Tina, du bist Wasserspringerin. Dazu gehören das Turmspringen von zehn Metern und das Kunstspringen vom Drei-Meter-Brett. Was liebst du daran?
Früher habe ich gemocht, dass ich abends nicht mehr duschen musste. Mir macht es auch unheimlich Spaß, anderen zuzuschauen, weil es so vielseitig ist: Man braucht Kraft und Athletik, aber trotzdem auch Eleganz. Das vereinen zu können, ist die Kunst am Wasserspringen.
Wann hast du dich entschieden, Wasserspringerin zu werden?
Angefangen habe ich mit fünf Jahren. Da war das nur zum Spaß. Mein Vater hat auch schon Wasserspringen gemacht und ich war immer mit dabei. In der vierten Klasse ging ich dann vier Mal in der Woche zum Training, da war keine Zeit mehr für andere Sachen. Es hat mir immer Spaß gemacht und ich bin am Ball geblieben. Ab der fünften Klasse bin ich dann auf die Sportschule gegangen, habe härter trainiert und erste Erfolge gefeiert.
Alter: 20
Sportart: Wasserspringen
Erfolge: Europameisterin 2013, Deutsche Meisterin 2015
Wie stehen deine Eltern zu deinem Sport?
Mein Papa ist selbst lange hobbymäßig gesprungen. Meine Mama hat es auch ausprobiert. Sie haben mich aber nie zum Wasserspringen gedrängt. Wir sind eine sportverrückte Familie. Sie haben mich unterstützt, weil sie Wettkampfsituationen, Erfolg und Misserfolg kennen. Auf der anderen Seite wissen sie, was dahintersteckt, wenn man etwas erreicht hat.
Und wie sieht dein Trainingsalltag aus?
Ich habe zehn Einheiten von Montag bis Samstag. Ich fange immer an Land mit einer Erwärmung und Vorbereitungen auf dem Trampolin an. Zu meinem Training gehören auch Imitationsübungen, also dass ich mir die Sprünge vorstelle und sie an Land durchgehe. Ich trainiere ungefähr die Hälfte an Land und die andere Hälfte im Wasser. Insgesamt bin ich bis zu 28 Stunden in der Halle und abends immer noch eine Stunde in der Physiotherapie. Im Moment finanziere ich mich über TopSponsoring-Dresden.de.
Was war dein bisher größter Erfolg und was deine größte Niederlage?
Mein größter Erfolg war 2013, als ich Europameisterin geworden bin. Das war mein erster internationaler Wettkampf. Ich kannte keinen, keiner mich und auf einmal hatte ich gewonnen. An diesen plötzlichen Erfolg hat sich ein Tal angehängt, weil ich auf einmal mit Druck umgehen musste. Beim nächsten Wettkampf hat jeder von mir erwartet, dass ich das noch einmal schaffe. Da bin ich aber nur Zwanzigste geworden, weil gar nichts mehr funktioniert hat.
Sportler wie Tina verdienen längst nicht so viel, um davon Leben zu können. Damit sie sich trotzdem voll auf ihren Sport konzentrieren können, arbeiten sie mit TopSponsoring Dresden zusammen.
Und was zeichnet einen guten Wasserspringer aus?
Nervenstärke. Ansonsten: je kleiner, desto besser. Du kannst dich viel schneller drehen. Man braucht viel Koordination und Körpergefühl. Man muss wie eine Katze sein und immer wissen, wo man ist und landet.
28 Stunden Training pro Woche: Welchen Stellenwert hat der Sport in deinem Leben?
Seitdem ich auf der Sportschule war, war für mich Olympia immer das große Ziel. Deswegen wird bis zum Sommer Wasserspringen hundertprozentig der Mittelpunkt bleiben, denn ich will so erfolgreich wie möglich abschneiden. Trotzdem weiß ich, dass sich nicht immer alles in meinem Leben um Wasserspringen drehen kann. Nach den Spielen würde ich gern nebenbei anfangen zu studieren, etwas in Richtung Biologie.
Gibt es denn ein Vorbild, dem du nacheiferst?
Nein. Mir ist der Spruch „Wenn man in Fußstapfen tritt, kann man keine eigenen Spuren hinterlassen“ im Gedächtnis geblieben. Aber ich schaue mir schon mal was ab oder lasse mich inspirieren.
Du springst, seitdem du fünf bist. Kennst du das Gefühl der Höhenangst noch?
Höhenangst würde ich es nicht nennen, eher gesunden Respekt. Ich bin aber auch schon vom Zehnmeterturm gesprungen und habe mir wehgetan. Man überlebt es und es härtet dich ab. (lacht)
Text: Victoria Gütter
Foto: Anja Nier