Eine Halle, in der es brummt, summt und piept. Über mir kreist ein silbernes Luftschiff, neben mir rennen zwei Kinder aufgeregt von einem Ausstellungstisch zum nächsten und die Neugier, die den Raum erfüllt, scheint fast greifbar zu sein.
Ich befinde mich auf der Maker Faire Hannover, einem Treffen für Bastler, Kreative und Erfinder – kurzum für Menschen, die von ihrer Neugier und Kreativität angetrieben sind, die verschiedensten Dinge zu erstellen. Und das geschieht nicht nur im Congress-Zentrum der Landeshauptstadt, sondern inzwischen auf rund 130 dieser Treffen rund um den Globus. Die größte Maker Faire Europas findet in Rom statt und zog im letzten Jahr rund 90.000 Menschen an – in Hannover strömten insgesamt 10.150 Besucher durch die Hallen, um ihrer Liebe zum Selbermachen nachzukommen.
Ein Publikum so bunt wie Lego
Hier können selbst die jungen Besucher sich
einmal im Schweißen, Löten, Basteln ausprobieren.
Ich merke gleich, dass das Publikum der Maker Faire unterschiedlicher nicht sein könnte. Man hört deutsch, englisch und ein paar Fetzen Spanisch. Ich sehe kleine Besucher von fünf Jahren und technikaffine Großväter, die ihren Enkelkindern die Exponate erklären. Im Schatten der Bäume des Außengeländes picknicken Familien und bieten Studenten, die einige Schritte weiter sitzen, selbstgemachte Kekse an. Ich lausche Diskussionen, die für mich genauso gut in Mandarin gehalten werden könnten, da mein Schulwissen mich nicht auf die physikalisch-technischen Gespräche, die hier zwischen zwei Ständen geführt werden, vorbereitet haben. Man spürt, dass sich an diesem Wochenende eine Szene trifft, die viel zu erzählen hat und seine Faszination für Technik, Informatik, Design und Handwerk gerne weitergibt. Selbst Essen und Trinken sind kreativ: Ich probiere ein Getränk namens „Zaubertrank“ und Guerilla-Hotdogs.
Allerlei außergewöhnliche "Steampunks"
konnte Lara auf der Messe bewundern.
Neue Technik in alten Gewändern
Doch das Essen kann meine Aufmerksamkeit nicht lange halten, denn ein sphärisches Summen, begleitet von futuristischem Piepen und das Geräusch von Rädern auf Kies lassen mich aufblicken. Ein Mann, gekleidet in schwarzer Kluft samt Zylinder fährt langsam – sich mechanisch umschauend – über den Platz. Sein Gefährt besteht aus einem gigantischen Rad, allerhand Schrauben und Ketten und erstaunt durch moderne Technik in altem Design. Dieses Konzept ist wohlbekannt in der Makerszene: von Steampunk ist die Rede. Fans des Gestaltungstrends verbinden moderne Technik mit viktorianischem Design. So finde ich in einer der Hallen einen Computer mit Dual Core Prozessor, 500 GB Speicher und Bluetooth, der von außen rund 150 Jahre vor meiner Zeit hätte hergestellt sein können.
„Menschen lieben Luftschiffe”
Als nächstes schwenkt mein Blick an die Decke der Eilenriedehalle und folgt einem silbernen Luftschiff, das gemächlich seine Runden dreht. Die Eigentümer des Gefährtes sind schnell gefunden. Es handelt sich um fünf Freunde aus Düsseldorf, die mit ihren Luftschiffen online mit einem Crowdfundingprojekt seit Beginn der diesjährigen Veranstaltung insgesamt rund 9.500 Euro erwirtschaften konnten. „Menschen lieben Luftschiffe und wir sagen: Baut euch mit unserem Kit selbst eins!”, strahlt einer der Jungs, der neben seiner Begeisterung für das majestätische Luftgefährt in Physik promovieren möchte.
Ihr wollt Maker-Luft schnuppern?
Die nächste Maker-Faire-Veranstaltung findet am 3. und 4. Oktober in Berlin statt. Tickets dazu gibt's hier und ab August als Verlosung auf SPIESSER.de!
Dieser Do-it-Yourself-Appell findet sich überall auf der Faire: man kann schweißen lernen, Dinge aus Holz herstellen und mit Robotern spielen. Ich bin begeistert von der natürlichen Wissensbegierde und Neugier, die jeder Besucher mitbringt und möchte meine Impressionen mit jedem Menschen teilen, der meint, Kinder und Jugendliche würden sich heutzutage für nichts mehr interessieren. Das Gegenteil beweist auch die Tatsache, dass es in Berlin am 3. und 4. Oktober 2015 eine zweite Faire in diesem Jahr gibt, die abermals die Maker-Szene zusammenbringt und innovative Ideen präsentiert.
Technik zum Nachdenken
Ein feuerspeiender Dino - sowas
gibt's nur auf der Maker-Messe.
Ein gutes Beispiel für diese innovative Verbindung von Mensch, Gesellschaft und Technik auf der Maker Faire sind auch die Werke einiger Studenten aus Osnabrück, die „Media and Interaction Design” studieren. Sie haben sich im vergangenen Semester mit dem Thema „Individuum und Technik” beschäftigt und bringen mich mit ihren Exponaten zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken. So gibt es einen elektronischen Gürtel, der dem Sprichwort „Den Gürtel enger schnallen” wortwörtlich folgt. Bei großen finanziellen Ausgaben, verengt sich der Gürtel um die Hüften des Trägers ein wenig und macht so körperlich spürbar, wie der Kontostand schrumpft. „Wir möchten mit unseren Projekten auf gesellschaftliche Phänomene und Probleme aufmerksam machen, hier zum Beispiel auf übermäßigen Konsum”, erklärt einer der Studenten.
In Gedanken versunken schlendere ich ein letztes Mal über das Gelände, während neben mir ein mechanischer, riesiger und ein wenig bedrohlicher Dino aus Metall entlang stampft, auf dessen Rücken ein tätowierter Mann sitzt, der das Tier in regelmäßigen Abständen Feuer spucken lässt. Von meiner Neugier und dem entstandenen Tatendrang, mal wieder etwas selber zu machen, beflügelt, verlasse ich die Maker Faire. Ich freue mich, dass es Menschen gibt, die so für ihr Hobby oder ihren Beruf brennen, wie das Feuer aus den Nüstern des metallischen Dinos, den ich noch aus der Ferne marschieren höre.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem Make-Magazin, das die Maker Faire in Deutschland präsentiert.
Text: Lara Gahlow
Fotos: Philip Steffan, Make Magazin/ Lara Gahlow
Teaser-Bild: Philip Steffan, Make Magazin