Wolfgang Nowak
Geschäftsführer, Alfred Herrhausen Gesellschaft
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Wie wollen Sie uns erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Wolfgang Nowak Ich denke nicht, dass man Jugendlichen Politik näher bringen muss. Sie sollen aktiv in die Politik mit eingreifen mit den Mitteln, die sie haben und mit der Art und Weise, wie sie sind. Die Eurokrise zeigt, dass die ältere Generation schlicht weg versagt hat. Deswegen denke ich nicht, dass wir befugt sind, den Jugendlichen das abzuverlangen, was wir selbst alles falsch gemacht haben. Ich halt es für richtig, dass die jungen Leute sich aktivieren. Sie müssen sehen, was passiert, wenn man einander bewegt. Das Internet bietet eine so großartige Chance, gezielt etwas zu unternehmen im Bereich der Politik. Es ist wichtig, dass sie sich zu Gruppen zusammen finden und sich auch zur Wahl stellen. Sie sollen versuchen Jugendliche – und wenn es nur einer ist – in den Bundestag zu wählen. Aber das wir Älteren euch Jüngeren etwas erklären müssen, nachdem wir alles falsch gemacht haben, denke ich nicht.
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Deutschlands größte Baustelle?
Wolfgang Nowak Ich bin rot-grün-blind. Rot erinnert mich jedoch immer an die französische Revolution. Es ist für mich eher eine Farbe, die motiviert und mich etwas neues machen lässt. Aber wie gesagt, ich bin Farben blind.
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Wolfgang Nowak Bei Gold denke ich immer an den Sonnenuntergang. Das bedeutet aber nicht, dass Deutschland und der Euro untergehen. Die Sonne geht auch jeden Morgen wieder auf.
Dr. Daniela Schwarzer
Forschungsgruppenleiterin EU-Integration, Stiftung für Wissenschaft und Politik
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Wie wollen Sie uns erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Dr. Daniela Schwarzer Jugendliche müssen zunächst einmal verstehen wie Politik funktioniert. Das heißt sie müssen verstehen, wie Entscheidungen zustande kommen und das ist eine kritische Sache. Denn nicht alles was auf dem Papier steht, bildet tatsächlich ab, was Politik ist. Da muss man viel hinter die Kulissen gucken dürfen. Außerdem muss man wissen, was gute Politik ist. Das heißt, dass man selbst Meinungen entwickelt zu politischen Ergebnissen. Man muss wissen, was man haben will. Erst dann kann man als junger Mensch Politik verstehen, mitwirken und sich selbst engagieren.
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Europas größte Baustelle?
Dr. Daniela Schwarzer In Bezug auf Europa ist die wichtigste Sache, dass man die Menschen nach Europa holt. Die Beteiligung, das Verständnis und die Akzeptanz muss wachsen. Wir befinden uns gerade in einer Falle. Die Bevölkerung ist mit den Ergebnissen der Politik nicht einverstanden. Wir sind mitten in einer Krise und die Entscheidungen der Politiker sind nicht überzeugend. Es herrscht immer mehr Unverständnis. Die Bevölkerung muss aktiviert werden. Man muss schon ganz jung anfangen Europa den Leuten näher zu bringen.
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Dr. Daniela Schwarzer Wir brauchen eine Vision, wo wir Europa hin haben wollen. Im Moment ist Europapolitik von Krisenmanagement geprägt und es ist kein erfolgreiches Krisenmanagement. Man bemerkt immer, nach dem man eine Entscheidung getroffen hat, dass diese nicht ausreicht. Es muss wieder Politik gemacht werden, die der Bevölkerung näher bringt, dass man weiß, was die Ziele sind. Die Menschen müssen erkennen, wofür wir Europa brauchen. Wir müssen diesen Pfad wieder finden.
Prof. Dr. Klaus Gretschmann
Generaldirektor im Ministerrat der EU i. e. R.
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Wie wollen Sie uns erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Prof. Dr. Klaus Gretschmann Gute Frage! Am besten machen die jungen Leute das selbst. Was ich gerne mache: Ich lade Schüler und Studenten ins Parlament ein. Dann kriegen die mit, was Europa tatsächlich bedeutet. Learning by doing. Das ist die höchste Garantie für Transparenz.
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Deutschlands größte Baustelle?
Prof. Dr. Klaus Gretschmann Jeder diskutiert nur noch über die Wirtschaft Europas und den ganzen Rest Europas gibt es nicht mehr.Wir haben Soziales und Kultur, wir haben ein gemeinsames historisches Erbe. Jeder guckt nur noch auf den Euro und sagt er zerbricht. Worüber ich mich besonders ärger ist: Wir retten nicht den Euro. Der Euro muss nicht gerettet werden. Wir haben eine Krise innerhalb der Eurozone. Daran müssen wir arbeiten. Aber alles ausschließlich auf den Euro oder auf die wirtschaftliche Seite Europas zu konzentrieren ist ein bisschen zu kurz gegriffen.
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Prof. Dr. Klaus Gretschmann Wir müssen noch sehr viel mehr lernen darüber, was die Wünsche, Bedürfnisse und Sorgen der Bevölkerung sind und das in den politischen Prozess mit auf zunehmen. Das wird überhaupt nicht mehr gemacht. Die Politiker meinen eine Vorstellung davon zu haben, was wichtig ist, aber finden keinen Zugang zu den Bürgern. Dabei ist es im Zeitalter des Internets so einfach: Eine Umfrage unter Millionen! Das kostet nichts! Das ist das, was mir vorschwebt.
Dr. Peter Gauweiler
Rechtsanwalt und Bayerischer Staatsminister a. D.
