Als ich am TIPI am Kanzleramt ankomme, sind erst wenige Teilnehmer da. Nur vier der 18 Gruppen aus Schülern und Jugendlichen sind von ihrer Berlin-Tour bereits zurück und sitzen gemütlich auf der Terrasse und trinken Punsch. „Wir wurden alle in gemischte Gruppen zugeteilt. Jeder von einem anderen Wettbewerb, damit wir auch mal andere Projekte und Disziplinen kennenlernen“, erklärt mir Robert und lässt den Blick über das Gelände schweifen, auf dem sich die verschiedenen Grüppchen verteilt haben. Robert ist 18 Jahre alt und lebt in Berlin. Er hat bei den Auswahltests des Biologie-Wettbewerbs besonders gut abgeschnitten und wurde deswegen zu der Veranstaltung eingeladen.
Außerdem sitzen noch Antonius, Maresa, Laura und Fabian am Tisch. Antonius, der 16-jährige Komponist, ist einer der Teilnehmer von „Jugend musiziert“ und hat in drei Monaten ein modernes Klavierstück komponiert. Maresa, 16 Jahre alt aus Nordrhein-Westfalen, entwickelte mit ihrer Gruppe für „Demokratisch handeln“ Spiele für Senioren. Dabei passte sie Farben, Größen und Formen verschiedener Spiele an die Wünsche und Fähigkeiten älterer Menschen an. Beim Bundeswettbewerb für Fremdsprachen konnte Laura mit ihren Sprachkenntnissen in Englisch und Französisch glänzen. „Es ging dabei nicht darum, besonders viele Sprachen zu können, sondern seine Fähigkeiten im alltäglichen Umgang mit Fremdsprachen zu zeigen. Viele Aufgaben standen dafür auf dem Programm: Theaterstücke schreiben, Buchbesprechungen, Bildinterpretationen“, erklärt mir Laura.
Fabian will mit seiner App die Abläufe
in Arztpraxen auf Vordermann bringen.
Foto: Polina Boyko
Für „Jugend gründet“ entwickelte der 17-jährige Fabian ein fiktives Unternehmen, das Software herstellt und sich auf eine Smartphone-App konzentriert. „Über die App sollen Ärzte ihre Patienten darüber informieren, ob sie die Termine alle rechtzeitig einhalten können oder nicht. Wir fanden es selber sehr ärgerlich, dass man manchmal stundenlang im Wartezimmer sitzen muss, obwohl man die Zeit wirklich besser nutzen könnte. So könnten auch Ansteckungen von anderen Patienten vermieden werden. Ein Mitglied der Jury des Wettbewerbs kam damals auf uns zu und sagte, dass er sogar in ein solches Projekt investieren würde, weil er unser Konzept so gut findet“, erzählt mir Fabian. Bescheiden wie er ist, scheint ihm gar nicht bewusst zu sein, wie sehr er mit einer solchen Software den Nerv vieler Arztbesucher treffen würde und sich auf dem Markt tatsächlich etablieren könnte.
So langsam füllt sich der Vorplatz am TIPI und schon werden wir herein gebeten, weil das Abendprogramm nun beginnen soll. Der Moderator Stefan Rupp von Radio eins wird mit tosendem Applaus begrüßt und erklärt nochmals den Sinn und Zweck der Veranstaltung: junge, helle Köpfe zusammen bringen und ihre außerordentlichen Leistungen würdigen. Das passt auch hervorragend zu dem diesjährigen Motto „Alles in Kontakt“. In Anlehnung an das Wissenschaftsjahr 2014 „Die Digitale Gesellschaft“ drehen sich also die Beiträge des Abends um Verbindung, Virtualität und Austausch.
Zunächst stellen die beiden Bundespreisträger Lukas Höhne und Lukas Gräfner des Wettbewerbs „Jugend forscht“ ihren 3D-Rotationsdrucker vor. Für das Softwarepaket, das sie für den Drucker geschrieben haben, bekamen sie den Preis des Bundespräsidenten für eine außergewöhnliche Arbeit. Was folgt ist ein Fahrrad mit automatischer Gangschaltung, für das Simon Schuboltz für den Wettbewerb „Invent a Chip“ einen über 7700 Zeilen Code, etwas 250 Seiten, geschrieben hat. Eine Bildbeschreibung in sechs verschiedenen Sprachen. Eine Tanzperformance der Tanzgruppe „iMove“, einen Film über den Alltag eines Menschen in Europa für den „Europäischen Wettbewerb“, Gedichte des Wettbewerbs „lyrix“ und einen witzigen und herzerwärmenden Stummfilm des Bildungszentrums für Hörgeschädigte, der uns in die 20er Jahre entführt, dürfen wir hier auch noch erleben.
Zum Abschluss der Veranstaltung sind dann die Preisträger des Wettbewerbs „Jugend debattiert“ an der Reihe. Getreu dem Motto „Alles in Kontakt“ sollen nun auch alle Teilnehmer einbezogen werden und zunächst selber über die zu diskutierende Frage abstimmen: Soll die Stimmabgabe bei allgemeinen Wahlen in Zukunft auch online möglich sein?
Abstimmung über iPads - Fehlanzeige.
Foto: Polina Boyko
Klar, dass dabei die ipads, die alle Teilnehmer für die Veranstaltungstage zur Verfügung gestellt bekommen haben, zum Einsatz kommen. Und so schick die glänzenden, schwarzen Geräte auch sind, so verweigern sie uns trotzdem leider in dem Moment ihren Dienst. Grinsend werfen sich die jungen Teilnehmer „Wusste ich's doch“-Blicke zu und müssen letzten Endes, ganz oldschool, per Handzeichen abstimmen. Der interessanten Diskussion, die darauf folgt, tut dies aber keinen Abbruch.
Der „Tag der Talente“ ist eine tolle Veranstaltung, um die jungen Talente von heute zu fördern, zu würdigen und zu motivieren. Von all den inspirierenden Gesprächen, die ich an dem Abend führe, schwirrt mir ein wenig der Kopf als ich das TIPI verlasse. Es ist schön, dass die Kreativität und der Erfindungsgeist dieser jungen Menschen nicht unter den Teppich gekehrt sondern feierlich gekürt wird. Und ich muss Antonius zustimmen: „Dieser Abend, diese ganze Veranstaltung ist auf jeden Fall etwas ganz Besonderes.“