Wir hätten, könnten und wollen vielleicht gar nicht
Im Barock das Carpe Diem, 2012 #yolo oder vor Kurzem Julia Engelmanns „Mut ist nur ein Anagramm von Glück“. Erst gelobt, dann von vielen verworfen: Sei ja aufgekocht. Perfekt performt. Stecke nichts dahinter. Quasi neo-philosophischer Humbug. Oder einfach auf den (wunden) Punkt getroffen.
07. February 2014 - 13:46 SPIESSER-Autorin mrsBrightside.
Den einen spricht man aus der Seele. Sie fühlen sich verstanden, wollen nun ihr Leben auskosten, alles stehen und liegen lassen, durchbrennen, Schule schmeißen bis sie in drei Wochen wieder den Stecker aus der Nase nehmen, sich doch wieder hinter der Backtheke stellen und sich in ihrem ganz unspektakulären Alltag wiederfinden.
Die anderen treten auf die Seele - der einen: Man könne eben nicht einfach in den Tag hinein leben, man habe schließlich Verpflichtungen und erst recht kein Verständnis für ein bisschen Pseudo-Freidenkerei. Schauspiel, emotional zu scharf formuliert. Läge auf der Hand, dass junge Menschen ohne feste Meinung sich mitreißen lassen.
“One day baby, we'll be old. Oh baby, we'll be old. And think of all the stories...”
Nordlichter gehören in jedes Buch der Erinnerungen.
Egal ob die einen oder die anderen. Alle sollten sich diese Worte hinter die Ohren schreiben. Und haben es doch bereits: Wir feiern und lachen mit Freunden, schleichen uns in der Früh heimlich zur Haustür rein. Wir pauken und verdienen Knete, damit wir nach dem Abi um die Welt work’en’ und travel’ln’ können. Im Grunde machen wir doch genau das, was uns glücklich macht. Wir streben nach unseren eigenen Idealen und Zielen.
Nur können wir dabei nicht einfach stundenlang im Regen tanzen, am nächsten Tag zum vierten Mal im Seminar fehlen, das Semester wiederholen, feststellen, dass uns das Geld dafür fehlt, um dann tatsächlich dort zu landen, wo wir nun wirklich nie ankommen wollten und uns dann mit der Unzufriedenheit zufrieden geben müssen.
Manchmal, eigentlich ziemlich oft, müssen wir Kompromisse eingehen. Hier und da Abstriche machen, weil wir, ganz realistisch gesehen, nicht all unsere Träume erreichen können. Dennoch sollten wir uns nicht vom Alltag entmutigen lassen. Erwartungen an das Leben darf man haben und es will gelebt werden. Vielleicht müssen wir dabei unsere Wünsche und Ziele ab und an ein wenig tiefer stapeln, aber keineswegs verwerfen oder unser persönliches Glück neu definieren.
Abenteuer Großraumbüro: Nur ein notwendiges
Übel zum Glückligsein oder Lebenssinn?
Und das ist der wohl wichtigste Punkt auf der Bucket List des Lebens: Jeder hat ein anderes Ziel und eine andere Vorstellung vom lebenswerten Leben. Wir stecken bereits mittendrin. Ob wir nun einfach so weitermachen wie bevor, weil wir nicht anders können und wir schon immer nach dem Platz im Großraumbüro gestrebt haben, den wir jetzt endlich haben oder ob wir einen Neustart wagen. Quasi mit Sack und Pack auf dem Surfbrett davonschwimmen.
“…that we could have told.”
Am Ende werden die wenigsten sagen können, dass sie ein perfektes Leben gelebt haben. Aber genau das macht es aus: Träume die man erfüllt und solche, die welche bleiben. Glück und Pech liegen dicht beieinander. Freude und Trauer auch. Das Leben hat Höhen und Tiefen und jeder hat seine eigene Art und Weise, damit umzugehen.
Genau diese dürfen wir nicht kritisieren: Die eine slammt ihr sehr impulsives „Anagramm vom Glück“ frei heraus, der andere singt den „Reckoning Song“ etwas melancholisch vor sich hin. Ein dritter schweigt, vielleicht fließt eine Träne. Jemand anderes ist einfach mit seinem Leben zufrieden.
Wir sollten alles machen wollen, was wir tun können um glücklich zu werden. Jeder für sich. Ob laut oder leise. Ob mehr oder weniger. Jedem das Seine.
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Toller Text. Du sprichst mir aus der Seele!