Sie kennen sich nicht und sollen doch miteinander kochen – fünf Jugendliche aus fünf verschiedenen Religionen. Wer was kocht, das wurde ausgelost. Wer was erzählt, darauf sind alle gespannt.
Benjamin, 24, wohnt und arbeitet momentan im Buddhistischen Zentrum in Berlin-Frohnau. Er beschäftigt sich mit dem Buddhismus seit er 14 ist.
Ihr wollt auch Brokkolisuppe kochen? Kein Problem.
Vorspeise: Buddhist Benjamin hat ein Rezept für Brokkoli-Suppe mitgebracht
Mohammed Ist das wirklich typisch für den Buddhismus? Das ist so normal.
Benjamin Nee, als Buddhist darf ich alles essen. Allerdings sollen wir nichts Böses tun in der Welt, deswegen leben fast alle Buddhisten vegetarisch. Brokkoli-Suppe hat noch niemandem weh getan.
Elina Dann darfst du ja meinen Fisch gar nicht essen!
Benjamin Wenn ich zu Gast bin, darf ich auch Fleisch nicht ablehnen. Das Tier ist ja dann tot, ich mache das nicht wieder gut, indem ich es wegwerfe. Aber ich sollte nicht losgehen und mir ne Schweinshaxe kaufen.
Radika Bei uns Hindus ist das strenger: kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier. Im hinduistischen Tempel dürfen tierische Produkte nicht einmal in der Küche verwendet werden...
Hört sich kompliziert an. Da hat es Moslem Mohammed ein bisschen einfacher: kein Schweinefl eisch, kein Alkohol.
Mohammed Es ist ganz einfach, sich daran zu halten, vor allem in Berlin. Selbst Gummibärchen gibts ja schon in Halal – also ohne Gelatine.
Benjamin Und dürftest du Schweinefleisch essen, wenn du zu Gast bist?
Mohammed Nee, selbst dann nicht. Aber meine Freunde sind entweder selbst Muslime oder wissen das.
Während Elina, Mohammed und Radika am Küchentisch den Brokkoli und für den Zwischengang bereits Blumenkohl und Kartoffeln schnippeln, würzt Benjamin Wasser mit Gemüsebrühe. Nur David sitzt ein wenig verloren da. Er darf heute weder essen noch trinken oder arbeiten.
David Heute ist Jom Kippur, so eine Art Buß- und Bettag. Für uns Juden ist das ein Fastentag.
Elina Oh Mann, ausgerechnet heute! Ist es nicht schlimm für dich, dass du uns beim Essen zuschauen musst?
David Dann wäre ich ja nicht gekommen. Ist eine gute Ablenkung.
Mohammed Das kann ich nachvollziehen. Ich habe den gesamten August über gefastet. Da ist der muslimische Fastenmonat Ramadan. Wir dürfen nur nach Sonnenuntergangund vor Sonnenaufgang essen und trinken. Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal durchgehalten!
David Ist das nicht voll ungesund, den ganzen Tag nichts zu essen und dann abends voll reinzuhauen?
Mohammed So viel essen wir abends nicht. Es ist aber schön, zusammen mit der ganzen Familie das Fasten zu brechen. Am Ende habe ich das total vermisst.
Elina Wir haben auch eine Fastenzeit: sieben Wochen lang vor Ostern. Während dieser Zeit habe ich aufs Telefonieren verzichtet.
Radika Also gar nicht telefoniert?
Elina Ja, genau. Das hat weh getan – vor allem, weil ich sonst viel telefoniere. Aber ich hatte plötzlich viel Zeit zum Nachdenken. Man fastet ja, um sich zu besinnen.
Radika Und klappt das?
Elina Mir hat es gut getan. Ich nehme das Telefonieren nicht mehr als selbstverständlich wahr.
David, 16, ist Jude und Schüler an der jüdischen Oberschule in Berlin-Mitte. In seiner Freizeit spielt er vor allem Geige. Er will Musik studieren.
Getränke: David schenkt allen außer sich selbst Traubensaft ein.
David Eigentlich müsste das Wein sein, aber ich wusste nicht, ob hier Minderjährige dabei sind. Ich war auf einer jüdischen Grundschule, da gab es immer Traubensaft. Auf der Oberschule ist das jetzt anders.
