Stell dir vor, in deiner Heimat herrscht Krieg und du machst dich deshalb auf den Weg, der dich nach Deutschland führt. Bis du hier aber wirklich ankommst, musst du ein paar Hindernisse bewältigen. Wie diese aussehen und welche Schritte zu einem Asylverfahren gehören, erklärt SPIESSERin Ronja.
08. November 2017 - 15:50 SPIESSER-Autorin ronja.lustig.
1. Du kommst in Deutschland an, zum Beispiel mit dem Flugzeug oder über den Landweg. Du musst dich bei einer staatlichen Stelle als asylsuchend melden: an der Grenze, am Flughafen oder bei einer Behörde im Inland.
2. Yay! Nimm deinen Ankunftsnachweis entgegen! Damit kommst du an Unterkunft und Verpflegung und kannst zum Arzt gehen. Eine Asylbescheinigung ist das jedoch nicht – dafür musst du noch eine Weile durchhalten.
3. Jetzt wirst du in die für dich zuständige Aufnahmeeinrichtung gebracht. Der Königsteiner Schlüssel bestimmt, in welches Bundesland du kommst. Diese Quote richtet sich nach Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl.
4. Jetzt kannst du endlich deinen Antrag stellen. Ein Dolmetscher erklärt dir deine Rechte und Pflichten während des Asylverfahrens und du musst deine Identität nachweisen.
5. Jetzt wird geprüft, ob ein anderer europäischer Staat für dein Asylverfahren zuständig ist. Normalerweise musst du in deinem Ankunftsland Asyl beantragen – in Länder wie Griechenland schickt Deutschland aber keine Asylsuchenden mehr zurück, weil sie von der großen Zahl der Ankommenden überfordert sind.
6. Aussetzen. Dein Asylantrag wird bearbeitet. Bitte warten.
7. Dir wird der Termin deiner Anhörung mitgeteilt. Das ist der wichtigste Termin in deinem Asylverfahren. Suche am besten Unterstützung bei einer Hilfsorganisation. Du kannst dir Stichpunkte und Daten zu deiner Flucht notieren. Sammle alle Dokumente, die deine Geschichte belegen: zum Beispiel Briefe oder Facebook-Nachrichten, in denen du bedroht wurdest.
8. Der große Tag: deine Anhörung. Du erzählst einem Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) deine Geschichte. Du musst jetzt nämlich ganz genau erklären, was dir in deinem Heimatland angetan wurde und warum du glaubst, dort nicht vor Verfolgung sicher zu sein.
9. Aussetzen. Und wieder warten. Im Durchschnitt warten Asylbewerber 7,1 Monate von der Antragsstellung bis zu der Entscheidung, ob sie bleiben können oder nicht.
10. Du bekommst einen Brief
Option 1: Du darfst bleiben!
Mach schon mal den Sekt auf (oder ein alkoholfreies Getränk deiner Wahl)! Wo und wie lange du bleiben darfst, hängt von der Art deines Schutzes ab. Wenn du als Flüchtling anerkannt wirst, darfst du drei Jahre lang bleiben, in Deutschland arbeiten und dich danach hier niederlassen, wenn du deinen Lebensunterhalt bestreiten kannst und Deutsch sprichst.
Subsidiären Schutz bekommst du, wenn du den Schutz deines Herkunftslandes nicht in Anspruch nehmen kannst und dir bei Rückkehr zum Beispiel Folter oder die Todesstrafe droht. Du darfst erst einmal für ein Jahr bleiben und kannst dann eine Verlängerung von zwei Jahren beantragen. Nach fünf Jahren kannst du dich in Deutschland dauerhaft niederlassen.
Du kannst in Deutschland bleiben, wenn die Rückführung für dich erhebliche Gefahr darstellt, zum Beispiel wenn du schwer krank bist und die Reise für dich lebensgefährlich wäre. In solchen Situationen gibt es ein Abschiebungsverbot und du darfst für ein Jahr bleiben, nach dem noch einmal geprüft wird.
Option 2: Du wirst geduldet
Dir wird kein Schutz gewährt, aber es gibt praktische Gründe, aus denen du nicht ausreisen kannst. Zum Beispiel wegen gesundheitlicher Probleme oder weil du keinen Pass hast. Die Duldung ist ein Nachweis, dass du nicht illegal im Land bist, aber du hast trotzdem die Pflicht, so bald wie möglich auszureisen. Ende 2016 lebten etwa 153.000 Menschen in Deutschland mit einer Duldung, manche jahrelang.
Option 3: Das wird hier nichts
Dein Antrag wurde abgelehnt. Du kannst das Land entweder freiwillig verlassen – je schneller du das machst, desto höhere Geldanreize bekommst du. Wenn du nicht freiwillig gehst, wirst du abgeschoben, also von der Polizei außer Land gebracht.
Text: Ronja Lutz
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