Reingewachsen
Wie alles angefangen hat? Als ich zehn Jahre alt war, stieg ich bei Artaban ein, einer Art Pfadfinder-Gruppe, allerdings mit weniger Regeln. Die älteren, coolen Kids lernten dort klettern und sind zusammen verreist. Das wollte ich auch! Nebenher beschäftigten wir uns mit Umweltthemen. So kam ich mit dem Thema erstmals in Berührung. Später machte ich nach meinem Abi einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst in São Paulo, der größten Stadt Brasiliens. Ich besuchte seitdem immer häufiger Seminare zu Umweltthemen und fing irgendwann an, selbst welche zu geben. Meine Inhalte reichten dabei von unserem ökologischen Fußabdruck bis hin zur Frage, wie wir zur Fairness in der IT-Branche beitragen können. Einmal durfte ich bei einem erlebnispädagogischen Camp in China mitarbeiten, diesen Sommer werde ich dort sogar einer der Campleiter sein. Ja, es ist eine Binsenweisheit, aber ich kann sie nur bestätigen: Man wächst an seinen Aufgaben.
Durch mein Engagement lernte ich viele Menschen mit spannenden Konzepten kennen und gründete schließlich gemeinsam mit einem Freund die Bildungsagenten. Das ist ein Netzwerk für junge Referenten, die sich gegenseitig ihre Ideen zur Verfügung stellen und gemeinsam Aktionen planen können. Wir gestalten Projekttage an Schulen, geben Workshops, laden zu Stadtspaziergängen oder Abendessen ein – was sich bei einem Thema eben gerade anbietet.
Außerdem unterstützen wir andere Teams bei der Umsetzung ihrer ganz eigenen Ideen, wie zum Beispiel kürzlich eine Schülergruppe. Zusätzlich bin ich Vorstandsmitglied beim Verein ideenhoch³, dem auch die Bildungsagenten angehören. Das ist eine Dachorganisation für viele verschiedene Gruppen, die alle eine lebenswerte Zukunft mitgestalten möchten. Ich kümmere mich dort um den Finanzkram. Auch bei Weltverbesserern gilt eben: Ohne Überblick und Ordnung läuft wenig. Um Überblick geht es ebenfalls bei meinem Projekt www.kartevonmorgen.org. An der Karte bastle ich seit letztem Jahr zusammen mit einigen Freunden. Sie soll auf einen Blick zeigen, wo es in der Umgebung nachhaltige Projekte gibt – von Biobauernhöfen bis hin zu Kulturzentren ist da alles dabei.
Besser als gut gemeint
Ich bin überzeugt: Kein Mensch will die Welt zerstören. Aber manche haben noch nicht über die Folgen ihres Handelns nachgedacht oder wissen nicht, wie sie es besser machen können. Unser Bildungssystem ist auf Fakten ausgelegt, regt nicht unbedingt zum selbst denken an. Deshalb möchte ich Gedanken anstoßen, Menschen motivieren und ihnen zeigen, dass es Alternativen gibt. Besonders wichtig: diese Alternativen sind gar nicht so anstrengend und unerreichbar.
In den Medien sehen wir oft, was schief läuft, dabei gibt es schon viele wirklich gute Projekte – die müssen nur noch bekannter werden. Ein Beispiel hierfür ist die Transition-Town- Bewegung („Stadt im Wandel“). Schon mehr als 450 Städte weltweit haben sich ihr angeschlossen. Sie versuchen unabhängig von den gängigen Energiequellen zu werden, testen umweltfreundliche Alternativen und legen viel Wert auf eine Gemeinschaft, in der sich die Leute gegenseitig unterstützen.
Der Nächste, bitte!
Von meinem Engagement profitiere ich übrigens auch selbst. Meine These: Gründe nur Unternehmungen, deren Kunde du auch selbst bist. Falls du nicht erfolgreich bist, hast du zumindest Spaß gehabt. Wenn ihr bei einer Gruppe einsteigt, profitiert ihr von der Erfahrung der anderen Mitglieder. Wenn ihr aber ein konkretes Anliegen habt: gründet lieber selbst. Die Vorteile: Einfach ausprobieren macht Spaß, gelingt überraschend oft und der Erfolg motiviert. Die Karte von morgen beispielsweise ist entstanden, weil ich mir ein solches Nachschlagewerk für mich gewünscht habe und wir von Anfang an mit erfahrenen Gruppen kooperiert haben. Sucht euch Leute mit den gleichen Zielen, gründet zusammen eine Schul-AG. Holt euch die Unterstützung, die ihr braucht. Organisationen wie die Bildungsagenten können euch helfen und stellen viele Infos kostenlos im Internet zur Verfügung.
Text: Marie Graef
Grafik: Anja Nier