Elina Wein scheint bei euch ja ganz schön wichtig zu sein.
David Auf jeden Fall! Auf allen Festen gibt es Wein, zum Beispiel bei der Beschneidung von Säuglingen.
Radika Die Kinder trinken Wein?
David Die kriegen einen in Wein getunkten Finger in den Mund, dann vergeht der Schmerz schneller. Jetzt wird losgefuttert. Und was ist mit dem Tischgebet?
Benjamin Ach, beten kann ich auch ein anderes Mal.
Elina Solche starren Regeln halte ich nicht ein – aber ich bin dankbar, dass ich etwas zu essen bekomme.
Hinduistin Radika, 24, heißt eigentlich Miriam, das steht auch noch in ihrem Pass. Sie wohnt im hinduistischen Vaisnava-Tempel in Berlin.
Ihr wollt auch Samosa kochen? Schaut mal hier.
Zwischengang: Radika macht indische Samosas – mit Gemüse gefüllte Teigtaschen.
Im Topf schmoren Blumenkohl- und Kartoffelstückchen. Ein Curry-Kurkuma-Aroma verbreitet sich in der Luft. Radika beginnt, den Teig für die Samosas zu kneten – auffallend diszipliniert: Nie steckt sie sich ein bisschen in den Mund.
Radika Wir kosten das Essen nicht, weil wir erst den Lichtgestalten, unseren Götterfiguren, eine Opfergabe bringen. Was die Würze betrifft, verlassen wir uns auf die Götter.
Sie schiebt die fertigen Teigtaschen in den Ofen. Elina verteilt schon mal Aufgaben für die Hauptspeise.
Elina Bist du konvertiert? Hinduisten gibt es ja nicht viele in Deutschland.
Radika Mit 16 habe ich den Glauben kennengelernt. Dann habe ich mich damit beschäftigt. Mit 18 habe ich beschlossen, mich einweihen zu lassen. Das ist eine kleine Zeremonie, in der man einen neuen Namen bekommt.
David Radika ist nicht dein richtiger Name?
Radika Nee, eigentlich heiße ich Miriam. So nennen mich auch noch viele meiner alten Freunde und meine Mutter.
Elina Krass. Wie war das denn für deine Familie?
Radika Für meine Mutter war das nicht einfach, wir haben uns deswegen total gestritten. Sie weiß, was ich mache, war auch mal bei mir im Tempel. Aber sie vertraut mir noch nicht so richtig. Als ich meine Geschwister in den Tempel mitnehmen wollte, hat sie mir das nicht erlaubt.
Benjamin Zum Buddhismus kann man nicht konvertieren. Man kann ihn nur üben. Das Etikett „Buddhist“ auf der Stirn reicht nicht. Damit ist nichts verwirklicht, was Buddha geschrieben hat.
Radika Also kommt es vor allen Dingen darauf an, wie du lebst?
Benjamin Ja genau. Man kann Buddha auch nicht anbeten. Buddha ist ein Gelehrter. Und damit nichts anderes als Einstein.
„Tun wir doch mal so als wäre Freitag." Mit
diesen Worten macht Christin Elina –
Überraschung – Fisch.
Elina gesellt sich zu Radika an den Herd und schmeißt schon mal den Lachs in die Pfanne. Es zischt laut.
Elina Bei uns ist das eigentlich auch so. Ich bin erst Christ, wenn ich christlich handle. Allerdings muss man als Christ getauft sein. Durch die Taufe wirst du gereinigt.
Mohammed Als ich elf oder zwölf Jahre alt war, haben meine Eltern gesagt, dass ich mir jetzt meine Religion aussuchen darf.
David Echt? Ich bin sozusagen in die Religion hineingeboren. Bei uns ist man jüdisch, wenn die Mutter jüdisch ist. Hätten sie dir auch erlaubt, Christ zu werden oder sogar Atheist?
Mohammed Meine Eltern hätten mir auch erlaubt, Christ zu werden. Natürlich wusste ich sowieso mehr über den Islam, ich bin ja damit aufgewachsen. Ich habe mich aber auch mit anderen Religionen beschäftigt und dann entschieden, dass der Islam für mich am besten ist. In anderen muslimischen Familien ist das oft strenger.