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Licht ins Dunkel bringen. Wie wollen Sie uns erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Dr. Peter Gauweiler Durch Aufklärung! Und Aufklärung kommt vom Klarmachen.Es gibt einen Spruch, der besagt: Alle Politik ist Probleme zu lösen. Gibt mir ein Problem und ich überlege mit euch wie wir das lösen können. Das macht großen Spaß.
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Deutschlands größte Baustelle?
Dr. Peter Gauweiler Die ewige Meckerei!
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Dr. Peter Gauweiler Gold ist die Jugend. Also wenn Sie mich anschauen, ich bin ja schon ein alter Knacker, ihr seid jung. Das ist etwas wunderbares. Wir bewundern euch dafür.
Sebastian Litta
Fellow, Stiftung Neue Verantwortung
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Wie wollen Sie uns erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Definitiv nicht so wie es bisher passiert! Es muss mehr junge Leute im Parlament geben. Ich sehe es ein bisschen in der Hohlschuld der Jugendlichen. Vielleicht öfter Phönix einschalten, auch wenn es langweilig ist.Stärker die Politikberichte lesen. Dann gibt es auch einige Jugendliche, die dann andere Jugendliche begeistern können. Aber ich glaube Quoten-Jugendliche im Parlament helfen nicht unbedingt.
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Deutschlands größte Baustelle?
Mein Spezialgebiet ist Bildungspolitik, da gibt es sehr viele Gründe um tiefrot anzulaufen.Es wird sehr häufig Ideologie vor Sachkenntnis gestellt.
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Soziale Mobilität! Gleiche Chancen für alle. Egal was die Eltern gemacht haben, egal wie viel Geld sie haben oder was sie studiert haben. Das hatten wir noch nie. Aber ich denke, dass wir uns gerade eher davon wegbewegen.
Prof. Dr. Hendrik Enderlein
Professor für Ökonomie und stellvertretender Dekan an der Hertie School of Governance
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Wie wollen Sie uns erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Prof. Dr. Hendrik Enderlein Man muss mehr erklären. Ich frage mich warum wir in den Schulen so wenig Volkswirtschaftslehre unterrichten. Wir setzen uns alle mit dem Grundgesetz auseinander, das ist auch sehr wichtig. Aber die Frage: Was ist ein Kredit? Was ist eine Anleihe? Was unterscheidet eine Aktie von einer Anleihe? Das sind Dinge, die heute jeder wissen sollte. Ich denke Transparenz kann man nur durch den Aufbau eines gewissen Grundwissens schaffen.
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Deutschlands größte Baustelle?
Prof. Dr. Hendrik Enderlein Was mich wütend macht ist, dass wir diese Krise nicht versuchen zu lösen! Wir haben eine ganze Menge Lösungsansätze auf dem Tisch, aber die werden immer verschleppt. Wir machen zu spät zu wenig. Too little, too late. Wir operieren seit 18 Monaten an dieser Krise herum und sind noch nicht weiter. In so fern wäre schneller entschiedener und mutigere Politik der richtige Ansatz.
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Prof. Dr. Hendrik Enderlein Ich würde hier gar nicht so sehr auf Deutschland schauen. Deutschland hat viel erreicht, Deutschland ist sehr stark. Aber Deutschland muss europäischer denken. Gerade die jungen Menschen sind heute als Europäer groß geworden, werden sich als solche begreifen und deshalb glaube ich, die Probleme in den Nachbarstaaten sind unsere Probleme und die Stärken der Nachbarstaaten sind unsere Stärken. Gemeinsames europäisches Denken wäre das beste was Deutschland heute passieren kann.
Hans Leyendecker
Journalist und Autor, Süddeutschen Zeitung
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Licht ins Dunkel bringen. Wie wollen Sie die Jugend erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Hans Leyendecker Indem man das Licht anmacht!
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Deutschlands größte Baustelle?
Hans Leyendecker Vorurteilsvolle Menschen, die alles besser wissen.
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Hans Leyendecker Gold ist für mich wenn mein Fußballverein ganz oben ist. Nämlich Borussia Dortmund!
Peter Lange
Chefredakteur, Deutschlandradio Kultur
SPIESSER.de: Ich sehe schwarz! Licht ins Dunkel bringen. Wie wollen Sie die Jugend erleuchten und Politik transparenter gestalten?
Peter Lange Einbeziehen in Entscheidungen ist das Wichtigste! Das fängt in der Schule an und geht an der Universität weiter. Mitbestimmen muss etwas geliebtes wird. Jugendlichen sollen sich nicht so als Konsumenten verstehen, so wie es die mittlere und ältere Generation tut. Man konsumiert Politik, aber man entscheidet nicht mit. Aus dieser Passivität muss man raus.
SPIESSER.de: Ich sehe rot! Wann sehen Sie rot? Was ist Deutschlands größte Baustelle?
Peter Lange Ich versuche mich selber in Gelassenheit zu üben. Wir sind ein Sicherheitsdenkendes Volk. Ich bedaure, dass wir uns nicht mehr trauen Dinge in die Hand zu nehmen. Das war nach meinem Empfinden früher mal anders. Inzwischen sind wir so sehr auf Sicherheit gepolt, dass und dadurch viel Elan verloren geht.
SPIESSER.de: Ich sehe Gold! Was waren für sie die goldenen Zeiten Deutschlands? Oder kommen die noch?
Peter Lange Ich glaube, für die Bundesrepublik gab es eine außergewöhnliche Phase zwischen 1969 und 1974. Das war eine Zeit zu der die Bevölkerung Deutschlands aktiv war, politisiert war. Ich glaube das war die beste Zeit, die die Bundesrepublik je hatte.
Was Volontärin Franka sonst noch auf der Konferenz erlebt hat? Lest hier im WG-Blog weiter.