Guido Westerwelle in Redelaune. Foto: Holm Kräusche
Die beiden Autoren kommentieren in den nächsten Wochen Wahlkampfveranstaltungen der verschiedenen Parteien, bewerten Wahlplakate, quetschen Leute auf der Straße über ihre politischen Vorlieben aus und stellen ihr Wunsch-Wahlprogramm auf.
Zweite Station im Wahlkampfdschungel: 26. August. Auftritt von Guido Westerwelle, FDP.
Holm: Die Rede kam im besten „Schröder-Stil“ daher. Guido Westerwelle betätigte sich als Mut-, Spaß- und Hoffnungmacher seiner Parte: .„Da muss sich die nächste Bundesregierung mit herumschlagen. Also wir.“
Weitere Themen: Die FDP sei die gesunde Mitte für Deutschland und wolle auch den Mittelstand stärken. „Die Deppen der Nation sind die, die weniger als viel und mehr als nichts haben!“ Nur die FDP helfe aus der Krise und Ulla Schmidt müsse weg.
Anne:"Es muss einen Unterschied machen, ob ich morgens aufstehe oder liegen bleibe.“ Dafür sorgt Guido, indem er ein neues Steuergesetz erlässt, die fast 70 Millionen Entwicklungshilfe für China streicht und vor allem Wort hält. Dank seines authentischen und gut organisierten Auftritts glauben wir an die Versprechen. Und das mindestens 15 Mal erwähnte „Wählt die FDP!“ brennt sich tief in unsere Gehirnwindungen ein.
Holm hat mal wieder Gimmicks gesammelt. Anschauen?...
Die schönste Hasstirade
Holm: Da Herr Westerwelle noch nie in der Regierung saß, hat er die Rede der Opposition perfektioniert. Er kritisiert vieles, was die Regierung bisher getan hat, nicht so offen wie Herr Trittin, aber sehr ironisch und teilweise sehr böse. „Ein solcher Staat ist schwach!“
Wo wir bei Trittin sind: „Die FDP sagt ihnen nicht schon morgens, was sie frühstücken sollen!“ Eine Anspielung auf ökologisch einwandfreie Lebensmittel.
Anne: Wie sieht eine vernünftige Umweltpolitik nicht aus? Angela Merkel geht auf Grönlandexpedition mit der offiziellen Erklärung: Sie wolle sich ein persönliches Bild vom Abschmelzen der Gletscher machen. Eine andere Seite böten die Grünen: Sie gäben ganze Lebensmodelle vor und sagten sogar, was es bei dir zum Frühstück geben soll.
Holm: Da anscheinend alle Kandidaten Einheitskleidung tragen, gibt’s schonmal Abzug, für die Einfallslosigkeit. Das jugendlich frische, blondierte?, stylisch gekämmte Haar passt auch einfach nicht zu dem 48-Jjährigen. Ansonsten: Schwarzer Anzug, weißes Hemd, gelbe Krawatte. Tadellos, aber langweilig. Note: 3-
Anne: Guido strahlt. Die schwarzen Lederschuhe sind frisch geputzt und spiegeln die blendende Stimmung im Saal wieder. Zwischen seiner Männerbrust verkündet der hellgelbe Schlips unterschwellig die Parteizugehörigkeit und das Licht, dass die FDP uns bringen wird. Etwas schmierig, aber eine stimmige Kombination von Aussehen und Charakter. Note: 2.
Holm: Erstaunliche zehn Mal. Dabei schafft es Herr Westerwelle in einem kurzen Satz das Wort vier Mal unterzubringen. Mehr Bildung will er auch fördern und fordern. Mehr als 50 Prozent der Jugendlichen sollen zukünftig das Abitur schaffen. Schöne Worte, aber was ist dahinter?
Anne:Sechs Mal in der Mitte der Rede
Wie hat das Publikum reagiert?
Holm: Ich war bei den Grünen schon begeistert, heute ist es noch besser. Das Publikum ist fanatisch. Bei jedem Witz wird geklatscht, laut gelacht, gejubelt, gerufen. Einige Leute hängen an den Lippen des Herren Westerwelle und nicken bei jedem Wort, das er spricht. Der „Schröder-Stil“ scheint zu funktionieren. Sind außer Parteimitgliedern noch andere Leute da? Krass...
Anne:Beim Anblick des Publikums könnte man denken, auf der Bühne steht Olaf Schubert und nicht Guido Westerwelle. Alle klatschen euphorisch und fühlen sich gut unterhalten. Unter ihnen sitzen einige fanatische Parteianhänger mit türkisen FDP T-Shirts und Wahlplakaten mit der Aufschrift „Stark für Dresden“. Auch die Gehörlosen genießen die Rede dank einer Übersetzerin am Rand der Bühne. Am Ende gibt es für die Groupies ein gemeinsames Bild mit Guido.
Holm: Das muss natürlich jeder selbst wissen, aber ich sage: Nein. Guido Westerwelle ist ein Redner, schwätzt viel, verschweigt kritische Inhalte, hetzt und schwört sein Publikum ein. Plötzlich sind populäre Themen wie Vorratsdatenspeicherung in der Rede des Spitzenkandidaten zu finden und was möchte der? Natürlich das, was alle Leute wollen: Abschaffen! Das ist doch Populismus!
Er ist zwar ein lustiger Mensch, sehr ironisch und kritisch, aber er bleibt ein Schwätzer. Spaßguido mit Guidomobil eben.
Anne: Mit dieser Partei kaufe ich nicht die Katze im Sack. Der Streichelzoo in meinem Garten bleibt aus, denn Guido kann staatliche Prioritäten setzen. Das Geld für bessere Schulbilung, Leistungsgerechtigkeit und eine faire Steuerpolitik ist da, wird nur an den falschen Stellen verwendet. Seine sympathische Art wickelt mich um den Finger und ich weiß nicht, soll ich der FDP vertrauen? FDP: Aber ja, aber nein, aber ja ... Guido: Ja.
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Blackout, Jahrhundertflut, Super-GAU – Katastrophen können in vielen Formen geschehen und uns direkt oder indirekt auch in Deutschland treffen. Aber können wir uns in einem solchen Fall auf unser Regierungssystem verlassen oder sollten wir uns lieber selber einen Katastrophenvorrat anlegen?
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SPIESSER debattiert