Radika David, hast du je darüber nachgedacht, nicht mehr jüdisch zu sein?
David Nee, das geht nicht! Ich würde auch niemals eine Frau heiraten, die nicht Jüdin ist. Als Freundin wäre das okay, aber ich könnte auf keinen Fall Kinder mit ihr haben, denn sonst wären die ja nicht jüdisch.
Radika Also bei mir sollte der Partner nur irgendwie auch gläubig oder zumindest offen dafür sein.
Die Samosas sind fertig. Am Tisch herrscht genießerisches Schweigen. Dann geht es nahtlos zum Hauptgericht über.
Christin Elina, 18, kommt aus Neukölln und findet, dass ihre Bratsche viel cooler ist als Geige. Sie macht gerade ihr Abi an einer katholischen Oberschule, obwohl sie evangelisch ist.
Ihr Rezept findet ihr hier.
Hauptgericht: Nudeln in Lachs-Brokkoli-Sahne-Soße. Typisch christlich?
Elina Wir Christen essen einfach alles. Das Gericht ist etwas, das ich selbst gerne esse. Und freitags gibts bei mir immer Fisch, weil Jesus da ans Kreuz gehängt wurde und wir deshalb kein Fleisch essen sollen.
Für Radika gibt es eine Extraportion ohne Lachs – natürlich auch in einem anderen Topf gekocht.
Radika Ich bin schon so satt, ich weiß nicht, ob ich das alles schaffe.
David Na, wenn du den Mund nicht voll hast, kannst du ja mal erzählen, ob du schon schlechte Erfahrungen gemacht hast?
Radika Ich werde ganz oft als Hippie abgestempelt. Viele denken, ich sei in irgendeiner Sekte. Es ist schön, wenn Leute einfach mal nachfragen, so wie hier.
Mohammed Bei mir ist das ein bisschen anders. Ich hab schon echt doofe Sachen erlebt, weil ich Muslim bin. Nicht-Muslime verwechseln oft den Islam mit arabischen und türkischen Traditionen. Da habe ich schon öfter blöde Sprüche gehört, obwohl ich in Deutschland aufgewachsen und sehr liberal bin.
Mohammed, 16, ist Moslem und ein Kreuzberger mit pakistanischen Wurzeln. Er ist Schüler an einem Oberstufenzentrum mit medientechnischem Schwerpunkt.
Zum Nachkochen gehts hier lang.
Dessert: Es gibt Halva, zu Deutsch: türkischer Honig.
Mohammed hat das Lieblingsrezept seiner Mutter noch nie selbst gemacht und ist ziemlich nervös. Engagiert schlägt er Eiweiß mit einem Schneebesen. Aber der Eischnee wird und wird einfach nicht richtig steif. Ein Blick auf das Rezept lässt ihn zusätzlich erschrecken.
Mohammed Oh Mann, was ist ein Wasserbad? Weiß das jemand? Ich muss meiner Mutter doch was zum Probieren mitbringen. Das könnte peinlich werden.
Jetzt ist Interreligiosität gefragt. Alle packen mit an, rühren Puderzucker und Honig unter den Eischaum, zerkleinern kandierte Früchte und Mandeln, verteilen alles auf Opladen und dann – dann will das Halva trotzdem einfach nicht hart werden.
Elina Naja, Hauptsache es schmeckt! Deine Mama ist bestimmt trotzdem stolz. Sag einfach, wir sind Schuld.
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Foto: Adolf Riess / pixelio.de
Du hast recht, ziemlich viel Tiefgang hat dieser Artikel leider nicht.
Ich bin selbst Christ und hätte mir ein bisschen mehr Hintergrund und Lebenssituation gewünscht.
Hmm irgendwie lese ich hier nur, wie einem Religion im Leben einschränkt.
Die spannende Frage ist, warum sind sie gläubig? Was hat sie dazu bewogen?
Das einzig positive was ich über die Mitgliedschaft in Glaubensgemeinschaften gehört hab, ist das sie Folter länger aushalten können. Gibt es denn sonst etwas was dafür spricht?
Götterspeise mag ich nicht!