Verona ist eine romantische Stadt, so steht es in fast jedem Reiseführer.
Der Zug bringt mich in die Stadt oder auch nicht, er spuckt mich ein schönes Stück vor der Innenstadt aus. Porta Nuova liegt zu, Fuß eine halbe Stunde von der Innenstadt entfernt, doch kaum habe ich mich in die Stadt gekämpft, erwarten sie mich.
Romeo und Julia. Die wahrscheinlich bekanntesten Liebenden der Welt. Für Viele die Verkörperung der ultimativen Liebe.
Fächer, T-Shirts, Schlüsselanhänger, Schneekugeln, Taschen, Schmuck, Kuscheltiere… Die beiden sind überall.
Als alte Romantikerin bin ich hin und hergerissen. Ist das zu kitschig oder darf man das noch mögen? Hart an der Grenze zum süßen Mitbringsel oder Touristenschrott? Ich entscheide, mich nicht zu entscheiden und kaufe mir einen Fächer mit den Beiden, umschlungen im leidenschaftlichen Kuss, es ist richtig heiß, ist eine ziemlich gute Rechtfertigung dafür.
Nun habe ich mir verzückt den Film „Briefe an Julia“ gesehen. In einer Szene ist Schauspielerin Amanda Seyfried vor dem angeblichen Haus der Julia, in der Wand stecken hunderte Liebesbriefe, die alle auf Beantwortung warten. Werden sie dann auch, durch eine Gruppe von Freiwilligen. Diese Wand gibt es wirklich und die Briefe auch allerdings wandern die brav in kleine Briefkästen. Die Freiwilligen die in Julias Namen die Briefe beantworten gibt es auch. Ich freue mich. Ein kleiner romantischer Hof. Ich mache mir keine Illusionen, ich werde nicht alleine sein. Das Haus ist für viele der Grund, nach Verona zu kommen. Aber ein bisschen Romeo und Julia in echt sehen. Es ein bisschen fühlen, ich bin schon etwas aufgeregt.
Wo das Haus ist, muss ich nicht fragen. Die riesige Menschentraube vor einem Durchgang zu einem Innenhof verrät es mir schnell. Mühevoll quetsche ich mich durch. Alle Wände des Gangs sind vollgeschrieben, so hoch wie die Leute irgendwie reichen können. Liebende aus aller Welt haben sich verewigt.
Manche setzen sich auf die Schultern des Partners und ich habe die Vermutung, dass einige auch Leitern mitbringen, nur um noch ein freies Fleckchen Wand zu ergattern.
Irgendwie süß, andererseits grenzt es schon ein wenig an Vandalismus…
Der Innenhof ist gerammelt voll. Den Balkon der Julia sehe ich gerade so.
Angeblich wurde der sowieso erst im Nachhinein für die Besucher angebaut. Und auch sonst vermisse ich die Romantik.
Eigentlich wollte ich mich irgendwohin setzen und selber einen kleinen Brief schreiben, für Julia. Nur so, mal sehen was sie antwortet. Aber dafür ist kein Platz vorhanden und die Muse irgendwie auch nicht. Alles schiebt und drängt. Manche ins Museum, andere in die Andenkenläden. Ja, die gibt es, allein in dem kleinen Hof zwei. Statt der romantischen, melancholischen Stimmung auf die ich mich so gefreut hatte, fühle ich mich eher wie in einem Bienenstaat.
Es bringt Glück die Brüste der Statue der Julia zu berühren, die hier im Hof steht. Ganz glattgerubbelt sind sie von tausenden Touristenhänden. Aber statt ein lustiges Foto mit der Statue zu machen, gehe ich.
Einfach so.
Hier, finde ich nichts Romantisches, nicht einmal annähernd. Nicht hier in diesem kleinen vollgestopften Hof.
Was ich gefunden habe war eine kleine Touristenfalle, aber keine Romantik.
Es ist einfach nur ein Haus, nichts weiter. Kein Gefühl, kein Eindruck, keine Erkenntnis.
Außer der, dass ich hier nicht gefunden habe, was ich in Verona gesucht habe…
Dir gefällt dieser Artikel?
auf Facebook teilen auf Twitter teilen auf Google+ teilen
Kommentare
Drei KommentareEinloggen
Ich war auch im Frühsommer diesen Jahres in Verona. Deine Aussagen zu den Touristen in dem Hof kann ich nur bestätigen und dick unterstreichen....furchtbar!
Aber ansonsten hat es auch mir in der Stadt sehr gut gefallen.
Ich war diesen Sommer auch in Verona
und natürlich auch in Julias Haus.
Du hast es echt sehr treffend beschrieben!
Aber mir war das im Grunde genommen auch schon vorher klar.
Ich und mein Freund sind dann auch schnell geangen (ohne uns auf der Wand zu verewigen, es war einfach zu voll und zu unschön).
Ich finde die Stadt an sich war trotzdem sehr schön
und auf jeden Fall einen Ausflug wert!
Und das Beste daran ist das du so verdammt Recht hast!
Schrecklich dieses ganzen Touristen überall.
Nirgends ein ruhiger Fleck, nur das mir das schon vorher klar war! Ist doch immer so.. :(