Jenny, was liebst du an deiner Sportart?
Der Dreisprung ist leider nicht so sehr bekannt wie z.B. der Weitsprung. Aber gerade das macht den Reiz aus. Es ist eine komplexe Bewegung, wo man statt einmal abzuspringen, dreimal abspringt. Da kommt es immer darauf an, alles passend zu machen. Und das ist gar nicht so einfach.
Alter: 26
Sportart: Dreisprung
Erfolge: Deutsche Meisterin 2016
Und wo genau liegt die Herausforderung?
Für den Zuschauer ist es wichtig zu sehen, wer am weitesten fliegt und damit am besten ist. Ich trainiere so schnell wie möglich anzulaufen und die Sprünge möglichst effizient und schnell in die Grube zu setzen.
Warum hast du dich für den Dreisprung entschieden?
Meine Eltern sind beide Leistungssportler gewesen. Meine Mama hat Siebenkampf und mein Papa Dreisprung gemacht. Mich hat immer interessiert, was er da gemacht hat. Meine ersten Versuche waren beim Spaziergehen auf der Straße. Dumm angestellt habe ich mich anscheinend nicht. (lacht) Mit 16 habe ich die ersten Wettkämpfe bestritten.
Du wirst ja von deinem eigenen Vater trainiert. Warum und könnt ihr Berufliches von Privatem trennen?
Mein Papa hat selber Dreisprung gemacht. Das klappt gut, weil wir uns samt Stärken und Schwächen besonders gut kennen. Als ich noch zu Hause gewohnt habe, war das etwas schwierig, da nach dem Training alles nochmal ausgewertet wurde. Aber seitdem ich von zu Hause ausgezogen bin, ist das kein Problem mehr. Und mein Papa kennt mich in- und auswendig und weiß, wie er meine Körpersprache zu lesen hat.
Du trainierst mehrmals in der Woche für mehrere Stunden. Wie kann ich mir dein Training vorstellen?
Ich kann nicht jeden Tag 100 Prozent Höchstleistungen bringen. Zwischen den Hauptsprungeinheiten brauche ich 2 bis 3 Tage, um mich von einer anstrengenden Einheit zu erholen. Das schafft der Körper sonst nicht und das macht sich in Form von Muskelkater bemerkbar. Man muss aber auch seine Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit trainieren. Und so baut man sich einen Wochenrhythmus auf: An einem Tag mache ich ordentlich Athletik mit Stabilisationsübungen, an einem anderen nur Krafttraining oder Sprinteinheiten.
Das hört sich ziemlich anstrengend an. Wie schaffst du es, dich zu motivieren?
Ich mache Pausen, weil der Körper auch mal Erholung braucht und ich möchte auch mal an den See gehen oder auf der Couch sitzen. Aber ich mache das nicht, weil es mein Beruf ist, sondern weil es mir Spaß macht und ich den Wunsch habe, zu Olympia zu fahren. Dafür arbeite ich hart.
Du bist mit Bestleistung in die neue Saison gestartet und hast damit gleich die Norm für Olympia geknackt. Mit welchen Erwartungen fährst du nach Rio?
Es sind meine ersten Olympischen Spiele und ich weiß gar nicht, was mich dort erwartet. Ich bin schon jetzt nervös. Aber ich muss bis dahin noch ein paar Wettkämpfe bestreiten wie die Deutsche und Europameisterschaft. Deshalb denke ich zurzeit erst einmal von Wettkampf zu Wettkampf und möchte mich so darauf vorbereiten, dass es sich lohnt, dorthin zu fahren.
Apropos Leistungsdruck: Wie gehst du damit um und hast du auch Angst zu versagen?
Jeder Leistungssportler hat immer Angst vorm Versagen. Ich glaube, es gibt niemanden, der sich einfach hinstellt und sich keine Platte macht. Vielleicht sind Jugendliche unbefangener. Aber irgendwann kommen Zweifel, ob man seine Leistung genau zum Höhepunkt abrufen kann. Das ist ganz normal. Wir haben die Möglichkeit mit Psychologen zu arbeiten. Sie helfen dir, im richtigen Moment negative Gedanken nicht zuzulassen. Der Kopf macht um die 20 bis 30 Prozent deiner sportlichen Leistung aus.
Du studiert nebenbei noch. Wie schaffst du es, dein Training samt Studium unter einen Hut zu bringen?
Ich studiere Lebensmittelchemie und muss nur noch meine Diplomarbeit schreiben. Das mache ich aber erst im Herbst, wenn die Olympischen Spiele vorbei sind. Das Grundstudium war ziemlich stressig, da ich viel im Labor stehen musste. Zu der Zeit konnte ich keine Leistung von meinem Körper abrufen, da ich von früh bis abends in der Uni war und keine Zeit hatte zu trainieren.
Welche Ziele willst du noch erreichen?
Jetzt möchte ich erstmal zu Olympia und den Europameisterschaften fahren und mich bestmöglich verkaufen. Das heißt für mich, auf jeden Fall die Qualifikation zu überstehen und fürs Finale zu qualifizieren. Und dann schauen wir mal weiter.
Und dafür drücke ich dir die Daumen und wünsche viel Erfolg in Rio!
Interview: Victoria Gütter
Foto: © Iris Hensel, bearbeitet von Anja Nier