Mach dein Ding!

Bis ans Ende der Welt

Valentin Görne (26) ist gelernter Möbeltischler und Hobbyschmied. Anfang Mai ist er zu einer ganz besonderen Reise aufgebrochen: Er pilgert zu Fuß von Berlin bis nach Spanien. Da er bekennender Mittelalter-Reanacter ist, macht er das komplett in mittelalterlicher Kleidung!

10. October 2017 - 09:17
SPIESSER-Autor PaulausMdorf.
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PaulausMdorf Offline
Beigetreten: 18.05.2016

Ich telefoniere mit Valentin übers Handy. Das einzige Zugeständnis, das er an die moderne Technologie macht. Persönlich kann ich mich mit ihm nicht treffen, da er gerade in einem kleinen Dorf in den Pyrenäen ist. „Zwischendurch haben schon etwas die Füße geblutet“, meint er, als ich frage, wie es denn „läuft“.

Historisch und handwerklich

Valentin will Geschichte erleben. Das ist auch einer der Gründe für seine Reise. Er verschweigt nicht, dass er nicht sonderlich christlich ist. Im Gegenteil: Er ist bekennender Heide. Für ihn ist es aber vor allem ein spiritueller Weg zur Selbstfindung.

Valentin hat sein Werkzeug auf die Reise mitgenommen, um unterwegs arbeiten zu können.
Von Haus zu Haus ziehen und nach Arbeit fragen, funktioniert heute nicht mehr wirklich gut. Stattdessen hat der 26-Jährige in den Pilgerstätten und Klöstern, an denen er vorbeigekommen ist, gegen Essen und Schlafplatz seine handwerklichen Dienste angeboten. Jetzt repariert er Möbel und fertigt kleinere Dinge an. Je nach dem, was gebraucht wird.

Jeder Tag ein Abenteuer

Auf meine Frage nach seinem beeindruckendsten Erlebnis, erwidert Valentin: „Es ist einfach jeder Tag ein Abenteuer! Einmal hatte ich meine tägliche 50-km-Etappe absolviert und war in einer kleinen Stadt mit einem Pilgerkloster angekommen. Nachdem ich dort der Messe beigewohnt hatte, kam der Priester gleich auf mich zu. Ich erzählte ihm, dass ich eine Unterkunft bräuchte, woraufhin er mit mir zusammen im Taxi zu verschiedenen Motels fuhr, da die Pilgerunterkunft schon voll war. Bei denen war jedoch niemand da oder sie waren ausgebucht. Also bezahlte er das Taxi und wir waren etwas ratlos.
Doch da kam ein Türke hinzu, der wohl mitbekommen hatte,worum es ging, und lud mich zu sich nach Hause ein. Bei ihm zu Hause angekommen, bekam ich ein 3-Gänge-Menü angeboten. Ich hatte bei einem Unwetter außerdem meinen Hut verloren und als ich das erzählte, schenkte man mir kurzerhand einen Turban! Seine Wohnung war jedoch schon voll, denn es war Ramadan, aber er redete kurz mit einem Verwandten und bei ihm durfte ich dann schlafen.“

Eine internationale Gemeinschaft

Unterwegs erzählt Valentin anderen Pilgern seine Geschichte. Und so kam es, dass er ab der Mitte Frankreichs in den Pilgerstationen auf seinem Weg bereits immer erwartet wurde. Er ist ein echter Star geworden! So fand er auch Gleichgesinnte: Ein französisches Pärchen, ein Engländer und eine Holländerin gehören inzwischenzu seinen ständigen Begleitern, die den Weg mit ihm beschreiten. Sofern er Zutaten hat, kocht Valentin für sie „historisches“ Essen und die Fünf haben sich trotz Sprachbarriere angefreundet. Valentin wird den Weg bis zum Ende gehen: „Santiago de Compostela reicht mir nicht! Ich werde weiterlaufen bis zum Kilometer null des Jakobswegs, dem Kap Finisterre. Dort, so glaubten die Menschen im Mittelalter, wäre das Ende der Welt, weil im Westen nur noch Wasser liegt.“ Was dann kommt, weiß er noch nicht. Nachdem ich mit Valentin gesprochen habe, bin ich mir jedoch sicher: Noch mehr Abenteuer!

 

Text: Paul Hilliger
Teaserbild: Anja Nier

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