„Eure Kinder werden so wie wir“ – Silvester vor zwei Jahren inspirierte dieser Slogan der linken Gegenproteste der Pegida-Bewegung Michael Krause, Songwriter und Frontmann der Band „Kraus“, den Verlauf seiner Jugend aufzudröseln. Aus diesen Gedanken zu den letzten 25 Jahren ist unter der Schirmherrschaft von Udo Lindenberg nun ein Lied und ein Kurzfilm entstanden.
07. December 2018 - 13:25 SPIESSER-Autorin VivElla.
„Eure Kinder“ Live
29.11. Berlin | Quasimodo
30.11. Rostock | Helgas Stadtpalast
01.12. Dresden | Scheune
07.12. Hamburg | Nachtasyl
09.12. Kiel | Schauspielhaus
Worum geht's?
Der Musikfilm „Eure Kinder“ erzählt in 25 Strophen die Geschichte Deutschlands der letzten 25 Jahre. Das 33-minütige Lied ist der krönende Abschluss des im Februar 2018 veröffentlichten Debütalbums „Mehr als laut“ der Hamburger Band „Kraus“. Die Idee zu dem Lied kam dem Frontmann und Songwriter Michael Krause am Silvesterabend vor zwei Jahren. Inspiriert vom Slogan der linken Gegenproteste der Pegida-Bewegung „Eure Kinder werden so wie wir“, reflektiert er den Verlauf der Jugend seiner Generation und beginnt diese Gedanken festzuhalten. „Als ich im Morgengrauen fertig war, hatte ich unsere Kindheit und unser Erwachsenwerden vor mir auf einem Stapel Papier und wusste: Jetzt hast du deine ganze Wahrheit in einen Song gepackt und da darf nichts mehr wegfallen“.
Mit dem Film zum Lied untermalt Regisseur Aron Krause die ineinander verwobenen Biografien einer Gruppe Jugendlicher aus dem linksliberalen Milieu, wobei sich die gesamte Handlung im Mikrokosmos eines Berliner Mietshauses abspielt. Gespickt mit historischen und popkulturellen Anspielungen wird sowohl das gesellschaftliche Gedankengut, als auch das Aufwachsen der Jugend nach dem Mauerfall dargestellt. Der Refrain „Eure Kinder werden so wie wir“ ist schon fast eine Drohung; eine Drohung, dass sich die nächste Generation mit denselben Problemen herumschlagen muss und dass sich die gesellschaftliche Entwicklung in einer Art Kreislauf befindet, welcher sich mit jeder Generation wiederholen zu scheint. KRAUS hat, in Zusammenarbeit mit Aron Krause und dem Produzenten Klaus Maeck, ein Meisterwerk geschaffen, welches auf einzigartige Weise Probleme der deutschen Gesellschaft thematisiert, ohne radikal zu wirken.
Wer spielt mit?
Da der Film das Aufwachsen Jungendlicher in einem Mietshaus zeigt, wird jede Rolle von mehr als einem Schauspieler repräsentiert. In den Hauptrollen überzeugen Laura Bleimund und Maximilian Mundt („Tiger Milk“); sie spielen ein Paar, das sich aus der Kindheit kennt und als Erwachsene wieder aufeinander trifft. Besonders hervorzuheben ist, dass sie auch ohne Dialog die Dynamik einer Beziehung vom ersten Treffen bis hin zum Gründen einer Familie authentisch darstellen können. In weiteren Rollen sind Lena Cooper („Love Steaks“) als das Mädchen mit den mangaförmigen Augen, Cemil Gök und Simeon Melchior als schwules, multiethnisches Pärchen sowie Kristina Krieger und Mathias Hainke zu sehen.
Der Film ist streng genommen ein Stummfilm, welcher das Lied „Eure Kinder“ bebildert. Eine Kombination wohl aufeinander abgestimmter akustischer und optischer Reize führen durch das Geschehen: fließende, szenische Übergänge nehmen den Zuschauer an die Hand und führen ihn sowohl physikalisch durch die verschiedenen Wohnungen des Mietshauses, als auch durch die Jahre und durch das Aufwachsen der Jugend nach der Wende. Des Weiteren bemerkt der aufmerksame Zuschauer eine Wiederholung verschiedener Motive (z. B. der Protestmarsch, die Schwangerschaft etc.) zu Anfang und Ende des Films, welche den im Refrain implizierten Kreislauf optisch unterstützen.
Auf einen Blick
Action:
Romantik: ✪
Humor: ✪ ✪
Niveau: ✪ ✪ ✪ ✪
Bildungsfaktor: ✪ ✪ ✪ ✪ ✪
Gibt’s was zu meckern?
Der Film ist definitiv für ein Publikum produziert worden, dass eine ähnliche Vergangenheit durchlebt hat. Jüngeres Publikum wird vermutlich viele historische und popkulturelle Referenzen nicht verstehen, die ältere Generation sich nicht mit den transportierten Emotionen identifizieren können.
Braucht man Taschentücher?
Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Kinder der 90er Jahre werden viele Elemente ihrer eigenen Kindheit wiederkennen, welche eine gewisse Nostalgie auslösen. Wer hierbei zu Tränenausbrüchen neigt, sollte auf jeden Fall Taschentücher mitbringen.
Mit wem angucken?
Allein, mit Freunden, im Unterricht… Der Film passt besonders gut in ein kulturaffines Umfeld. Daher sollte man als Begleitung Menschen wählen, die sowohl Interesse an der Geschichte, als auch der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung Deutschlands haben. Er lädt auf jeden Fall zu einer Diskussion der oben genannten Themen ein.
25 Jahre in einer halben Stunde
Was macht man danach?
Zuerst einmal sollte man in den eigenen Kindheitserinnerungen schwelgen, vielleicht ein paar alte Fotos anschauen oder die Eltern besuchen. Die Zeilen „und ihr marschiert im Montagsschritt, nur dass ihr diesmal für die Mauer seid, in tausend Ängsten eingerichtet habt ihr Angst vor eurer Zeit“ in Kombination mit dem immer wieder kehrenden Refrain implizieren eine Wiederholung der Geschehnisse vor 1989. Wer sich davon inspirieren lässt, könnte auch den gesellschaftlichen Wandel in Deutschland und den damit verbundenen sozialpolitischen Diskurs recherchieren.
In 3 Worten:
nostalgisch, reflexiv, mahnend
Große Leinwand oder kleiner Bildschirm?
Das Besondere an dieser Inszenierung ist, dass die Filmvorführungen im Rahmen von Konzerten geplant sind, wobei KRAUS den Song live performen wird. Daher ist die große Leinwand ein Muss.
Mainstream oder Independent?
Independent
Kraus: „Eure Kinder“
Buch und Regie: Aron Krause („Musikbewegtbilder“) Produzent: Klaus Maeck („Soul Kitchen”, „Fraktus“) Schirmherrschaft: Udo Lindenberg Musik: Kraus Veröffentlichung:
29.11. Berlin | Quasimodo
30.11. Rostock | Helgas Stadtpalast
01.12. Dresden | Scheune
07.12. Hamburg | Nachtasyl
09.12. Kiel | Schauspielhaus Filmlänge: 33 Minuen Genre: Musikfilm FSK: ab 12 Jahren
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