen Kompromiss, eine moderate Regierung der Mitte-Parteien entsteht, was im heutigen Kontext schon als ein pro-europäischer Sieg gewertet wird. Allerdings ändert die niederländische Wahl nichts an den bevorstehenden Herausforderungen. Ministerpräsident Rutte selbst beschrieb das Wahljahr 2017 mit einer Fußball-Analogie: die niederländischen Wahlen sind das Viertelfinale, die französischen das Halbfinale und die deutschen Bundestagswahlen das Finale.
Das Halbfinale und Finale stehen noch aus. Foto:
Sebastiaan ter Burg, flickr.com, (CC BY-SA 2.0)
Rechtspopulismus ist Teil der neuen Realität
Während sich die internationalen Medien in ihrer Berichterstattung vor allem darauf konzentrieren, dass Wilders nicht gewonnen hat, wird die Debatte in den Niederlanden von anderen Themen bestimmt: Identität, Migration und Diskriminierung waren wichtig, aber auch Themen wie Bildung, Gesundheits- und Pensionssystem, sowie der Arbeitsmarkt wurden prominent diskutiert. Trotzdem: Auch wenn Wilders PVV (Partij voor de Vrijheid) nicht die größte Partei geworden ist, so konnte sie doch Sitze im Parlament dazugewinnen und auch die Positionen anderer Parteien nach rechts rücken. Besonders Ruttes VVD übernahm teilweise die populistische Rhetorik von Wilders, um vom rechten Rand Wähler zurückzugewinnen. Trotzdem atmet das Ausland auf, dass nach Österreich nun auch in den Niederlanden eine nationalistische Herausforderung abgewendet werden konnte.
Bei genauerer Betrachtung spiegelt die Wahl jedoch eine zunehmende Polarisierung der niederländischen Gesellschaft wieder. Während auf der rechtsextremen Seite Parteien wie die PVV und die neu gegründete FvD (Forum voor Democratie) Sitze gewannen, kam auch erstmals die Anti-Rassismus Partei DENK ins Parlament, die vor allem türkischstämmige Abgeordnete stellt und die aggressiv in muslimischen Gemeinden der Niederlande Wahlkampf betrieb, sodass sich sogar Moscheenverbände gegen DENK aussprachen. In einigen Vorstadt-Wahlkreisen mit vielen Einwanderern, wurde die neu gegründete DENK trotzdem aus dem Stand die größte Partei, während die PVV in einigen ländlichen Gebieten stärkere Unterstützung genießt. Sollten diese beiden unversöhnlichen gesellschaftlichen Pole in der Zukunft an Stärke zunehmen, könnte eine solche Spaltung den sozialen Zusammenhalt des niederländischen Gemeinwesens gravierend beschädigen.
Weltoffener Optimismus statt Nationalismus
Das Wahlergebnis zeigt auch auf, dass dies nicht alternativlos ist. Die Wahlbeteiligung lag bei 80 Prozent, was im historischen und internationalen Vergleich für ein erhöhtes Interesse an Politik und eine gesunde Demokratie spricht. Zudem haben viele moderate und pro-europäische Parteien gewonnen. Die größten Stimmenzuwächse hat nicht die PVV (3 %), sondern Parteien der Mitte wie die christdemokratische CDA, die sozialliberale D66 (jeweils 4 %) und vor allem die progressiv-ökologische Groen-Links erhalten: Sieben Prozentpunkte und konnte damit die Zahl der Sitze von 4 auf 14 mehr als verdreifachen konnten. Groen-Links wurde in der Hauptstadt Amsterdam sogar die größte Partei und ist die beliebteste unter jungen Wählern. Die Wahl hat auch gezeigt, dass die Zukunft weltoffener, progressiver und optimistischer sei kann.
Text: Noah Schöppl
Teaserbild: Charles Clegg, flickr.com, (CC BY-SA 2.0)
Verwendet mal Facebook Kommentar System. Warum sollte ich mich extra auf eurer Seite einloggen um ein Kommentar zu schreiben?
Ich bin wohl jetzt schon ewig in eurem E-Mail Verteiler, seit ich wohl angefangen habe mal Spießer in meinem damaligen Gymnasium zu lesen. Das ist wohl schon fast 10 Jahre her xd. Auch nano war eine noch recht gute kostenlose Zeitung, die ich gerne gelesen habe, da ich immer schon für Innovation und "wirklichen" Fortschritt stand. Die heutige Zeit allerdings ist sehr "mittelalterlich" und hat alles andere als den menschlichen Fortschritt v.a. in ethischer und moralischer Hinsicht zum Ziel. Ich habe mich im Übrigen auch sehr stark von Menschen isoliert und zocke den halben Tag durch. Ist noch eines der wenigen Dinge, die irgendwo Spaß machen naja.
Ich bin mir nun nicht sicher, ob ihr auch eine Art Propagandablatt darstellt, oder freie und unabhängige Meinungen publiziert. Das kann ich nicht so genau beurteilen, da ich im Prinzip keine Artikel von euch lese.
Bei solchen gesellschaftspolitischen Themen aber muss man höllig vorsichtig sein, nicht bspw. den Begriffs- und Definitionsproblematiken und psychologischen Manipulationsstrategien zu verfallen. Diese Themen müssten eigentlich "einigermaßen objektiv", "nicht (vor-)verurteilend" und "sprachlich sauber" abgehandelt werden -> genau und definiert. Es fehlen mir z.B. meistens genauere Definitionen und die Nachvollziehbarkeit wie überhaupt eine bestimmte Aussage zustande kommt. In der heutigen breiten Medienlandschaft ist es wohl häufiger eher so, möglichst schnell und effektiv ein Ziel zu erreichen, ohne noch gewissenhaft oder moralisch fair und angemessen gegenüber allen Menschen zu agieren. Stattdessen herrscht eher eine Form der Willkür und Egomanie, was nicht sehr zielführend für gesselschaftliche Interessen ist. Dann können wir auch gleich alle alleine unser Süppchen kochen. Wir brauchen dann keine Nation, keinen Globalismus. Eine Gesellschaft macht eigentlich nur wirklich Sinn, wenn alle Beteiligten auch davon profitieren und auch Synergieffekte entstehen, die über den des Einzelgängertums stehen.
Es git einige Problematiken an euren Text die mir aufgefallen sind. Aber ich werde das jetzt nicht auseinandernehmen. Es sei denn ihr habt wirklich aufrichtiges Interesse daran.
Mit freundlichen Grüßen