Migration & Flucht

Wie fühlt sich Deutschland an?

Fliehen heißt im besten Fall auch ankommen. Viele Menschen sind in naher und ferner Vergangenheit in Deutschland angekommen, viele sind hier geboren. Doch wie nehmen sie Deutschland eigentlich wahr? Und wie sehr unterscheidet sich ihre Wahrnehmung? Das haben sich SPIESSER-Autoren gefragt, haben alle fünf Sinne in die Hand genommen und sind zu wunderschönen, bildgewaltigen und höchst interessanten Ergebnissen gelangt.

20. October 2017 - 11:19
SPIESSER-Autorin Lenee.
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Mohammad (26), aus Homs (Syrien), seit zwei Jahren in Deutschland: Am Anfang war ich natürlich sehr durcheinander und traurig und es fühlte sich alles sehr fremd an. Das war sehr schwer. Jetzt fühlt sich Deutschland warm und gemütlich an, zum Beispiel auf den Weihnachtsmärkten. Oft fühlt es sich aber auch kalt an, im Bus lächelt keiner und spricht auch niemand miteinander, das fand ich anfangs sehr komisch. Bei uns sind alle ganz warmherzig, so wie Latinos, aber hier sind die meisten Leute eher distanziert und mit sich selbst beschäftigt.

Sarah (22), geb. in Konstanz, lebt in der Nähe von München: Deutschland ist auf der einen Seite Heimat, wo man sich wohl fühlt und seine Familie und seine Freunde hat. Deutschland hat aber auch diese vielen Dinge, mit denen man eigentlich nicht verbunden werden möchte, gerade rechte politische Ansichten, die immer stärker werden. Da fühlt sich Deutschland ganz unangenehm an und man möchte sich lieber nicht damit identifizieren.

Abdulkarim (19), aus Damaskus (Syrien): Mir gefällt die deutsche Ordnung.

Mohammad (24), aus Deir ez-Zor (Syrien), seit anderthalb Jahren in Deutschland: Jetzt wie Zuhause. Also Zuhause ist für mich ein Ort, wo man Freunde hat und Liebe finden kann und sowieso alles finden kann, was man braucht.

Clara (23), geb. in Hagen, lebt in Osnabrück: Nass! (lacht) Also es regnet ja schon ziemlich oft hier. Vielleicht wie nasses Gras.

Robel (22), aus Eritrea, seit zwei Jahren in Deutschland: So lala. Ich habe nichts vorgefunden, wie ich es erwartet habe, aber das geht.

Leo (25), aus Herrsching: Es fühlt sich an als ob es alle sehr sicher haben wollen und in dieser Sicherheit jegliche Humanität verlieren. Es fühlt sich aber natürlich auch sicher an. Wenn man hier lebt, weil man weiß: Es ist gut. Es gibt Krankenkassen, es gibt Versorgung, es gibt eine Infrastruktur. Man ist auf jeden Fall nie in der Situation, dass man nicht weiß, wie man den morgigen Tag überleben soll.

Aber es fühlt sich trotzdem auch ein bisschen an wie ein Begrenzen der Individualität. Individualisten sind nicht gerne gesehen. Man soll, glaube ich, eher regelkonform dem ganzen System folgen, aber natürlich gibt es dafür auch viele Vorteile. Wenn man’s auf ein Wort bringen will, kann man das nicht, weil das ein sehr zweischneidiges Schwert ist.

Amjad (26), aus Damaskus (Syrien), seit Dezember 2015 in Deutschland: Es ist viel kälter hier.

Olivia (22), aus Zschepplin: Meistens kalt und feucht.

Jianan (37), geb. in China, seit 2003 in Deutschland: Ich bin sehr menschenbezogen. Es fühlt sich warm an, wenn ich an Deutschland denke, von Freunden umgeben.

 

Interviews und Fotos: Alexandra Koch, Ruben Stein, Lea Haufler, Lisa Pausch, Jonathan Auer

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